Vergangene Woche als wir in Kreuzberg waren und uns von dem schnuckeligen Studenten gleich zwei Zeitungsabos haben aufschwatzen lassen, bekamen wir als Anerkennung unserer Doofheit die Zeitschrift SZ Wissen geschenkt. Die befindet sich nun als wissenserweiternde Lektüre in unseren sanitären Anlagen.
Dort habe ich gelesen, dass Mozart gar kein Wunderkind war, sondern lediglich Produkt seines überehrgeizigen Vaters und ausreichender Übung. Man hat in diesem Kontext nachgewiesen, dass man anhand der Übungsstunden von Musikstudenten deren späteren Beruf vorhersagen kann. Wer zu Beginn des Studiums weniger als 7.500 Übungsstunden vorzuweisen hat, wird Musiklehrer. Alle die darüber liegen werden Berufsmusiker.
Diese Feststellung finde ich höchst interessant, verheißt sie doch, dass man mit ausreichender Druck und Schlägen Übung aus jedem Kind ein Wunderkind machen kann.
Bei den eigenen Kindern steht das ohnehin außer Frage. Da ist schon jede Windelfüllung ein Wunder, dass es zu preisen gilt. Bei Kindern, die nicht mit dem eigenen wertvollen Genmaterial gesegnet sind, muss man eben nachhelfen.
Glücklicherweise ist das Kind meines Freundes jedoch so talentiert, dass entsprechende Maßnahmen nicht notwendig sind. Es ist vergangene Woche gleich in die Fußstapfen von Camus, Satre und Heidegger getreten, indem es sich mit dem Absurden beschäftigt hat. Das Absurde wird gemeinhin definiert als vordergründige Widersinnigkeit, dem der menschliche Verstand entgegen seiner Gewohnheit keinen Sinn zu verleihen mag. Diese Tradition fortführend hat das Kind folgenden großartigen Witz erfunden:
Sitzt ein Auge auf dem Baum und isst Stühle.
Autor: dasnuf
Wider deMM Umfüllwahn
Wer hat den Menschen eigentlich die Idee eingepflanzt, dass Dinge umgefüllt werden müssen? Täglich verbringe Zeit damit, Dinge von Verpackung A in Gefäß B zu füllen. Nicht nur dass das zeitaufwändig und nervtötend ist, nein, man gibt auch noch zusätzlich Geld für die Umfüllbehältnisse aus.
Es würde mir ja noch einleuchten, wenn man damit einen ästhetischen Gewinn hätte. Weil z.B. die Kaffeeverpackung hässlich ist, füllt man den Inhalt in eine hübsche Kaffeedose um. So funktioniert das theoretisch. Die Realität sieht jedoch anders aus. Schon mal aufgefallen, dass der Kaffee aus der Tüte niemals komplett in die Dose passt? Also steht 1/3 der Zeit eine aufgerissene Verpackung plus eine Dose im Regal.
Genau das selbe mit dem Nachfüllkram. Wieso hat das Fensterreinigungsspritzfläschchen ein Fassungsvermögen von 0,5 Liter, der Nachfüllbeutel aber eines von 0,7 Liter?
Früher hat das alles noch Sinn gemacht. Da ist man in den Tante Emma Laden, wo es nur den 25 kg Mehlsack gab und hat sich was abfüllen lassen, was man dann zu hause in das Regal mit den kleinen Vorratsschubladen geschüttet hat. Heute macht diese Umschütterei wirklich keinerlei Sinn mehr. Manchmal habe ich das Gefühl mein Leben ist ein einziges Umfüllen. Vom Kaffeeleinensack in die 500gr Tüte, von dort in die Kaffeemühle, von dort in die Kaffeedose, von dort in den Kaffeeautomat, von dort in Müll und Rachen, etc.
Ab morgen esse ich die Kaffeebohnen direkt vom Strauch und hole mir die Milch ohne Umwege aus der Kuh.
Lügen
Übrigens eine Lüge ist eine Aussage, von welcher der Sprecher weiß, dass sie unwahr ist. Meistens wird gelogen, um einen Vorteil zu erlangen. Eine Täuschung hingegen kommt ohne Falschaussage aus.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf folgenden Beitrag hinweisen. Eine superlustige Gesprächsrunde. Es lohnt sich die 29 Minuten durchzuhalten. Ab Minute 25 jagt ein Knaller den nächsten. Quasi wie das Feuerwerk bei der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs zu Berlin.
Rosige Zukunftsaussichten
Manchmal habe ich böszungige Gedanken und das obwohl ich mich vordergründig sogar als glücklich und ausgeglichen bezeichnen würde. Z.B. saß ich gestern an einem großen gedeckten Tisch mit Freunden. Die Kinder hampelten unter dem Tisch herum und wir stopften und rund zwei Stunden Steak um Steak rein. Während ich also freudestrahlend in die Runde blickte, kam mir plötzlich in den Sinn, wann wir uns alle wieder scheiden lassen. Nicht dass wir im Moment verheiratet wären. Aber nach der schlagartigen Vermehrung im letzten Jahr folgt konsequenterweise das amtlich anerkannte Jawort.
Bei so was reicht es meistens, dass ein Paar den erste Schritt wagt. Ist diese Schwelle erst mal überschritten, so greift das Heiraten wie eine ansteckende Krankheit um sich.
Im Moment grillt man ja gemeinsam. Vater, Mutter, Kind. Ich schätze, wenn wir um die 40 sind, dann isst man wieder nur Salat, weil die Kerle mit irgendwelchen Tussis rummachen, die ihnen versichern schon zwanzig zu sein. Dann sitzen wir Frauen da, bestimmt alle mit dem 2. Kind im Vorschulalter, mümmeln Salat und lästern über die Typen. Dabei haben wir alles gegeben. Unsere Karriere, unsere Jugend, sogar den Humor und die Lebensfreude.
Dann verbringt man zehn neurotische Jahre mit den Kindern, bis die einen ebenfalls genervt verlassen. Am Ende bleibt dann nur noch das Haustier. Wenigstens gelingt da den wenigsten die Flucht.
Liebe Regierung mit Deinen tollen Förderprogrammen,
wie ich höre, förderst Du in den Bundesländern in denen es pro eine Million Einwohner nur einen Kindergarten gibt, das Tagesmuttersein. An sich eine super Idee. Da wird sich so manch Akademikerin, die nicht ganz ohne Aufgabe und Einkommen bleiben möchte, sicherlich entschließen, Tagesmutter zu werden. Was ein bisschen doof ist, ist was Du dafür zahlen willst. 420 Euro pro Kind, das man nimmt, wobei die Tagesmutter auch noch Windeln und Essen für die Racker kaufen muss.
Vorher muss man die eigene Wohnung nach Din Norm kindersicher machen. Kostet auch nur ein Paar Tausend Euro.
Um diese Ausgaben wieder rein zu holen und sich selbst auch ein bißchen Geld am Ende des Monats abzwacken zu können, lohnt sich die Sache erst ab fünf Kindern. Besser sind natürlich zehn oder zwanzig.
Die gebildete Akademikerin ist natürlich nicht dumm. Subventionen gibt es in anderen Bereichen der Wirtschaft zuhauf. Da kann man sich leicht was abschauen. Kindererziehung nach neuesten Erkenntnissen und mit den modernsten Mitteln der Technik, soll hier nur als Stichwort genannt sein.
Man spart eine Menge Geld und Arbeit wenn man die Kleinen z.B. nackt in einem gekachelten Raum mit Gitterboden aufzieht. So entfällt das lästige Windeln, da das Unterbodengitter lediglich einmal am Tag ausgespritzt werden muss. Wem das zu viel Arbeit ist, der stellt sich dafür einen Eineurojobber ein. Das wird ja auch gefördert.
Den Fenchel- und Kamilleetee gibt es aus der Hamstertränke, den Brei spritzt man direkt vom Bottich keimfrei in den Trog. Zur Charakterbildung werden die Kinder mit Klassik beschallt.
Mit der Sozialisation wird es dann leider nichts werden. Aber wer ein Steak aus der Massentierhaltung in die Pfanne wirft, der erwartet ja auch nicht, dass er was für seine Gesundheit tut, nicht wahr?
Lichtshow in Begleitung
Die Eröffnung des Stadtbahnhofs am Donnerstag hatte mir besser gefallen. Freie Sicht auf den Bahnhof, kein Regen und nicht diese schreckliche Musik.
Nichtsdestotrotz muss man als guter Berliner natürlich bei jedem Event dabei sein. V.a. ich; seit ich 1996 Halebob verpasst habe, raffe ich mich zu allen Ereignissen auf, von denen ich später im Seniorenheim täglich drei Mal den Zivis berichten kann. Also bin ich am Freitag los gegangen, um dem Spektakel erneut beizuwohnen. Diesmal mit 499.999 anderen.
Schon die Hinfahrt war ein Erlebnis. Warum den weiten Weg nach Tokio auf sich nehmen, wenn man so was in der Heimatstadt haben kann? So fuhr ich mit dem Gesicht in den Brusthaaren eines brandenburgischen Bodybuilders versunken mit der S-Bahn Richtung Friedrichstraße, um dort dem nicht enden wollenden Menschenstrom zum angekündigten Lichtspektakel zu folgen. Sensationell war das. Hochgerechnet liefen rund vierzig Leute pro Sekunde an uns vorbei und verschwanden irgendwo. Ich nehme an, hinter dem Hauptbahnhof am Horizont hört die Welt auf und die armen Menschen, die ich weiter als wir wagten, fielen alle hinten runter. Wie Lemminge, die Armen.
Die Verbleibenden blieben auf den Brücken stehen und starrten Richtung Bahnhofsgebäude. Sehen konnten wir und 20 andere um uns herum nichts. Eine starrköpfige alte Frau und deren Sohn hatten sich mit aufgespannten Sonnenschirmen in der ersten Reihe der Brücke platziert. Man bat sie rund zehn Mal den Schirm ein wenig herunter zu nehmen, doch das sture Weib hielt den Schirm wortlos höher. Die drei Teenagergören hinter mir machten es geschickter. Die suchten sich kräftige Kerle, die sie hoch heben durften und riefen dann voller Begeisterung „Ey voll geil!“ oder „Woah, Alter, krass!“ und gaben den Umstehenden das Gefühl Teil an etwas Großem zu sein. Vorne wurde Feuerwerk in den Himmel geblasen und ich meine, ich habe zu Freude schöner Götterfunken Mehdorn persönlich im Tütü über das Wasser tänzeln sehen. Zum Abschluss der Lightshow wurden die Top-Manager in die Luft geschossen und das ganze Volk applaudierte. Ein rarer Moment für die Bahn, denn schon wenige Sekunden später entbrannten die Diskussionen über das unmögliche neue Verkehrskonzept.
Sicht für die anderen
Sicht für uns
Gebrauchsanweisung für eine wohlriechende Wohnung
Früher hatte ich das Problem mich leicht aufzuregen. Seit schätzungsweise fünf Jahren gehe ich nur zu einem sehr begrenzten Themenspektrum in die Luft. In einer Aufregensskala von 10 (fieses Herzklopfen, Kehle zusammenschnüren, rumschreien, heulen) bis 0 (Blutdruck bleibt bei 70/100), schaffe ich es bei ernsten Sachen gerade mal auf eine gute 7 und das auch nur in Ausnahmefällen. Meine Schwester sagte mal, ich sei so eine Trantasche, dass man neben mir einschläft meine Aura sei irgendwie total beruhigend.
Ich habe mir wegen meiner Unfähigkeit mich wirklich aufregen zu können bereits Sorgen gemacht. Man sieht schließlich überall, wie sich Menschen aufregen und fühlt sich so außen vor, wenn man nie mitmacht.
Gestern kam die Erlösung. Mein erster Wutanfall seit unendlicher Zeit. Das schlimme daran, ausgelöst durch eigene Unachtsamkeit. So was kann ich gar nicht leiden! Ich will andere, die verantwortlich sind, damit ich die anschreien kann!
Folgendes Missgeschick ereignete sich: Beim Griff nach meiner Haarbürste, riss ich mein vor zwei Wochen erstandenes, unfassbar teures, noch sehr volles Parfum auf den Boden. Das passiert mir regelmäßig mit den Flakons. Nur ist noch nie eins zerbrochen. Nur dieses eine verf*****, überproportional teure Teil muss natürlich genau in der Mitte zerbrechen und sich in Millisekunden über den Badezimmerboden ergießen.
Ich halte das für ein Zeichen. Mein ganzes Leben habe ich sparsam, ja knauserig gelebt. Den einzigen Luxus, den ich mir seit ein Paar Jahren leiste, ist meine Putzfrau. Sonst gebe ich nie sinnlos Geld aus. Ich habe keinen Laptop, keinen Fernseher, kein Auto. Ich mache nie Urlaub im Hotel. Ich verreise nie spontan. Ich kaufe mir keine Markenklamotten. Um ehrlich zu sein, ich kaufe mir nicht mal Lederhandtaschen. Ich hardere mit mir um jeden Cent. Und einmal EINMAL gebe ich total sinnlos Geld aus (45 € für 25 Milliliter Eau de Toilette!!!) und dann fällt dieses Mistteil auf den Boden und zerspringt, mir zum Hohn, in zwei Teile.
Wie Rumpelstilzchen bin ich durch die Wohnung gelaufen. Hätte gerne jemanden gewürgt, irgendwas anderes zerstört und mir vor Wut die Haare gerauft. Mein Freund beobachtete das Schauspiel interessiert und gab mir zu bedenken, dass auch was schlimmeres hätte passieren können.
Ist klar! Die Glasampulle hätte auf das Waschbecken fallen können, ein Glassplitter hätte mir ins Auge springen können, ich hätte erblinden können, ich hätte außerdem auf dem Parfum ausrutschen können, mit dem Nacken gegen die Badewanne stützen können etc. pp.
Donnerstag, der 25., das war eben nicht mein Tag. Nach diesem Vorfall habe ich mir noch versehentlich zwei Strumpfhosen zerrissen, auf die Zunge gebissen, einen Absatz abgebrochen, meine Finger verbrannt und stand um 22.30 Uhr alleine vor dem Lehrter Bahnhof
und wunderte mich, wo denn jetzt das angekündigte Feuerwerk samt Lichtshow bleibt.