#kitavortrag

Unser Kindergarten ist sehr klein und wenn Eltern möchten, können sie sich jederzeit beteiligen. In diesem Rahmen gibt es ein Projekt, das sich mit dem Thema Identität befasst. Da stellen die Kinder ihre Familie vor, es werden die Lieblingsgerichte gekocht und wer möchte, lädt den ganzen Kindergarten zu sich nach Hause ein. Einige der Kinder haben Verwandte in anderen Ländern und das ist ein schöner Anlass den anderen Kindern Einblicke in unbekannte Welten zu verschaffen. In diesem Rahmen habe ich einen italienischen Vormittag gemacht. Auch wenn ich nicht in Italien aufgewachsen bin, ist Italien für mich immer wieder ein Thema. Für die meisten genügt es schon, dass ich einen italienischen Nachnamen trage. Das scheint so eine Art Zugang zur allumfassenden Kenntnis des italienischen Kulturraums zu sein. Nicht selten höre ich: „Du bist doch Italienerin, da weißt Du doch bestimmt wie dieser Schafskäse heißt, der speziell auf Capri von einarmigen Witwen hergestellt wird?“

Tatsächlich weiß ich ziemlich wenig über Italien. Ich hatte deswegen großen Spaß mich ein bisschen in das Thema reinzusteigern.

Die Kunst ist es, am Ende die Inhalte rauszufiltern, von denen man glaubt, dass sie Drei- bis Sechsjährige interessieren könnten und von denen sie vielleicht sogar eine Sache mitnehmen könnten.

Ein super Thema sind tatsächlich Flaggen. Oft kennen Kinder bereits einige Flaggen und Flaggen zeigen meistens etwas, das für das Land steht. Die italienische Trikolore zum Beispiel erinnert an die fruchtbaren (grünen) Ebenen, die weißen Gletscher der Alpen und an das Blut, das während der Unabhängigkeitskriege vergossen wurde.

Die ersten zwanzig Minuten waren dementsprechend schnell gefüllt mit der einfachen Frage „Was denkt ihr, für was die Farben stehen?“. Rot stehe für Rosen, Krebse oder Feuer. Weiß für Papier oder Eis. Bei Grün einigte man sich ziemlich schnell auf Dinosaurier.

Als ich ziemlich leichtfertig bestätigte, dass Eis im Grunde schon die korrekte Antwort Gletscher sei, entbrannte eine empörte Diskussion, dass Eis bestenfalls eine Grundlage für Gletscher sei, dass es sich im Grunde aber um zwei völlig verschiedene Dinge handele, weil die Gletscher sich eher durch ihre Flußhaftigkeit auszeichneten als durch ihre Eishaftigkeit. Gletscher seien eben EisFLÜSSE, die sich stetig und unaufhaltsam bewegten und eine solche Gewalt besäßen, dass sie schließlich sogar Berge wegschleifen könnten.

Wir beendeten die Diskussion und gingen nahtlos zum Thema Vulkane über. Während ich pädagogisch geschickt einleiten wollte und fragte, ob eines der Kinder einen der drei Vulkane kenne, meldete sich eines und sagte „Vesuv, Stromboli und Ätna“. Ich war sehr verwundert und fragte woher es das wisse. Die Antwort lautete: „Das hast Du da geschrieben.“ Das Kind deutete auf die Beamerpräsentation. Wir plauderten ein bisschen über Vulkane. Ein Kind hatte Wissen zum Thema Supervulkan und schilderte Ausbruchszenarien, so dass einige kleinere Kinder schon verängstigt wimmerten. Ein weiteres Kind stellte in der Zwischenzeit die Frage, warum der Stromboli nicht erloschen sei, der stünde schließlich mitten im Wasser. Ich bin immer wieder erschüttert über die Schläue von Kindern. Ich meine mich zu erinnern, dass ich als Kind nie so kluge Gedanken hatte.

Jedenfalls zeigte ich noch einige Bilder vom Lago Bracciano. Das ist ein kreisrunder See in der Nähe von Rom, der entstand weil der Kegel eines erloschenen Vulkans einsank und sich mit Wasser füllte. Wir haben dort mal Urlaub gemacht als ich mit Kind 3.o schwanger war. Es gibt ein besonders schönes Foto mit Kind 2.0 und mir. Wir liegen im Wasser und mein schwangerer Bauch ragt in den Himmel. Ich fragte die Kinder: „Na, wer erkennt was Besonderes auf dem Bild?“ Die Kinder starrten verschämt auf den Boden, einige popelten in der Nase und andere beobachteten angestrengt die Meisen vor dem Fenster. Nach drei Minuten Stille gab ich auf und sagte: „Also seht ihr denn den Bauch nicht? Da ist Kind 3.0 drin.“ Erleichtertes Aufatmen in der Kindergartengruppe. Eines der Kinder sagte: „Weißt Du, ich habe gedacht, dass Du einfach nur sehr dick bist…“

Zur Auflockerung hörten wir uns als nächstes „Se sei felice tu lo sai “ an und verglichen das Lied mit der deutschen „Wenn du glücklich bist“ Version und stellten dabei Unterschiede fest. An der Stelle an der die Deutschen zum Beispiel seufzen, schließen die Italiener die Augen. Eine wunderbare Metapher für die beiden Kulturen.

Nachdem wir alle ausreichend geklatscht, getrampelt und die Augen geschlossen hatten, verteilte ich italienische Euro. Große Begeisterung: ein  Mann auf einem schwangeren Pferd und der Mann mit sehr vielen Armen und Beinen von Mamas Krankenkassenkarte.

Der vitruvianische Mensch war super um uns ein bißchen zu Vermessen. Tatsächlich ist es ja erstaunlich, dass man von einer Zeigefingerspitze zur anderen genauso breit ist, wie man vom Kopf bis zu den Füßen lang ist oder dass man wirklich so große Füße hat wie die Entfernung vom Handgelenk zur Armbeuge. Man kann sich hervorragend verrenken, wenn man versucht diese Maße zu verifizieren.

Ich habe den Kindern dann erzählt, dass Kinder in Italien (zumindest im Sommer) nie um 20 Uhr ins Bett gehen und dass sie auch ziemlich laut sein dürfen. Kind 1.0 hat das im Urlaub mal entgeistert mit einem „Ja, kümmern sich die Erwachsenen denn hier gar nicht um die Kinder? Warum bringt die niemand ins Bett! Es ist doch schon dunkel!!!“ kommentiert.

Dann haben wir Pizza gebacken und zwar in drei Fassungen. Die erste, historische Variante, die ihre historischen Wurzeln in ägyptischen oder sumerischen Fladenbrot hat und nur mit Olivenöl und Kräutern bestreut wird. Dann die zweite Variante, die an Focaccia erinnert sich erst im späten 18. Jahrhundert verbreitete, weil man erkannte, dass Tomaten nicht giftig sind und dann ein Blech Pizza Margherita, weil die Geschichte dazu so schön ist. So waren wir wieder bei den Farben Grün, Weiß und Rot angelangt.

Wir aßen im Anschluss die Pizzen. Variante eins (Fladenbrot) fand reißenden Absatz. Von Variante zwei wurden die Tomaten entfernt und von der Pizza Margherita popelten die Kinder Tomaten, Käse und natürlich das ekelige „Petersilikum“.

Nach dem Essen las ich Pinocchio vor und alle Kinder malten die mitgebrachten Malvorlagen an. Nur Kind 2.0 malte die Haare der Fee blau. Alle anderen wählten die blonde Disneyvariante. Kind 2.0 kommentierte: „Ich kann diese Abweichung nicht ertragen. Ich richte mich lieber nach dem Roman.“

Zum Abschluss hörten wir „Mi Scappa La Pipi“. Das war für mich als Kind das witzigste Lied, das ich mir vorstellen konnte. Es handelt von einem kleinen Jungen, der immer Pipi muss und den Vater bittet, mit ihm Pipi machen zu gehen. Der Vater ist aus verschiedenen Grunden so eingespannt, dass er auf später verweist. Das Kind pullert nach jedem Refrain einfach irgendwo hin. Unvorstellbare Anarchie in den Augen von Vierjährigen. Außerdem sehr ohrwurmig. Die Kinder wankten beschwingt „Scapelapipipapa“ in den Hof, um den Nachmittag zu begehen.

Meine Töchter und Söhne sind Schneewittchen

Kaum hat man die Jugend überstanden, befindet man sich in der Postadoleszenz. Nur einmal den Lebenswecker gesnoozt und schon ist alles dahin. Zumindest die Schönheit. Die Haare grau, die Haut schlaff, die Aura schwächlich, man schrupft ein und gleichzeitig erhöht sich das Gesamtvolumen. Älterwerden ist kein Spaß.
Es kommt das Alter der Zipperlein. Der nie endende Schnupfen, die große Erschöpfung. Alles siecht dahin.
Da stehe ich morgens an meinem Spiegel, habe aufgegeben mir die ergrauten Haare aus dem Schopfe zu zupfen, weil es einfach zu viele sind. Wochenlang habe ich recherchiert welche Augencreme die beste sein könnte, doch meine Falten lässt sie nicht verschwinden. So stehe ich da und betrachte mein Gegenüber.
Das Kinnläppchen wächst. Die Ohren ebenfalls und auch die Nasenspitze scheint sich zu vergrößern. Vielleicht ist auch beides gleich groß geblieben und der Rest ist eingefallen – wer weiß das schon?
Während ich so dastehe und mich mitleidig begutachte, hüpft eines meiner Kinder ins Badezimmer. Es wirft sich mir an den Hals und ich spüre die blütenzarte Haut. Wie Rosenblätter, weiß und makellos. Das Kind küsst mich überschwänglich und sein seidenes Haar streift mein Gesicht. Es riecht so frisch und jung, so kraftstrotzend und wach.
Kein Gramm Fett, der Körper so muskulös wie der einer Gazelle. Straff und wunder-, wunderschön.
Ich halte meinen Kopf unter kaltes Wasser und fühle mich wieder normal.
Am Frühstückstisch habe ich mich wieder gefangen. So ist das Leben. Es vergeht und wir werden alle älter. Sicherlich gibt es irgendwelche Vorzüge am Älterwerden – auch wenn sie mir gerade nicht einfallen wollen – muntere ich mich auf.
Zum Glück war ich auch zu Jugendzeiten nie eine von denen, die durch ihre strahlende Schönheit ins Auge fielen. Das macht vieles leichter. Immerhin habe ich noch mein Wissen und oft hat man mir bescheinigt, ich sei witzig.
Wenigstens das! Wenigstens das kann mir keiner nehmen. Meinen Humor. Der wird eher noch besser, tiefgründiger, more sophisticated , feiner eben.

Doch dann kommt der Tag, an dem die Kinder eigene Witze machen. Erst unbeholfen absurde („Ein grünes Auge springt über ein Haus!“), dann nacherzählte – doch dann oh weh – eigene – eigene – eigene – bei denen es auch nicht hilft die Lippen aufeinander zu pressen und die Ohren zuzuhalten. Sie kommen erst selten, dann immer öfter und schließlich täglich. Mehrere Male am Tag gar und dann ist es aus.

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Lieblingstweets 02/13

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P’takh wer’s nicht zu schätzen weiß

Der Wolf, das Lamm auf der grünen Wiese
HURZ!
Und das Lamm schrie HURZ!

Der Wolf, das Lamm, ein Lurch lugt hervor

1991 (!) schrieb Hape Kerkeling als Tenor Pjotr Stianek Fernsehgeschichte. Er präsentierte vor interessiertem Publikum sein Musikstück „Hurz!“. Ich fühlte mich gestern als ich der klingonischen Oper u lauschte, auch ein bißchen hurz.

Nichtsdestotrotz kann ich reinen Gewissens sagen, dass u die beste Oper war, die ich in meinem Leben bislang gehört habe (was zu einem nicht unwesentlichen Teil daran liegt, dass u die erste Oper war, die ich in meinem Leben gehört habe).

Inszeniert wurde u vom niederländischen Klingon Terran Research Ensemble.
Beeindruckend waren für mich v.a. die Musiker, die original klingonische Instrumente spielten. Darunter z.B. der Dov’agh (Anne La Berge), die Supghew (James Hewitt) und nicht zu vergessen, die ´In (Juan Martinez), welche mit Hilfe der mupwI’Hom gespielt wurde.

Da ich weiß, dass man die klingonische Seele nur verstehen kann, wenn man auch ihre Lieder und Mythen zu schätzen weiß, war der Opernbesuch für mich ein Muss. Zumal ich so endlich die komplette Geschichte von Kahless kennenlernen konnte und somit auch endlich den Ursprung des Bat’leths kenne.

Bleibenden Eindruck hat Michael Mason, der Master of Scream, bei mir hinterlassen. Sein Klingonisch war wirklich hervorragend und beinahe akzentfrei. Der Master of Scream führte durch die Handlung und wies das Publikum an den entscheidenten Stellen an mitzuschreien. Ein sehr befreiendes und großartiges Erlebnis.


(Das Publikum stimmt ein in Lukanas Schrei)

Am Ende jedenfalls stehende Ovationen und das nicht nur durch die Klingonen im Publikum. Fast wäre ich auch auf die Bühne gesprungen als die Initiatoren des Stücks am Ende immer wieder wohlwollend in meine Richtung deuteten. Glücklicherweise drehte ich mich dann aber doch noch mal um und konnte so feststellen, dass ich genau vor Marc Okrand, dem Erfinder der klingonischen Sprache, saß.


(Marc Okrand und ein Paar Föderationswesen)

—-

Bechdel Test bestanden?
Leider nein. Was übrigens sehr bedauerlich ist. Denn sonst sind Frauen im Klingonischen Reich vergleichsweise gleichberechtigt.

—-

Fürs nächste Mal zum Mitsingen:

Qoy qeylIs puqloD [Kroi keylisch puklod]
Qoy puqbe’pu‘ [kroi pukbäpu-hu]
yoHbogh matlhbogh je SuvwI‘ [jochboch matlboch dschä schufwi]
SeymoHchu‘ mayu‘ [scheymochtschu maju]
maSuv manong ‚ej maHoHchu‘ [maschuf manong edsch machochtschu]
nI’be‘ yInmaj ‚ach wovqu‘ [nibä jinmatsch atsch wof-ku]
batlh maHeghbej ‚ej yo‘ qIjDaq [batl machechbedsch ädsch jo kidschdak]
vavpu’ma‘ DImuvpa‘ reH maSuvtaH [wafpuma dimuvpa rech maschuftach]
Qu‘ mamevQo‘ maSuvtaH ma’ov [kru mamefkro maschuftach maow]

Quelle: Internet

Berlin, Hejo!

Die Berliner machen einiges anders als die anderen. Zum Beispiel feiern sie bereits eine Woche vor Restdeutschland Karneval. Aus Rücksichtnahme. Denn dann können alle Karnevalsjecken mit den Berlinern gemeinsam feiern und müssen sich nicht entscheiden, ob sie in Köln, Düsseldorf oder Berlin feiern. Dementsprechend gab es auch dieses Jahr 2.456 Karnevalsbegeisterte, die den Karnevalsumzug begleiteten. Rücksicht ist für die Berliner ohnehin das Hauptthema beim Karneval. Der Umwelt zuliebe wird kein Konfetti geworfen, den Vögeln und Anwohnern zuliebe sind Freudesrufe und Musik maximal 75 dB laut und den missmutigen Karnevalshassern zuliebe verzichtet man sogar auf eine Übertragung ins TV.

Weil wir keine Schwaben sondern Hessen und Bayern Rheinländerinnen sind, integrieren wir uns in solche langjährigen Traditionen und rufen gemeinsam „Berlin Hejo!“. Hejo ist übrigens der karnevalistische Gruß in Berlin und setzt sich aus „Heiterkeit“ und „Jokus“ zusammen.

Der Preis für das beste Kostüm ging dieses Jahr an den Bodybuilder, der sich als Hulk verkleidete und wütend auf die vorausfahrenden Polizeiautos sprang und versuchte sie umzuschmeißen. Da ich eine feine Beobachtungsgabe besitze, entging mir nicht, dass andere Familien thematisch einheitlich verkleidet waren. Wir sahen eine Familie Feuerstein, eine Familie Gefangene und Polizisten, eine Familie Glücksbärchi und eine Familie, die als Wald (also Bäume in unterschiedlichen Größen) verkleidet war. Wir gehen nächstes Jahr als Elvis.

Seit 2006 sind wir nun dabei. Mein Mann, der größte Karnevalist in der Familie, ist dabei unübertroffen in seiner Kreativität der Kostümwahl. Auch dieses Jahr verneige ich mich ehrfürchtig:

(Super Bunny Verkleidung)

Kind 1.0 war dieser Aufzug sehr peinlich. Besonders schön war dabei zu beobachten, wie fließend Normalität ist. Wir starteten in Friedrichshain und waren natürlich die einzigen Verkleideten und wurden angestarrt, als seien wir frisch gelandete Aliens. Je näher wir dem Kudamm und damit dem Karnevalsumzug kamen, desto mehr Verkleidete begegneten uns in den öffentlichen Verkehrsmittel. Als wir schließlich in der Uhlandstraße ankamen, waren nur noch wenige Unverkleidete in der U-Bahn. Wir kicherten laut und fotografierten sie heimlich.

Transmediale 2013

2001 war ich das erste Mal auf der transmediale. Bis 2011 bin ich jedes Jahr hingegangen. Jedes Jahr versuchte ich vorher auf der Website zu lesen, was es in der Ausstellung zu sehen gibt. Nach gut einer Stunde gab ich auf. Jedes Jahr. Die transmediale Website ist die unverständlichste Website (zumindest in deutsch/englisch – selbstverständlich gibt es chinesische Seiten, die ich weniger verstehe, man soll ja nicht verallgemeinern), die ich kenne.

Wenn man erstmal vor Ort ist, erkennt man schnell, dass die Website nicht das einzige Unverständliche an der transmediale ist. Die Ausstellungsobjekte sind zum größten Teil ebenfalls völlig unverständlich, die begleitenden Texte kryptisch und voller pseudointellektueller Worthülsen.

2012 bin ich deswegen nicht hingegangen und dann habe ich im Boschblog einen Beitrag zu einem Ausstellungsobjekt gesehen. Die Installation bestand aus großen Stangen, die von der Decke hingen und unter Strom standen. Man konnte sie anfassen um einen Stromschlag zu bekommen.

Ich beobachte das Spektakel eine Weile, traue mich aber zunächst nicht, mir einen Stromstoß versetzen zu lassen. […] Obowohl man weiß, dass etwas passieren wird, ist der Schreck enorm. Die meisten lachen, nachdem sie sich davon erholt haben. Eine junge Frau fällt zu Boden, was aber eher dem Schreck als der Stärke des Stromstoßes geschuldet ist.

Was der Künstler uns damit sagen will? Man weiß es nicht, niemand erklärt es. Der Reiz, es ausprobieren zu wollen, wird dennoch stärker. Ein paar Biere später werde ich mutig: ich unterschreibe, dass ich zur Mitwirkung an diesem Kunstwerk bereit bin, meinen Tod in Kauf zu nehmen, und erhalte im Gegenzug einen Stempel auf das Handgelenk, der mich für den Zutritt zum Elektrozaun berechtigt. Die Bekannte zieht mit (eigentlich hat sie mich überredet) und wir entscheiden uns für die Romantikvariante. Wir halten einander an den Händen, sie berührt den Minuspol, ich den Pluspol. (Vermutlich aber umgekehrt.) Dann passiert es: es funkt zwischen uns beiden.

Das fand ich wahnsinnig romantisch und war traurig, dass ich 2012 nicht da war. Also rufe ich heute wieder die Website auf und bin traditionell genervt. Aber dann denke ich, hey, im Berliner Westen warst Du schon lange nicht und das Haus der Kulturen der Welt, das macht was her, da gehst Du jetzt einfach trotzdem hin.

Tatsächlich finde ich von zwanzig Objekten jedes Jahr mindestens drei, die es am Ende wert waren, die Ausstellung zu besuchen. Das Motto dieses Jahr „back where pluto was a planet“. Meine Recherchen haben ergeben, dass das Akronym BWPWAP in Netzkreisen verwendet wird „wenn man auf die jüngste Vergangenheit verweisen will, einen Zeitpunkt, der nur einen Wimpernschlag zurückliegt, in Bezug auf die technologischen Standards aber schon Lichtjahre entfernt zu sein scheint.

In irgendeinem anderen Artikel habe ich gelesen, man solle sich locker machen und nicht immer versuchen zu verstehen, was die transmediale eigentlich wolle. Also mache ich mich jetzt locker wie sonstwas.

Zwei Dinge finde ich im Vorfeld schon nett. Erstens die Sprachausgaben der Website („back where pluto was a planet I’ve would have been a flash animation“) und die mobile Website ist hübsch.

Mehr heute Nachmittag, wenn wir wiederkommen und ich mich ordentlich in dieses luftleere Wording reingesteigert habe. So lange lesen Sie bitte meine Hackfleischbesprechungen. Kunst und  aufgeblasene Worthülsen kann ich nämlich auch.

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Tja. Das wars wohl mit mir und der transmediale. Eine lange Beziehung zerbricht. Wir haben uns auseinandergelebt. Ich denke, es ist besser, wenn jeder seiner Wege zieht.

Das Rohrpostsystem, (das einzige Ausstellungsstück, das man spontan verstehen kann) wird erst um 16.30 Uhr angeworfen.

Alles andere muss man sich erlesen. Wenn man das fleißig tut, entdeckt man nach einer Stunde einen Metawitz.

Der Rest – ein Rätsel. Auch mit Beschreibung. Um mal Kind 2.0 zu zitieren: „Mama, da hätten die sich aber auch ein bisschen mehr Mühe geben können.“

Manche Dinge, musste man anfassen und irgendwie mit Ihnen interagieren, damit etwas passiert. Leider sieht man das den Exponaten nicht an. Mir wäre z.B. völlig entgangen, dass es doch ein Paar knuffige Sachen gab.

(„Desktop – Gravity Edition„, 2007 von Jacob Nielsen)

Ohne freies WLAN, instagram und vine, hätte ich mich sehr wahrscheinlich zu Tode gelangweilt.

Ich vine gleich los

Die Aufmerksamkeitsspanne wird kleiner, die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung erhöht sich. Höher! Schneller! Weiter! Vine!
Ich habe Vine probiert. Vine ist noch so klein, da kann man an einem Abend ganz Deutschland fertig gucken. Ein Volk legospielender Menschen mit Katzen, die Bananen schneiden.
Hier! Guck! Da! Ah!
Vine erzählt in sechs Sekunden eine Geschichte mit drei bis vier möglichen Anfängen. Aber ohne Ende. Immer und immer wieder.
Das ist so als würde ich … man könnte auch sagen … ganz ehrlich, ich finde…
Vine hat eine seltsame Anziehung. Wenn man zwei bis drei Videos gesehen hat, dann fängt man an, das eigene Handeln in kleine Unterhandlungsstränge zu trennen. Wie könnte man das filmen? Schritt 1, Schritt 2, Schritt 3.
Es macht mich hektisch und ruhelos.
Die Kinder! Los! Aus dem Bild! (Ich will sie nicht filmen). Pscht! Leise! Mutti vint wieder! Verdammt! Warum habe ich keine Katzen? Haben die Nachbarn welche? Ob ich die…? Ach ne! Die Spülmaschi … ach ne. Wir haben doch so viel Lego. Lego. Hm, das machen schon die anderen, ob ich vielleicht…

Ich werde hibbelig.

Das einzige Buch, das sich mit Vine verfilmen ließe, wäre Ulysses („Schauder jetzt. Fühlen Mitleid. Müssen sich eine Träne abwischen, weil Märtyrer. Denn alles, was verreckt, will, ums Verrecken, verrecken.“, S. 386) oder vielleicht noch die Gelehrtenrepublik von Arno Schmidt.

Diese Bücher haben mich auch mitgerissen. Wie ein Fluß. Aber eben mit diesen abgehackten Passagen. Immer wieder Stop und dann auch wieder weiter. Angetrieben, mitgenommen, weitergespült.

Dogma 95 in 6 Sekundenhappen. Keine Filter, keine begleitende Musik, keine Zusatzfunktionen.

  1. Als Drehorte kommen ausschließlich Originalschauplätze in Frage, Requisiten dürfen nicht herbeigeschafft werden.
  2. Musik kann im Film vorkommen (zum Beispiel als Spiel einer Band), darf aber nicht nachträglich eingespielt werden.
  3. Zur Aufnahme dürfen ausschließlich Handkameras verwendet werden.
  4. Die Aufnahme erfolgt in Farbe, künstliche Beleuchtung ist nicht akzeptabel.
  5. Spezialeffekte und Filter sind verboten.

Quelle: Internet

    
(Das Video ist von Felix Schwenzel)

Ich glaube, ich werde zu alt für diesen Scheiß.

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