Korrelationen

Wo doch das Thema Autofahren gerade in ist … wer gelegentlich in Brandenburg Auto fährt, dem wird aufgefallen sein, wie waghalsig so mancher Zeitgenosse fährt. Nicht umsonst hat der ADAC im Westen die Alleen komplett abgeholzt. Schließlich neigen Bäume dazu ab Tempo 160 in die Fahrbahn zu springen.

Jedenfalls scheint es ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, das lautet: Wenn vor Dir ein Kleinwagen fährt, fährt er langsam. Schau nicht auf Deinen Tacho. Sei Dir sicher, er ist langsam wie eine Schnecke.

Deswegen wird man gedrängelt bis zum geht nicht mehr. Auch wenn man schon schwitzend die Tachonadel bis 120 gejagt hat. Im Rückspiegel nähert sich unaufhörlich der Hintermann. Man kann schon die roten Äderchen im Inneren seines Auges sehen. Sein Atem beschlägt bereits die eigene Heckscheibe.
Einen ähnlich provozierenden Charakter scheinen Absätze zu haben. Wenn ich mit Absätzen Fahrrad fahre, werde ich grundsätzlich überholt. Selbst die schwer schnaubende Oma in Gesundheitschuhen zieht böse blickend an mir vorbei. Ich habe sie mit meinen Absatzschuhen schließlich provoziert. „Entschuldigung!“, rufe ich hinterher. Doch sie kann mich nicht hören, denn meine Stimme wird von dem Fahrtwind der anderen siebzehn Fahrradfahrer weggetragen, die ebenfalls an mir vorbei rasen.

Hätte ich Turnschuhe an, führen sie alle hinter mir. So ist das auf brandenburgischen Straßen wenn man einen Mittelklassewagen aufwärts fährt.

Allee

Co-Betteln

Bud hats je endlich laut ausgesprochen. Wir anderen, wir sind doch alle neidisch, dass sich unser Zahnschmelz vor Zähneknirschen abgereibt.
Malcom nutzt die ganze Sache als Chance. Eine hübsche Referenzliste hat er dazu auch erstellt, mit der ich gerne konkurriere. Es muss auch kein Lexus sein. Ich nehme irgendwas und lobe es in den Himmel. Hauptsache kostenlos.

* Seit ich 22 bin, fahre ich unfallfrei
Das liegt vermutlich daran, dass ich seit ungefähr dieser Zeit gar nicht mehr Auto fahre. Mein erstes und einziges Auto war ein Trabi-Kombi in Panamagrün mit Nebelscheinwerfern und Anhängerkupplung. Ich habe ihn mit dem Erhalt meines Führerscheins durch einen Bekannten, der Verbindungen in den Osten hatte, für 400 DM erworben.
Da ich zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr zu hause wohnte, war ich plötzlich sehr beliebt in meiner Schule. Leider ist mir der Auspuff insgesamt drei Mal abgefallen. Die Abgase im Innenraum des Autos verringerten meine Popularität so deutlich, wie das bloße Vorhandensein des Autos sie aufgewertet hatte.
Auch habe ich gelegentlich Abstände nicht ganz richtig eingeschätzt. Der Trabi hatte dieses schöne Feature Einparkhilfe, wie man es beim 7er BMW kennt, leider nicht. Das Auto zierten also diverse Abdrücke von Hausecken, in die ich leider fuhr, als ich parken wollte.
Des weiteren bin ich einen Sommer lang den Nissan King Cups meines damaligen Freundes gefahren. Auch hier habe ich diverse Hindernisse übersehen und bin kleine Mauern, die ich fälschlicherweise für Bordsteine hielt, hoch gefahren. Mein damaliger Freund hat das ganze mit lauten Geschrei akustisch untermalt und wird jederzeit bestätigen, dass ich was das Hindernisse um und anfahren geht, sehr wagemutig bin.

* Ich wurde noch nie mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt
Mein Trabi hatte 28 PS. Einmal, als ich einen sehr langen Berg runter fuhr, zeigte mein Tacho 110. Schneller bin ich nie gefahren. Es bleibt fraglich, ob ich tatsächlich jemals so schnell gefahren bin. Als der Tachometer diese Geschwindigkeit anzeigte, wurde ich parallel von einem Roller überholt.

* Ich habe noch nie einen anderen Autofahrer angehupt
Dem entgegen habe ich auf dem Dorf mit großer Begeisterung meine Nebelleuchten dazu eingesetzt, um bei Proll-Golffahrer den Anschein zu erwecken, ich sei einer von ihnen.

* Ich rauche nicht mehr in Autos
Hauptsächlich weil ich weder rauche noch Auto fahre.
Als ich noch rauchte, fuhr ich auch noch Auto, Mein Trabi hatte elegante Pelzsitze, die sich als gut brennend herausstellten. Auf dem Weg zum Flohmarkt nach Fürth fiel mir mal eine Zigarette zwischen die Beine. Das Fell unter meinem Hintern begann nach wenigen Millisekunden zu kokeln. Meine geistesgegenwärtige Beifahrerin reagierte und bewahrte mich vor dem Verbrennungstod indem sie mir den Inhalt ihrer gerade geöffneten Flasche Cola zwischen die Beine schüttete. Ich trug eine hellbeige Hose. Die Blicke auf dem Flohmarkt werde ich nie vergessen.

* Ich berichtete des öfteren über diverse Produkte und bin mir sicher dadurch einen hohen Zulauf erreicht zu haben
Yo, z.B. ist sowohl das Rasiergel für Frauen als auch die Sommerstrumpfhose bei Tchibo restlos ausverkauft.

Alle Referenzen des Herrn Malcom in Ehren, aber verdient hätte ja wohl ich das Auto oder?
Ich meine, das hat doch Vollkasko?
Oder?

Der wilde Osten

Wer nach Wandlitz fährt, der sollte auf jeden Fall einen kurzen Stopp im Café Nostalgie, in der Bonner Straße 5, einplanen. (Auch ein toller Ausflug, wenn man z.B. gerade ein Auto hat und nicht weiß, was man damit machen soll.).
Das Café Nostalgie ist auf jeden Fall eine Reise wert. Schon das Eingangsambiente verleitet zu nichts anderem als einem sofortigen Niederlassen. Vom staubigen und mit Schlaglöchern durchsähten Parkplatz schreitet man durch eine in dunkelgrün gehaltenen Rankenbogen. Zu dessen Füßen verkümmern kleine Rosensträuche. Der Außenbereich ist in dem gärtnergrünen Plastikexterieur gehalten.
Das wahre Wunder erlebt man erst mit Eintritt in die Innenräume. Man findet den Boden gepflastert mit schätzungsweise 700 verschiedenen Orientläufern. Kein Stuhl, kein Tisch sieht wie der andere aus. Jedes Fenster, jede Tür wird umrahmt von mindestens fünf verschiedenen Vorhangvarianten. Man findet hier alles vom schweren Samtdeko bis hin zum zarten Blütenspitzenvorhang.
Wer es wagt, sich auf ein gemütlich aussehendes Sofa zu werfen, wird schnell erkennen, wie schmerzhaft Sprungfedern sich in Haut und Knochen bohren können.
Während man auf die Bedienung wartet, die schweißtriefend umher rennt, kann man sich in der reichhaltigen Karte orientieren. Auf gut zehn Seiten wird Köstlichkeit nach Köstlichkeit angepriesen. Es gibt mindestens zwölf verschiedene Kuchensorten.
Verköstigt haben wir die Sachertorte und Omas Käsekuchen. Beides sehr zu empfehlen. Eher vorsichtig sollte man bei der Wahl der Getränke sein.
Ich selbst habe wagemutig einen Cappuccino mit Milchschaum und mein Freund hat einen Milchcafé bestellt.
Der Cappuccino mit Milchschaum stellte sich als Nescafe Fertigmix heraus, der durch die Zugabe von etwas Milchschaum beschönigt wurde. Beim Trinken gerieten immer wieder kleine Kafeepulverbröckchen in meinen Hals, die mir den ein oder anderen Gänsehautschauer verpassten.
Der Milchkaffee war eher so etwas wie ein schwarzer Tee in Kaffeetasse.
Darum rate ich dringend zum schnöden Wasser, was ohnehin viel besser mit den 4.000 Kalorien, die man aufgrund der Verköstigung des Kuchens zu sich nimmt, harmoniert

Auch an Kinder ist gedacht. Eine reichhaltige Eiskarte wird so manches Herz höher schlagen lassen. Unvergessen der Eisifanti und das Eisufo. Der Eisifant das sind zwei Kugeln dunkelbraunes Eis, welches durch ein Bisquittstäbchen geteilt werden (siehe Zeichnung). Wer sich das traut zu essen, der ist schon wer.

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Insgesamt wurden wir sehr freundlich und zuvorkommend behandelt. Der Kellner verbreitet eine angenehme Atmosphäre der Hektik und Unruhe, die einen jedoch nicht davon abhalten sollte, sich den Wandschmuck näher zu betrachten. Von selbst hergestellten Klumpen aus Salzteiggebäck über Bismarcksche Pickelhauben bis hin zum afrikanischen Speer ist hier alles geboten.
Besonders liebreizend empfand ich die Kronleuchter, die alle mit Energiesparlampen bestückt waren. Im Café Nostalgie wird einem also nicht nur jeder Wunsch erfüllt. Nein, man trägt auch Verantwortung für die Umwelt und die natürlichen Ressourcen.

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Verkaufstrick

Irgendwann war ich mal mit einem jungen Mann liiert, dessen Eltern verhältnismäßig wohlhabend waren. Zum ersten Kennen lernen ging es in ein feines Restaurant.
Das Restaurant war so fein, dass es unmöglich war, sich wohl zu fühlen. Jede Konversation, die über ein Wispern hinaus ging, empfand ich als proletisches Geschrei. Ich entschloss, möglichst gar nicht zu sprechen. Die eher spartanisch-verkrampfte Unterhaltung passte zudem ganz gut zu den eher übersichtlichen Portionen.

Für die Hauptspeise sollte es Hummer geben. Auf den hatte ich nicht besonders Lust, denn erstens finde ich es ein wenig seltsam Tiere lebend zu kochen und dann zu verspeisen und zweitens hatte ich in der Woche zuvor eine Kochsendung über Hummerzubereitung gesehen.
Dort schmiss der Koch einen sich verzweifelnd windenden Hummer in sprudelndes Wasser und holte ihn wenige Minuten später rot glänzend wieder heraus, um ihn der Kochsendungsmoderatorin zu präsentieren.
Er legte den jetzt schlappen Hummer auf eine Holzplatte vor die beiden und stach mit einem eispickelartigen Werkzeug in die Seite des Tierchens. Sofort spritzte der Moderatorin schleimiges Zeug ins Gesicht und der Koch jubelte: „Das ist Hummergrün! Eine Delikatesse!“, während er weiter in der Seite des Viehs popelte.
Die Moderatorin wischte sich den Glibber aus dem Gesicht und betrachtete ihn angewidert. Der Koch, in seiner Begeisterung über das Hummergrün fast überschäumend, wedelte mit einer mit Hummergrün gefüllten Suppenkelle vor der Moderatorin herum, die leise aufstieß und dann einen Brechanfall unterdrückend, eilig zum Wein lief, das erste Glas auf Ex herunter kippte und dann gequält lächelnd überleitete: „Nun, das mit dem Hummergrün ist wirklich SEHR interessant, aber was haben wir hier denn für einen köstlichen Weißwein?“

Diese Geschichte erinnernd wollte ich keinen Hummer essen und behauptete eine Meeresfrüchteallergie zu haben.
Den Vater des Freundes hielt das natürlich nicht davon ab, Hummer zu bestellen. Im Eingangsbereich des Restaurants gab es ein mächtiges Aquarium. Dahin wurde er geführt und durfte sich ein Exemplar aussuchen.
Er zeigte nicht lange zögernd auf ein recht stattliches Tier.
Der dicke Koch krempelte seinen Ärmel hoch und griff entschlossen ins Wasser. Der Hummer hatte sich die ganze Szenerie schon von innen mitangesehen und krabbelte zeitgleich mit Eintauchen der Hand eilig in die Mitte des Aquariums, wo sich eine Art Gitter befand.
Dort krallte er sich mit seinen Scheren fest.
Der Koch zog an dem Hummer. Der Hummer hielt sich unbeeindruckt fest. Der Koch zog und zerrte. Der Hummer tat so, als kümmere ihn das nicht. Und was soll ich sagen, nach gut zehn Minuten Kampf, gab der Koch entnervt auf und hieß den Vater des Freundes sich gefälligst einen anderen Hummer auszusuchen.

Diese Beobachtung war zweifelsohne das schönste am Abend. Beim Herausgehen schaute ich den Hummer noch mal an. Ich denke, er lebte schon seit Jahren in dem Aquarium, denn er war mit Abstand der größte von allen und wahrscheinlich suchte jeder Gast sich genau jenen aus.
Während die anderen umständlich ihre Jacken holten, nutze ich die Gelegenheit und flüsterte dem Hummer über die Wasseroberfläche zu: „Weiter so! Nur nie nachgeben!“

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P.S. Hummer und Quantenmechanik

Schreiben Sie doch mal was mit Prekarisierung

Prekarisierung ist entgegen meiner Annahme ein eher soziologisch geprägter Begriff. Allerdings finde ich den Begriff sehr geeignet ihn für ein psychologisches Phänomen zu benutzen, welches ich zwar zunehmend beobachten kann, jedoch bislang nicht benennen konnte.
Gemeint ist das seltsame Phänomen, dass Menschen trotz Wohlstandes und Sicherheit immer ängstlicher werden und sich immer mehr in den privaten Bereich zurückziehen. (Vielleicht gab es eine ähnliche Bewegung zur Weimarer Republik?)
Gemeint ist folgendes. Ein Großteil der Akademiker in Deutschland haben weder wirkliche finanzielle Not erfahren müssen, noch waren sie bislang auf Sozialhilfe und ähnliches angewiesen. Tatsächlich gibt es in der Mittelschicht viele kinderlose Doppelverdienerhaushalte.
Zusätzlich sichern diese Menschen sich mit einigem Eifer alles ab, was geht: Berufsunfähigkeit, Pflegezusatz, private Rentenvorsorge, Haftpflicht, Hausrat etc.
Dennoch ist es nie sicher genug. Nie sicher genug für Kinder. Nie sicher genug für größere Investitionen. Nie sicher genug für die Zukunft.
Man begibt sich allzu gerne in im Grunde unerträgliche Arbeitssituationen. In denen man sich beispielsweise irgendwann erfolgreich eingeredet hat, dass es völlig normal ist, täglich mehr als 10 Stunden zu arbeiten, am Wochenende ins Büro zu gehen, mehrere Tausend Kilometer pro Woche zwischen den einzelnen Einsatzorten zurückzulegen, jahrelang keinen Urlaub am Stück zu nehmen, den Wohnort zu wechseln etc.
Dabei ist es meist nicht mal so, dass man im Gegenzug für solche „Opfer“ ein besonders hohes Gehalt oder eine wirkliche Arbeitsplatzsicherheit bekommt.
Die wenigsten, die ich kenne, haben beispielsweise unbefristete Verträge mit dreimonatigem Kündigungsschutz. Die meisten haben befristete Verträge mit ein bis zwei Wochen Kündigungsfrist. Wenn überhaupt! Gerade in bestimmten Berufskreisen ist es beliebt Leute zu einem Hungerlohn als Praktikanten oder als „Freelancer“ mit Niedriggehalt ohne Kranken- und Rentenversicherung für 40 Stunden pro Woche einzustellen.
Doch selbst wenn man einen unbefristeten Vertrag hat, Sicherheit gibt das im Zeitalter des Stellenabbaus nicht. Berufseinsteiger und Kinderlose fallen schnell Sozialplänen zum Opfer.
Die meisten Konzerne, die sich Preise für Familienfreundlichkeit verleihen, sind in der Regel nicht wirklich familienfreundlich. Teilzeit ist nur unter großem Druck möglich. Reduzierte Arbeitszeiten (70% Stellen u.ä.) bedeuten weniger Geld bei 100% Arbeitszeit – sonst nichts.
Vom Umgang mit potentiell sich im gebärfähigen Alter befindlichen Frauen ganz zu schweigen.
Ich könnte noch Romane darüber schreiben. Was ich aber sagen will ist folgendes: Ist es nicht seltsam, wie unsicher wir uns fühlen? Und das obwohl die meisten keine Nöte erleiden. Man gibt sich im Namen des Absicherns mit so manch widrigem Umstand ab.
Man kümmert sich um nichts, was einen nicht direkt betrifft und ergreift für nichts Partei, zudem neigt man zum seltsamen Rückzug ins Private. Dort beklagt man sein Schicksal, die mangelnde Lebensfreude und v.a. die düstere Zukunft.
Mit steigendem Druck wird man immer lethargischer und abgestumpfter und ganz am Ende schaut man auf seinen Lebenslauf zurück und fragt sich, warum habe ich das eigentlich so lange ausgehalten?
Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass Menschen lieber das bekannte Negative behalten als das Risiko einzugehen an ihrer Situation etwas zu ändern. Es scheint wichtiger zu sein, einen stabilen Erwartungshorizont zu bilden, bei dem alles genauso eintritt, wie man es vorhergesehen hat, als einfach mal einen Schritt ins Unbekannte zu wagen.