Auf die Ohren

img_9799Irgendwann habe ich Podcasts für mich entdeckt. Das Bücherlesen ist mit den Kindern leider fast aus meinem Leben verschwunden. Sicherlich eine Frage der Prioritäten – an der Zeit liegt es nicht. Ich glaube, ich habe drölzigtausend Stunden mit Serien verbracht.

Aber irgendwie beanspruchen Bücher eine andere Art von Aufmerksamkeit. Wenn die Kinder abends pennen, dann bin ich völlig matschig und wenn ich nicht gleich einschlafe, schaffe ich es gerade noch eine Serie zu starten.

Ich bin deswegen auch nicht böse, wenn mir Leser:innen meines Buchs freudig mitteilen, dass es bei ihnen im Bad neben dem Klo liegt. Das heisst für mich nur, dass mein Buch elternkompatibel ist. Ein, zwei Geschichten bekommt man im Alltag hin und dann gehts weiter. Ohne dass man sich fragt: „Hm? Wer war das nochmal? Und wie hängt der mit der zusammen? Und äh wessen Kinder ähhh?“

Was auch gut geht sind Podcasts. Tatsächlich aber nicht nebenher sondern direkt auf die Ohren beim Staubsaugen zum Beispiel oder wenn ich Wäsche aufhänge. Das liebe ich echt. Staubsaugen mit Kopfhörern. Ein Traum. Innerlich fühle ich mich ganz harmonisch, irgendwie abgeschnitten von allem und dann blicke ich hoch und sehe (seelisch in Zeitlupe) wie die Kinder sich Stofftiere um die Ohren hauen.

Ich höre selbst gerne den Lila-Podcast, dort werden aktuelle Themen oder Phänomene der Twittertimeline und aus den Nachrichten aus feministischer Perspektive besprochen. Unaufgeregt, sachlich und ich erhalte viele, neue (Denk-, Lese-, Hör-) Anregungen.

Gleichgerne höre ich den Leitmotiv Podcast, der sich in den einzelnen Episoden intensiv mit einer Gästin beschäftigt. Die letzte Folge ist ganz schön lange her… fällt mir da auf.

Ich habe mal in meine Timeline gefragt, was es an elterntauglichen Podcasts so gibt und folgende Antworten erhalten, die ich jetzt mal teile, bevor ich sie selbst alle durchgehört habe:

Da gibt es den „Daddies in Distress Podcast„. Angeblich ein Podcast für Väter. Hab’s aber schon ausprobiert: Als Mutter fallen einem beim Zuhören nicht die Ohren ab.

Das Schlaulicht ist ein Podcast für Kinder von 7 bis 99, in dem einzelne Phänomene unter die Lupe genommen werden. Es geht z.B. um Superhelden, Kohle, Star Wars, Gruseln, Haustiere und Werkzeuge.

Der Radiorebell Podcast: Hier spricht ein Vater mit seinem Sohn Jay-Jay und beschreibt den gemeinsamen Podcast so: „Der Blickwinkel meines Sohnes ist oftmals ein anderer. Nicht schlechter. Nicht besser. Anders.
Das ist für mich manchmal sehr lehrreich, frustrierend, euphorisierend und niederschmetternd, für Ihn aber durchgehend amüsant, hilfreich und spaßig. […]“

Sehr oft empfohlen wurde mir: The Longest Shortest Time – beschrieben als „The parenting show for everyone. Hosted by This American Life contributor and author Hillary Frank.“

Der Kidz-Podcast: „Alles rings um Kinder. Ob Pflegekinder, Menschen, die mit Kindern arbeiten, pädagogische Konzepte und Ideen rund um das Leben mit Kindern.“

Und genauer vorstellen werde ich demnächst den Eltern ABC Podcast aus der Schweiz, bei dem ich neulich mitgemacht habe.

Völlig unbekannt war mir bislang die Podcast Suchmaschine fyyd.

Wenn ihr weitere Tipps und Empfehlungen habt, freue ich mich über eure Kommentare. Vor allem dann wenn es um die Mütterperspektive geht. Die scheinen beim Podcasten noch nicht ganz so stark vertreten zu sein, scheint mir.

VR und die Einsatzmöglichkeiten

VR
Quelle: pixabay @fill

Auf der re:publica hätte ich ausreichend Möglichkeiten gehabt – dennoch habe ich noch nie eine VR-Brille aufgehabt… doch… halt! Doch, doch! Einmal hatte ich eine an.

Auf einer der vergangenen pictoplasma Ausstellungen hatte ich eine auf. Das war so: Man konnte sich anstellen, die Brille aufsetzen und dann zeigte einem die Brille durch einen Blick in einen virtuellen Spiegel das wahre Ich. Die Schlange war lang und alle ganz gespannt. Die Menschen zogen die Brille an, schauten vor sich in den Spiegel der Offenbarung, wedelten mit Armen und Beinen, lachten, drehten ihren Körper einige Male hin und her so als ob sie sich betrachteten und zogen dann die Brille wieder ab, um sie der nächsten wartenden Person zu überreichen.

Wenn die Menschen in der Reihe sich kannten, fragten sie sich gegenseitig: „Und, was warst du?“

„Ein Einhorn auf zwei Beinen!“

„Eine mächtige Gewitterwolke mit düsteren Augen.“

„Eine Art Gorilla mit sehr, sehr kräftigen Armen.“

Ich war schon soooo gespannt. Dann war ich endlich an der Reihe. Ich zog die Brille über und blickte mein Alter Ego im Spiegel an.

Ich war…

Ich war…

…ein dampfender Kackhaufen auf zwei sehr dünnen Beinen. En fröhlich dreinblickender, das will ich nicht leugnen, aber eben doch ein Kackhaufen. Ich tat was alle taten. Arme hoch, Arme runter, der Kackhaufen machte mich nach. Ich ging in die Knie, der Kackhaufen auch.

VR ist nicht immer schön
Die ernüchternde Wahrheit

Das war bislang meine einzige VR-Brillen-Erfahrung.

Seitdem gibt es lediglich in meiner Twittertimeline einen Schnittpunkt zu diesem Thema, die mir immer mal wieder Videos von Menschen zeigt, die in Todespanik mit VR-Brillen virtuelle Welten erkunden, sei es auf Planken über Hochhäuser, sei es inmitten der Zombie-Apokalypse.

Mir tun diese Menschen eigentlich eher leid, als dass ich über sie lachen könnte. Für viele scheint eine VR Erfahrung nicht von einer Erfahrung der Kohlenstoffwelt unterscheidbar zu sein. Sie schreien, krümmen sich und wimmern. Ich hab noch nie gesehen, dass sich jemand die Brille einfach abreißt. Meistens kommt eine weitere Person und erlöst den Menschen aus der virtuellen Realität.

Neulich gabs auch mal einen Beitrag bei Breitband zum Thema „VR Porn“. Das Thema finde ich total interessant. Würde ich das (wenn das mal wirklich ausgereift ist) ausprobieren? Ist das unmoralisch und gleichzusetzen mit Fremdgehen? Was ist, wenn das mehr Spaß macht als Sex in der Kohlenstoffwelt? Wie verändert das die Gesellschaft? Wenn alle immer genau die körperliche Nähe (und den Sex) haben können, die sich wünschen? Uiuiuiui…

Egal. Ich glaube ja nicht, dass ich mir diese Fragen in meinem Leben noch tatsächlich stellen muss.

Neulich dachte ich weiter über den Begriff Porn nach. Interessant ist ja, dass der Begriff Porn im Essenskontext unsexualisiert benutzt wird. Wenn man auf instagram nach #foodporn sucht, bekommt man einfach nur Essensfotos. Nicht mal ausschließlich geiles Essen. Also diese Art Essen, das im Alter vielleicht den Sex ersetzen kann – nein, Menschen fotografieren ihren Kantinenfraß und setzen das Hashtag #foodporn drunter.

Porn scheint hier also weiter gefasst zu sein. Es geht wohl mehr um Dinge, die einen in Ekstase versetzen, die einen glücklich machen, die einen total begeistern.

In dem Zusammenhang wiederum hab ich überlegt, welche Genres sich in den virtuellen Welten allgemein durchsetzen werden. Sex – klar – das ist total naheliegend. Extremsport – auch das verständlich – denn man kann dann einen Adrenalinkick ohne die tatsächliche Gefahr haben und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: ein weiteres Genre würde Elternporn sein!

Und zwar im unsexualisierten Sinne. Eltern haben ja keinen Sex (also mindestens die 40%, die ein Familienbett haben nicht und die andern sind auch zu müde…). Mit Elternporn sind eher Dinge gemeint, die man im echten Alltag mit Kindern nie hat, aber eigentlich UNBEDINGT haben will. Dinge, an denen man jeden Tag erneut scheitert.

Ich stelle mir das so vor: Ich setze die VR Brille auf und starte Das Morgenprogramm und das läuft dann so ab:

„Kinder! Anziehen!“

Kinder: „Ok, Mama.“

IST. DAS. NICHT. GEIL? Das Programm verkaufe ich für 89 Cent (dauert ja auch nicht sooo lange). Das würden doch alle kaufen, oder? Stellt euch das doch mal vor!

Oder Tisch decken:

„Kinder, Tisch decken!“

„Alles klar, Mama“ und 5 Minuten später ist der Tisch gedeckt.

Oder Zimmer aufräumen…, Zähne putzen…, ordentlich zu Tisch essen… die Möglichkeiten sind endlos. Endlos!

Ich werde reich! Ich habe eine Marktlücke entdeckt!

Ich muss das mal testen. Ohhh! Hach! Awww!

HEY! NEIN! LASSEN SIE DAS! NICHT DIE BRILLE ABNEHMEN! NEIN! EY!

„Schmusen“

Ich verband mit dem Wort „Schmusen“ immer eine Gewisse Zärtlichkeit. Stimmt ja auch, wenn man das Wort nachschlägt, steht da „sich zärtlich berühren“. Auch die Synonyme lassen auf einen sanften Kontext schließen: kraulen; liebkosen; kuscheln; tätscheln; ei, ei machen (umgangssprachlich); streicheln; schmiegen; herzen.

2006 änderte sich meine Vorstellung von schmusen schlagartig. (Haha! Schlagartig passt so gut in diesem Zusammenhang!)

2006 lernte ich nämlich das damals fast dreijährige Kind 1.0 kennen. Schmusen wurde zu irgendwas mit Knien.

Wenn ein Kleinkind (im Grunde zieht sich das bis ins Grundschulalter) „schmusen“ möchte, zieht sich mein Körper instinktiv zusammen. Kinn an die Brust, Bauchmuskeln anspannen, der Körper bildet ein C. Arme schützend überkreuzen, am besten einrollen, Augen zur Sicherheit schließen, totstellen. Nach einigen Jahren mit Kindern, kann nicht mehr anders. Es ist ein Reflex geworden. Auch wenn meine Vorstellung nach wie vor unerschütterlich romantisch ist. Ich falle nämlich immer wieder auf den Schmusewunsch der Kinder rein.

Vielleicht bin ich nur ein bedauerlicher Einzelfall – aber bei meinen kleinen Kindern bedeutet schmusen in der Regel mit den Knien voraus auf einen springen. Das ist nicht unbedingt angenehm. 20 kg (+) beschleunigte Masse mit zwei spitzen Knien voraus. LKW-Fahrer, die sich mit dem Thema „Ladung angemessen sichern“ beschäftigen, werden die zu erwartenden Schmerzen sogar exakt ausrechnen können.

Ich hab leider in Physik nicht so gut aufgepasst, sonst könnte ich es nachrechnen, aber meine Recherchen ergaben: Ein 40kg schwerer Hund, der mit 50 km/h auf einen draufspringt, entwickelt eine kinetische Energie von 3,8 Tonnen. Kann man das einfach halbieren, wenn das Kind 20 kg wiegt? Und äh nur mit 10 km/h auf einen springt?

Im Grunde ist die physikalische Korrektheit an dieser Stelle auch völlig egal. Ob nun eine halbe Tonne oder eine ganze… es tut furchtbar weh. Je nach Größe des schmusebereiten Kindes und nach Geschlecht des Zubeschmusten sogar noch mehr. Ich habe in einem komplizierten Verfahren errechnet, dass das Maximum an Schmerz erreicht wird, wenn ein ca. 1,05 m großes Kind auf einen ca. 1,80 m großen, aufrecht stehenden Mann springt.

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Neben dem Besprungenwerden kennen Kleinkinder auch andere Schmusevarianten. Eine unter der ich immer wieder leide, ist die Beschmusung von unten mit dem beschleunigten Kinderkopf an das eigene Kinn.*

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Eher harmlos ist die Bekletterung im liegenden Stadium, in der das gesamte Kindesgewicht auf die Füße oder ebenfalls Knie konzentriert wird.

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Als schmusebereite Eltern durchläuft man verschiedene Phasen der Beschmusung. Unerfahrenen Eltern empfehle ich deswegen Phase I besonders intensiv zu genießen. Die Phase kommt nie wieder.

Phase 1: passives Schmusen I; Kindesalter unter 2 Jahre, Gewicht unter 20kg; das noch relativ unbewegliche Kind kann nach belieben geherzt werden.

Phase 2: aktives Schmusen I, Kindesalter über 2 Jahre, Gewicht über 20kg; die Eltern sind noch ahnungslos und empfangen die Kinder mit offenen Armen.

Phase 3: aktives Schmusen II, Kindesalter unter 7 Jahre, Gewicht unter 40kg; die Eltern haben eine Reihe sehr eindringlicher Schmuseerfahrungen gemacht und reagieren wie Gürteltiere in Gefahr, wenn das Kind schmusen möchte.

Phase 4: passives Schmusen II, Kindesalter über 7 Jahre, Gewicht über 40kg; das Kind möchte (zumindest öffentlich) nicht mehr geherzt werden (Tut den Eltern nur im Herzen weh, äußerlich keinerlei Schmerzen).

Übrigens gibt die etymologische Herkunft des Wortes werdenden Eltern eigentlich schon ausreichend Hinweise. Schmusen kommt tatsächlich von „Schmus“ – schmues – Gerüchte. Es ist nämlich nur gerüchteweise schön mit Kleinkindern zu schmusen. Das weiß man dann jedes Wochenende morgens im Bett, wenn die Kinder um 6.20 Uhr schmusen kommen. Je mehr, desto schmerzlicher.


 

*In billigen Liebesromanen soll frau angeblich in totaler Ekstase  Glocken läuten hören. Leider ist mir das noch nie widerfahren. Sehr wohl habe ich in diesem völlig unsexuellen Schmuseszenario schon öfter Sterne gesehen. Das nur am Rande.

Ich habe Blutdruck

Eigentlich hatte ich mir zu dem Vortrag zur Digitalen Demenz von Manfred Spitzer handschriftliche Notizen gemacht. Leider habe ich sie verloren. Hätte man nicht das Smartphone ausschalten sollen, wären meine Notizen & Fotos in der Cloud und… aber lassen wir das.

Von Herrn Spitzer hatte ich schon viel im Internet gelesen und war wirklich sehr gespannt. Der Vortrag war 1,5 Std lang und die erste halbe Stunde war wirklich informativ. Es ging im Wesentlichen um Neuroplastizität und auch wenn ich einiges an Vorwissen aus meinem Psychologie Studium mitgebracht habe, fühlte ich mich informiert und unterhalten. Gegen 17.30 (der Vortrag begann um 17.00) bin ich vermutlich kurz eingenickt, denn ich habe den Punkt, an dem der Vortrag für mich so extrem kippte, irgendwie verpasst. Meine Augen drehten sich langsam nach oben bzw. ich musste sie peinlich berührt unter meinen Handflächen verdecken und ich glaube gegen 18.15 bluteten meine Ohren.

Den Inhalt über den ich mich so echauffierte (andauernd bis heute und ich habe eigentlich selten starke Gefühle), kann man wie folgt zusammenfassen:

  • Bis 20 sollten Menschen nicht fernsehen, keine DVDs schauen, keine Spielkonsolen benutzen, um Gottes Willen aus dem Internet fernbleiben und auch keine eBooks lesen. Selbst Produkte wie der TipToi-Vorlese-Stift sind Produkte aus der Hölle.

plus

  • Wenn man den Kindern und Jugendlichen Zugang zu solchem Teufelswerk verschafft, trägt man aktiv zu deren Verdummung bei. Die Regierung macht das in unterschiedlichen Programmen auch – das ist eine Verschwörung der (Spielkonsolen und Computer) Industrie.

Kann man behaupten und auch mit zahlreichen Studien belegen, z.B. hat man Mäuse in ihrer Kindheit mit Fernsehprogramm beleuchtet und es zeigt sich eindeutig, dass sie unruhiger, unkonzentrierter und risikobereiter im Erwachsenenalter waren als es die Mäuse der Kontrollgruppe waren.

Ok, jetzt mache ich das selbe wie Spitzer, nämlich polemisieren. Aber wahrlich, er ist unangefochtener Meister auf diesem Gebiet auch wenn er selbst sagte „Ich bin doch kein Krawallwissenschaftler oder Kulturpessimist, wie mich die Feuilletons beschimpfen, ich zeige hier lediglich Fakten auf.“

Diese selektiven Fakten, die meistens monokausal argumentieren und immer nur ein entweder oder zulassen, haben gefühlt 80% der anwesenden Eltern im Saal begeistert und das ist das, was mich eigentlich so wütend macht.

Da sitzen internetunerfahrene Menschen (mein Eindruck nach zahlreichen Gesprächen), die sich unsicher fühlen, die nach einem Umgang mit einem Thema suchen, das ihnen selbst fremd ist, weil sie damit nicht aufgewachsen sind und dann steht da vorne jemand der Benzin in deren glühenden Ängste schüttet.

Um differenziert zu bleiben: Wenn man über 20 ist, dann darf man diese Dinge benutzen (so Spitzer), da ist das Gehirn ausgereift und dann ist das nicht mehr so gefährlich.

Seine Argumentationsweise folgt jedoch ansonsten komplett allen Klischees der Technologie“kritik“ (eigentlich wäre „Angst“ das korrektere Wort). Es gibt einen Text von Dorothee Bär, der meinen eigenen Eindruck von dem Vortrag und dessen Inhalte hervorragend wiedergibt: Macht das Internet dumm? Dorothee Bär antwortet Prof. Manfred Spitzer

„Das Gefährliche an Theorien wie dieser ist, dass sie nicht nur unendlich undifferenziert sind, sondern auch noch verletzend, geradezu zynisch wirken und vor allem Eltern und Menschen mit Erziehungsverantwortung ein Gefühl der Machtlosigkeit und der Inkompetenz vermitteln – also ganz bewusst mit der Angst der Menschen spielen und diese bis zum Äußersten schüren.“

Wie immer macht die Dosis das Gift. Aber mit Argumenten zum Thema Medienkompetenz muss man Spitzer nicht kommen. Das ist alles Unsinn. Kann er ja gerne denken. Ich sehe das – wenig überraschend – völlig anders. Ich bin dafür Kindern einen sinnvollen und maßvollen Umgang mit den Themen Fernsehen, Spiele, Computer, Internet etc. beizubringen. Sie zu begleiten. Mich selbst damit zu beschäftigen, darüber zu sprechen, mich auszutauschen und natürlich auch Grenzen zu setzen.

Einen schönen (maßvollen) Text gibt es z.B. im Blog von Alexander Matzkeit: „Reduktion statt Abschaffung: Fünf Schritte zur entspannteren Mediennutzung

Was mir abschließend dazu einfällt: Ein anderer der Referenten, Herr Renz-Polster, seines Zeichens angenehm undogmatisch, hat in einem anderen Kontext gesagt: Auf die wesentlichen Erziehungsfragen gibt es keine finalen Antworten. Wenn sie reich werden wollen, schreiben sie einen Ratgeber, in dem sie einen 100% wahren und umzusetzenden Weg formulieren. Zum Beispiel zum Thema Kleinkindschlaf. Verzweifelte Eltern werden ihn kaufen.

Das ist, was meiner Auffassung nach Spitzer getan hat: nur eben zum Thema Internet & Co. Seinen Thesen ist schließlich einfach zu folgen. Kinder und Jugendliche raus aus dem Netz und gut ist. Keine Unruhe mehr, keine Verhaltensauffälligkeiten, keine schlechten Noten und keine Verdummung. So einfach ist das.

Wie schön, ich lese gerade bei mir im Blog, dass ich mich 2012 bereits über Spitzer aufgeregt habe. Wahrscheinlich hat er doch recht und ich bin digital dement.

 

 

Conni – das Mem

Im Rahmen von Conni möchte ich nochmal auf zwei Artikel hinweisen:

  1. Die „heile“ Welt von Janosch, Conni & Co
  2. Conni kann alles und ist immer lustig

Ansonsten fehlen in der Reihe, z.B.

blackmetal

groko

tattoo

 

Die grausame Mutter

Halloween hätte ich beinahe schon wieder ein Pony gekauft weil eines der Kinder weinen musste.

Meine Kinder haben – zumindest nach meiner Einschätzung – ein unbeschwertes Leben und bislang war das Leben zu uns insgesamt sehr freundlich und so gab es noch nichts zu bewältigen. Lediglich Kleinigkeiten.

Beispielsweise freuen sich die Kinder ganzjährig auf den jährlichen Karnevalsumzug. Sie planen monatelang ihre Kostüme und sie erzählen sich Abends im Bett wie viel Süßigkeiten sie wohl fangen werden und planen dann wie sie die Unmengen verteilen werden. Dieses Jahr hatte ich bei der Planung eines Kurzurlaubs den Termin des Karnevalumzugs nicht berücksichtigt und als es mir auffiel, war die Bahnfahrt schon lange gebucht und bezahlt. Ich harderte mit mir, den Kindern vorher zu sagen, dass Karneval ausfallen würde oder ob ich hoffen würde, dass es ihnen nicht auffallen würde, dass wir dieses Jahr gar nicht am Umzug teilgenommen hätten. Letzteres war natürlich völliger Unsinn und so beichtete ich meinen Fehler. Die Kinder brachen erwartungsgemäß in Tränen aus. V.a. Kind 2.0 konnte sich nicht beruhigen. Es fiel mir in die Arme und weinte lauthals „Ich weiß, dass du das nicht absichtlich gemacht hast, aber ich bin trotzdem so traurig.“ Das war wirklich schrecklich. Ich musste auch weinen.

Zum zweiten Verkleidungsfest – Halloween – passierte mir das selbe Missgeschick. Ich legte einen Fuß-OP-Termin auf den 31. Oktober. Auch an diesem Abend weinte Kind 2.0 herzerweichend.

Ich kann meine Kinder (wenn sie wirklich traurig sind) nicht weinen sehen. Ich erleide dabei Höllenqualen und ich fürchte mich vor der Zeit in denen Freundschaften wichtiger werden und die Kinder gar eines Tages Liebeskummer haben werden. Ich hatte zwischen 13 und 28 quasi durchgängig Liebeskummer und erinnere mich noch gut daran.

Wenn es mir schon das Herz bricht, das Kind weinen zu sehen, weil es Halloween nicht mitfeiern kann – wie wird das werden?

Sobald die ersten Tränen laufen, habe ich das Gefühl das Leid (das subjektiv empfunden in dem Fall wirklich groß war) irgendwie ausgleichen zu müssen. Das Kind schnell vor den Fernseher setzen, ihm Kaugummis, Chips, Schokolade, Kuchen und Kekse reichen? Ihm ein Fahrrad kaufen, den Fillyturm, drei flauschige Kaninchen, vielleicht ein eigenes Pony???

Dann entscheide ich mich von all diesen Sachen gar nichts zu tun. Ich setze mich neben mein Kind, halte die Hand und sage Dinge wie „Ich verstehe, dass Du traurig bist.“ Ich komme mir dabei unsäglich grausam vor und es ist wirklich schwer für mich am Ende nicht doch ein, zwei Ponys zu besorgen.

Am liebsten würde ich alles schlechte, böse und schmerzhafte von meinen Kindern fernhalten. Aber selbst wenn ich das in der frühen Kindheit schaffen würde, irgendwann geht das einfach nicht mehr und dann denke ich mir, dann müssen die Kinder ja irgendwie gelernt haben mit negativen Gefühlen umzugehen. Das gehört auch zum Leben und ich weiß nicht, ob man Kindern einen Gefallen tut, ihnen alles zu ersparen.

Online Talk bei DRadio Wissen

Am Samstag zwischen 11.00 und 12.00 Uhr war ich bei DRadio Wissen beim Online Talk zum Thema Eltern im Netz.

Gestern war ich gemeinsam mit Franziska Bluhm (franziskript) und Nina Pagalies (wortwusel.net) im Online Talk bei Daniel Fiene und Herrn Pähler im Radio zu hören.

Nach dem Studium hatte ich den großen Traum ein Volontariat beim Radio zu ergattern. Das war natürlich unmöglich. Ich hab mir jedenfalls das Radio als geschäftiges Gewusel vorgestellt, eher so wie einen Bienenstock. Meine einzigen beiden Radioerfahrungen – hier und bei Radio Fritz bei trackback – haben mich eines Besseren belehrt. Während bei trackback der Moderator Marcus Richter noch anwesend war und mir sehr freundlich alles erklärt hat, war ich gestern im RIAS-Gebäude alleine. Alle anderen saßen in Köln. Ich wurde in ein Zimmer gesteckt, in dem Kopfhörer lagen und diese Mikrophone, die mich an die 20er Jahre erinnern und im anderen Zimmer schaute ein Techniker ratlos auf Knöpfe und erklärte mir rein gar nichts. Macht aber nichts, denn im Wesentlichen war es eine Telefonkonferenz und diese Art der Kommunikation ist mir bereits bekannt.

Jedenfalls hat es wieder Spaß gemacht und ich bin voller Bewunderung für all jene, die in Interviews nicht ständig äh sagen und auf spontane Fragen vollständige und vernünftige Sätze von sich geben. Kann man das einfach oder lernt man das?

Mehrere Aspekte sind mir geblieben:

1) Ich finde es schade, dass Nina Pagalies nicht viel stärker rausgestellt hat, dass gerade Lyrik für Kinder ein wunderbares Feld ist. Bzw. natürlich hat sie sich stark dafür gemacht, aber sie hätte deutlicher raus stellen können, dass Lyrik und Kinder eben keine exotische sondern eine sehr geeignete Kombination ist. Bei unseren Kindern mache ich die Erfahrung, dass sie unfassbar viele Gedichte und Lieder auswendig können – v.a. bevor sie schreiben können. Es muss ja nicht immer Goethe sein. Peter Fox ist auch Lyrik und begeistert Kinder ohne Ende. Auch wenn es seltsam ist, Vierjährige singen:

Halb Sechs, meine Augen brenn,
Tret auf n‘ Typen der zwischen toten Tauben pennt
Hysterische Bräute keifen und haben Panik,
denn an der Ecke gibt es Stress zwischen Tarek und Sam:
Tarek sagt „Halt’s Maul,
oder ich werd dir ins Gesicht schlagen!“
Sam hat die Hosen voll, aber kann auch nicht nichts sagen –
Die rote Suppe tropft auf den Asphalt

(Peter Fox, Schwarz zu Blau, Stadtaffe)

2) Auch fand ich das Thema Kinder und Netz sehr interessant. Diese Idee alles zu filtern und nur bestimmte Inhalte zugänglich zu machen, ist vielleicht ein guter Einstieg. Ab einem gewissen Alter, schützt man seine Kinder auf diese Art jedoch vor gar nichts mehr. Da geht es dann tatsächlich um Verständnis und Vertrauen schaffen. Vertrauen, dass die Kinder eben bestimmte Inhalte nicht (oder nicht zu viel konsumieren). Irgendwie finde ich es seltsam Kinder in so eine künstliche Blase zu setzen und sie nicht wirklich fit für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Netz zu machen.

Ich stelle mir immer vor, dass das wie damals mit dem Fernsehen ist. Da gab es drei Sender und feste Kindersendungensendezeiten. Ich durfte Wickie, Heidi und Captain Future sehen und fertig (OMG! Ich bin ausschließlich mit Animes groß geworden!!!) Damit haben meine Eltern meinen Fernsehkonsum inhaltlich wie zeitlich reguliert. (Als Analogie zum gefilterten Netz) Andere Kinder, bei denen ich zu Besuch war, durften entweder anderes anschauen oder aber sie taten es in Abwesenheit der Eltern einfach. Natürlich habe ich aus Neugierde und Gruppendrang auch Verbotenes gesehen (Teufelswerk Videorekorder!). Allerdings war ich wirklich zart besaitet. Mit neun habe ich Gremlins gesehen und wochenlang Nachts furchtbare Angst gehabt. Allerdings konnte ich nicht zu meinen Eltern, weil ich ihnen ja nicht sagen konnte woher meine Ängste kommen. Solche Situationen möchte ich meinen Kindern ersparen und ansonsten hoffe ich, dass sie sich vernünftig selbst regulieren. Ich habe nämlich sonst immer alleine den Fernseher aus gestellt, wenn etwas für mich Gruseliges kam. Irgendwie haben es meine Eltern geschafft mir gute Antennen zu verleihen, so dass ich einschätzen lernte, was für mich geeignet ist und was nicht.

Deswegen hoffe ich, dass wir unsere Kinder vernünftig an das Netz heran führen. Sie lernen damit für die Schule zu arbeiten und Informationen zu recherchieren, die sie interessant finden. Auch sollen sie lernen, dass Informationen gegengecheckt werden. Nicht alles, was in der Zeitung oder in der Wikipedia steht, ist richtig. Über Wikipedia und Co. hinaus lernen wir gemeinsam Seiten kennen, welche die Form von Unterhaltung bieten, die sie sich wünschen. Das Thema soziale Netze spielt aufgrund des Alters noch keine Rolle. Was den Konsum angeht, finde ich es am Anfang sinnvoll Kinder an einen Wohnzimmer-Rechner zu setzen und ihnen nicht gleich einen Computer im eigenen Zimmer zur Verfügung zu stellen und dann leider auch – sich als Erwachsener mäßigen (z.B. Handy beim Essen aus stellen).

Mich interessiert trotzdem: Wie geht ihr mit dem Thema Internet und Kinder um? Einen Eintrag dazu habe ich bei Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach gefunden.

3) Der Titel der Sendung lautete „Mama-Blogs und Papi-Foren“. Irgendwann kam die Frage nach den Männern bzw. Vätern. Es gäbe ja so viele Mama-Blogs und so wenig Papa-Blogs. Habt ihr auch den Eindruck? Ich nicht. Mir fallen spontan ein:

Herzdamengeschichten
How To Be A Dad
Made by Joel
Die Olsenban.de
Grindblog mit zugehörigem Twitteraccount

Wobei natürlich einige der Links keine Papa-Blogs in dem Sinne sind, dass sie sich nur mit dem Vatersein und dem Kinderhaben beschäftigen. Aber dann hätten sie mich nicht einladen dürfen. Ich empfinde mich überhaupt nicht als Mama-Blog. Ich schreibe über alles was mich interessiert und da meine Kinder im Moment einen großen Teil meines Lebens einnehmen und auch dankbare Geschichtenprodzenten sind, ist hier im Moment viel über Kinder zu lesen. Die meist gelesenen Artikel im letzten Jahr waren aber:

FDP Wahlplakate
Internetabhängig. Ich so – aus Gründen
Über die Psychologie von Katzenpostings
Gastarbeiter und Döner-Morde

Ode an meine kinderlosen Freundinnen

Wenn mich eine kinderlose Freundin das 200. Mal hintereinander anruft, obwohl ich hoch und heilig versprochen habe, mich mal zu melden „wenn es ruhiger ist“, verspüre ich tiefe Dankbarkeit. Meistens meine ich die Dinge, die ich schreibe, ironisch. An dieser Stelle muss deutlich gesagt sein: Diesmal nicht. Ich bin meinen lieben, kinderlosen Freundinnen wirklich, wirklich dankbar, dass sie mich nicht vergessen und sich regelmäßig melden, mich zuhause besuchen kommen oder mit mir ins Kino gehen, obwohl ich sieben Mal kurzfristig absage und meistens während des Films einschlafe.

Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Einer seltsam mutierenden Freundin Freundin bleiben.

Ich stelle mir das so vor: Eines Tages verkündet Freundin R., mit der ich regelmäßig shoppen und Käffchen trinken gehe, freudestrahlend, dass sie sich eine Nacktmullzucht zulegen wird. Ich glaube nicht so recht an die Ernsthaftigkeit ihres Vorhabens und bin verwundert, als sie sich einige Wochen später meldet: Der erste Nacktmull ist da. Kommst Du mich besuchen? Wir freuen uns so sehr.

Aus Höflichkeit gehe ich in ein Fachgeschäft für Nacktmulle und kaufe ihr einen Nacktmullkauring mit Wurzelgemüsengeschmack. Bereits als R. die Tür öffnet, schwant mir seltsames. R., die sonst ganz passabel aussieht, erscheint ungekämmt in Jogginghose. Im Hintergrund höre ich seltsame Geräusche. „Unser Nacktmull Otto“, strahlt R. und hält ihn mir unter die Nase. Ich lächele.

Wir gehen ins Wohnzimmer und sie berichtet über die Schwierigkeiten und Besonderheiten der Nacktmullpflege. „Wußtest Du, dass Nacktmulle nie trinken? Sie haben wahnsinnig effiziente Nieren und nehmen die ganze Flüssigkeit über die Nahrung auf“, während sie mir das erzält, pürriert sie stinkende Pflanzenknollen „Ziemlich teuer, wachsen nur in den Halbwüsten Ostafrikas“.  Otto hat noch keine Zähne.

Meine Freundin R. sieht erschöpft aus. Nacktmulle sind nachtaktiv. „Wenn man was von ihnen haben will, muss man nachts aufbleiben.“

So geht das zwei Jahre und eines Tages ruft R. wieder an und sagt, dass Otto jetzt groß genug ist und sie einen zweiten Nacktmull kaufen werden. Als ich sie wieder besuche, hält sie mir ein weiteres dieser seltsamen Wesen unter die Nase. „Sieht er nicht süß aus?!“ Für mich sieht ein Nacktmull aus wie der andere, aber ich nicke.

So ist das mit R. jahrelang. Ab und zu kommt ein neuer Nacktnull hinzu oder die alten entwickeln neue Macken.

Trotzdem sind wir weiter Freundinnen – R. und ich.