Kraft meines Studiums weiß ich natürlich, dass die Macht des Geistes in der Lage ist Berge zu versetzen. Außerdem habe ich Kinder. Verbinde ich diese beiden Umstände, erhalte ich ein völlig neuartiges Konzept, welches ich ab morgen vermarkten werde: Die Zigaretten-Fee.
„Raucherentwöhnung leicht gemacht! Ihr Partner raucht? Kein Problem. Bestellen Sie für nur 99 Euro die Zigaretten-Fee und in nur einer Nacht wird ihr Partner rauchfrei. Erhalten Sie außerdem ein kleines Trostgeschenk nach Wahl (Kosten werden separat berechnet).“
Ich mache dann eine Website mit coolen Bildern der Zigaretten-Fee. Eine 1,30 m große Gestalt mit Buckel und Monsterfüßen, die leicht nach Aschenbecher riecht. Sie hat Haare am Rücken und in den Ohren. Die Fingernägel sind gelb lackiert und die Haut faltig und grau.
Im Paket enthalten ein Countdownkalender, zum Wegstreichen der Tage bis zum Stichtag. Dann: Überraschung, nach dem Abendessen DING-DONG, es klingelt an der Tür, die Zigaretten-Fee ist da und fordert die restlichen Zigarettenvorräte ein. Danach durchsucht sie eigenständig gängige Zigarettenverstecke, krächzt ein Liedchen und verschwindet in der Abenddämmerung.
In der U-Bahn vertickt sie die Reste an andere Süchtige und verdient sich so ein Extrataschengeld.
Bei 23 Millionen Rauchern in Deutschland macht das schnell 2,27 Milliarden Euro für mich. Wieder mal einen Weg gefunden reich zu werden. Die Krankenkassenbeiträge sinken um 20%. Ich bekomme das Bundesverdienstkreuz und einen eigens für mich ausgelobten Nobelpreis. Nächste Woche dann der Solarien-Troll.
Kategorie: Experimente
Gibt es ein Kinoleben mit Kind?
Die Antwort lautet „ja“ und heißt Kinderwagenkino.
Alle, die nur ein Kind haben und beim Stillen noch auf Ruhe und Abgeschiedenheit achten, dürfen sich im Anschluss furchtbar echauffieren. Allen anderen, sei das Kinderwagenkino empfohlen.
Die Theorie des Anbieters besagt: Man kommt hin, das Baby schläft, man parkt es, der Film beginnt, man genießt den Film, der Film ist zuende, das Baby erwacht, man geht nach Hause.
Die Realität sieht ein klitzekleines bisschen anders aus. Die Babys schlafen nämlich genau bis der Film beginnt, dann werden sie wach und brabbeln, krakeelen, krabbeln, schütteln ihre Rasseln und quietschen ihre Entchen. Es wird geredet, gestillt, gefüttert, hinterhergekrabbelt, gewackelt, aufgestanden, rumgelaufen, gewiegt, gelegentlich rausgegangen und gewickelt.
Die Lautstärke des Films ist so weit runter geregelt, dass die Geräuschkulisse auch für Babys zu vertreten ist. Für die Erwachsenen Zuschauer bedeutet das: Flüstern, leises oder bedächtiges Sprechen der Filmfiguren ist leider nicht zu vernehmen, auch der Umstand dass man gelegentlich abgelenkt ist, weil man z.B. Spielzeug unter den Sitzen sucht, führt dazu, dass die Handlung im Wesentlichen aus dem Gesehenen und weniger aus dem Gehörten erschlossen werden muss. Magnolia oder Memento führt man sich also besser nicht zu Gemüte. Sehr geeignet sind inhaltslose Actionthriller sowie David Lynch Filme, da man hier auch mit guten Ohren und ohne Unterbrechungen ohnehin nichts versteht.
Richtig klasse ist der Umstand, dass die Sitzreihen soweit auseinander stehen, dass man ohne Probleme mit dem Kinderwagen rein kommt. Es gibt darüber hinaus eine Wickelkommode auf der Behindertentoilette und einen ebenerdigen Eingang im hinteren Bereich des Kinos.
Die Eintrittspreise sind in Kombination einer IKEA Family Card ein Traum und es gibt sehr leckeren (auch entkoffeinierten) Milchkaffee. Brownies, Birchermüsli und ähnliche Kohlenhydratbomben werden zu elterngeldfreundlichen Preisen angeboten.
So bekommt das Kino 98 von 100 möglichen Punkten. Die fehlenden zwei Punkte könnte sich das Kino verdienen, indem es auch bei Überlänge auf Pausen verzichtet bzw. die auf ein Minimum reduziert und direkt nach dem Film – also noch während des Abspanns – das Licht wieder anmacht. Alles in allem sehr empfehlenswert!
Mein Beitrag zum Weltfrauentag
Emanzipation heißt im 21. Jahrhundert bekannterweise, dass man als Frau arbeiten geht und sich parallel um Haushalt und Kinder kümmert. Wenn es irgendwie geht, repariert man auch das Auto und ist kompetenter Ansprechpartner wenn es um den Hausbau geht. Persönlich macht mir das nichts aus, denn ich habe einen Weg gefunden, die kosmische Balance der Gleichstellung zu erhalten, indem ich fest definiere was Frauen- und was Männerarbeit ist.
Da ich quantitativ mehr Aufgaben unseres gemeinsamen Lebens übernehme, feile ich seit Jahren an den qualitativen Dimensionen der wenigen, verbleibenden männlichen Domänen. So wie ich beispielsweise niemals den Müll runterbringe, gehe ich auch niemals in den Keller. Denn in den Keller gehen und Sachen hoch bringen, ist reine Männerarbeit.
Die Kellergestaltung hingegen ist ausschließlich meine Aufgabe.
Am Anfang hatten wir viel zu wenig Zeug – aber ein frei zugänglicher Keller ist einfach kein echter Keller. Also habe ich heimlich Kisten und Umverpackungen geholt und diese in den Keller gestellt. Besonders Spaß machen mir dabei waghalsige Konstruktionen. Ich stelle beispielsweise eine große Kiste mit einem Amboss auf einen wackeligen Stapel leerer, kleiner Kisten.
Darüber hinaus ist es so, dass man durchaus die meisten im Keller aufbewahrten Dinge einfach wegwerfen könnte. Mit dem Hinweis auf ebay, Flohmärkte oder Erinnerungsstücke erschleiche ich mir jedoch die Legitimation so gut wie alles im Keller zu horten. Auch lasse ich gerne bestimmte Dinge, die ich regelmäßig benötige, in den Keller bringen. Ich stecke sie dafür in Kisten, die unter keinen Umständen irgendeinen Hinweis auf ihren Inhalt geben dürfen (z.B. den Föhn in die Originalverpackung des CD-Players legen) und bitte meinen Mann möglichst wenn er mitten im Monatsabschluss steckt und erst gegen 22 Uhr nach Hause kommt, dass er sie wieder aus dem Keller holt.
Jeden 15. des Monats gehe ich runter und verteile Spinnweben, Öl und Zigarettenasche im Kellerraum. Alle zwei Monate zerschlage ich die Glühbirne, die für Licht sorgen soll und eine ebenfalls lohnenswerte Arbeit ist das Umsortieren von Kisten, die mein Mann selbst eingeräumt hat.
Etwas aus dem Keller zu holen kostet meinen Mann in zehn Minuten so viel Nerven als würde auch er 30 Stunden arbeiten gehen, sich um die Kinder kümmern und gleichzeitig den Haushalt schmeißen und schon sind wir gleichgestellt.
Ihr feiert Karneval, ich werde reich
Es ist nicht so, dass man sich langweilt wenn man in Elternzeit ist. Ich weiß Dinge eben nur gerne genau. Deswegen habe ich eine Woche lang unseren Papiermüll gewogen. Tatsächlich häufen sich wöchentlich 2,73 kg Pappe und ganze 1,71 kg Papier in unserem Haushalt an.
Da der Mann nicht sooo gerne Müll runter bringt und Elterngeld zwar toll – aber wie jedes Gehalt nicht unbedingt ausreichend ist – hatte ich gestern eine tolle Idee.
Ich loche unseren Papiermüll und verarbeite ihn zu Füllmaterial für Konfettikanonen. Diese enthalten 100 Gramm Schnipsel und kosten im Schnitt 2,50 Euro. Das bedeutet, dass man alleine mit dem reinen Papiermüll gut 45 Euro Umsatz machen kann. Aus dem Pappmüll formt man die schönen Abfeuerröllchen und die Kinder bemalen nach Schule und Kindergarten die Hüllen. Macht rund 30 Euro Reingewinn pro Woche – nur mit Eigenmüll! Gar nicht daran zu denken, wenn ich auch noch die Restmülltonne in unserem Hof nach Papier durchwühle. Unsere Nachbarn halten zum größten Teil nämlich nichts von Mülltrennung!
Kurzum: Bald bin ich reich!
Dönerbaby oder das Einmalklamott
Eltern kennen das. Das Baby strahlt doch kurze Zeit später stinkt es. Ab zur Wickelkommode also. Wenn man dort zum Windeln wechseln den Po anhebt, läuft das Baby oben aus. Manchmal fontänenartig. Die Windel ist schon geöffnet und während man das Mündlein trocken tupft, tunkt das Baby fröhlich die Füßlein in die flüssige Babykacke und stempelt die Wickelkommode. Hektisch greift man zum Tuch und poliert das gute Möbelstück, da pinkelt das Baby im hohen Bogen aufs elterliche Shirt.
Des Zen mächtig, putzt man das Baby, zieht einen neuen Body an als es gleich wieder reihert als gäb’ es kein morgen. Während man erneut den Body wechselt, kommt wieder dieses freundliche Drückgesicht und schon ist die Windel voll.
So kann man Stunden verbringen. Putzen, umziehen, wischen, anziehen, ausziehen, reinigen, anziehen, tupfen, ausziehen,… immerzu und immerfort.
Viel zu aufwändig. Ich habe jetzt den Einmalklamott erfunden. Am Montag kommt das Baby rein. Am Sonntag wird er gewechselt – dazwischen ritsch-ratsch wird nur Schicht für Schicht abgezogen.
Der Einmalklamott ist erhältlich in Supersuck (28 Lagen) oder Everydaypuke (7 Lagen). Kotzt, nässt oder verunreinigt sich das Kind, reißt man einfach eine Lage ab und fertig.
So startet das Baby jeden Montag prall wie ein frischer Döner in die Woche und endet am Sonntag quasi badefertig und nackt zum wöchentlichen Waschritual.Spart täglich vier Stunden Arbeit (umziehen, saubermachen, Wäsche waschen, aufhängen und in den Schrank räumen).
Ode an meine kinderlosen Freundinnen
Wenn mich eine kinderlose Freundin das 200. Mal hintereinander anruft, obwohl ich hoch und heilig versprochen habe, mich mal zu melden „wenn es ruhiger ist“, verspüre ich tiefe Dankbarkeit. Meistens meine ich die Dinge, die ich schreibe, ironisch. An dieser Stelle muss deutlich gesagt sein: Diesmal nicht. Ich bin meinen lieben, kinderlosen Freundinnen wirklich, wirklich dankbar, dass sie mich nicht vergessen und sich regelmäßig melden, mich zuhause besuchen kommen oder mit mir ins Kino gehen, obwohl ich sieben Mal kurzfristig absage und meistens während des Films einschlafe.
Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Einer seltsam mutierenden Freundin Freundin bleiben.
Ich stelle mir das so vor: Eines Tages verkündet Freundin R., mit der ich regelmäßig shoppen und Käffchen trinken gehe, freudestrahlend, dass sie sich eine Nacktmullzucht zulegen wird. Ich glaube nicht so recht an die Ernsthaftigkeit ihres Vorhabens und bin verwundert, als sie sich einige Wochen später meldet: Der erste Nacktmull ist da. Kommst Du mich besuchen? Wir freuen uns so sehr.
Aus Höflichkeit gehe ich in ein Fachgeschäft für Nacktmulle und kaufe ihr einen Nacktmullkauring mit Wurzelgemüsengeschmack. Bereits als R. die Tür öffnet, schwant mir seltsames. R., die sonst ganz passabel aussieht, erscheint ungekämmt in Jogginghose. Im Hintergrund höre ich seltsame Geräusche. „Unser Nacktmull Otto“, strahlt R. und hält ihn mir unter die Nase. Ich lächele.
Wir gehen ins Wohnzimmer und sie berichtet über die Schwierigkeiten und Besonderheiten der Nacktmullpflege. „Wußtest Du, dass Nacktmulle nie trinken? Sie haben wahnsinnig effiziente Nieren und nehmen die ganze Flüssigkeit über die Nahrung auf“, während sie mir das erzält, pürriert sie stinkende Pflanzenknollen „Ziemlich teuer, wachsen nur in den Halbwüsten Ostafrikas“. Otto hat noch keine Zähne.
Meine Freundin R. sieht erschöpft aus. Nacktmulle sind nachtaktiv. „Wenn man was von ihnen haben will, muss man nachts aufbleiben.“
So geht das zwei Jahre und eines Tages ruft R. wieder an und sagt, dass Otto jetzt groß genug ist und sie einen zweiten Nacktmull kaufen werden. Als ich sie wieder besuche, hält sie mir ein weiteres dieser seltsamen Wesen unter die Nase. „Sieht er nicht süß aus?!“ Für mich sieht ein Nacktmull aus wie der andere, aber ich nicke.
So ist das mit R. jahrelang. Ab und zu kommt ein neuer Nacktnull hinzu oder die alten entwickeln neue Macken.
Trotzdem sind wir weiter Freundinnen – R. und ich.
Systematik als Lebenskonzept
In „Mein Leben als Suchmaschine“ habe ich eine sehr gute Methode kennen gelernt, Dinge wiederzufinden. Der Autor, Horst Evers, filmt sich beim nach hause kommen und lädt den Film bei Youtube hoch. Wenn er sich später fragt, wo er den Haustürschlüssel abgelegt hat, schaut er sich den Film an – et voilà – schon hat er ihn wieder ausfindig gemacht.
Hätte ich auch so machen können, hätten wir seit jeher stabilen Internetzugang. Hatten wir aber nicht und so musste ich mir etwas noch ausgefuchsteres ausdenken. Das Ergebnis wird jeden Controller hoch erfreuen: Excel-Listen.
Ich erstelle Excel-Listen von potentiellen Aufbewahrungsmöglichkeiten. Beispielsweise heißt eine Liste 2010-01-28_Malm-Kommode_Flur.xls .
Die Spalten benenne ich nach den Schubladen. Z.B. Schublade 1 oben rechts, Schublade 2 oben links, Schublade 3 usw.. Plus Ablagefläche oben.
In den Zeilen werden die Gegenstände eingetragen. Z.B. Schwarz Wollmütze Mami, Lila Schapka Mami, Winterhandschuhe Kind 1.0 usw.
Wenn ich etwas entnehme, streiche ich die entsprechenden Gegenstände aus und wenn ich etwas hineinlege, lege ich neue Posten an.
Ich muss zugeben, es blockiert schon ein wenig das alltägliche Leben ABER ich finde mit Strg + F ALLES wieder. Selbst die Dinge, von denen ich nicht mal sicher weiß, dass ich sie besitze.
Einmal im Monat machen wir Inventur, um sicherzugehen, dass die Bestände korrekt sind.
Gegenstände, die seit mehr als einem Jahr nicht entnommen wurden, erhalten das Label „Erinnerungsstück“ oder „ebay“. Auf den Etiketten „Erinnerungsstück“ wird zusätzlich vermerkt an was das Utensil erinnern soll. Denn diese Information geht erfahrungsgemäß nach zwei bis drei Jahren in der Regel verloren.
So ist der Hausstand stets aktuell und im Falle einer Wohnungshavarie können wir der Hausratversicherung stets den neusten Stand vorlegen.
Die andere Hälfte des Lebens
Erziehung ist eine schwierige Sache. Irgendwann habe ich festgestellt, dass wir unseren Kindern die meisten Dinge nur beibringen, damit sie es generell können um die neu erlernte Fähigkeit wieder zu verwerfen oder um irgendwelchen absurden Gesellschaftsnormen zu entsprechen.
So z.B. die Fähigkeit Ordnung halten zu können. Da reicht es wirklich völlig, dass man es theoretisch könnte und gerne denke ich an die Studentenzeit zurück, in der mir böse Zungen schimmelndes Geschirr nachsagen.
Jedenfalls halten wir unseren Kindern selbstverständlich täglich den Ordnung-ist-wichtig-Vortrag. Als zu erwartende Reaktion schaltet unser Nachwuchs schon beim ersten Satz auf Durchzug und so verschwindet Spielzeug oft im Zimmernirvana und auch Kleidung reduziert sich auf wundersame Art und Weise relativ regelmäßig. (Ein weiterer Beitrag unserer Kinder für die stagnierende Wirtschaft in Deutschland übrigens).
Die Wahrheit jedoch lautet: Ordnung ist für die Katz und Chaos ist wunderbar. Persönlich räume ich zwischen 8 und 15 Uhr – wenn die Kinder außer Haus sind – gar nichts weg. Ich ahle mich in Unordnung, schaue zufrieden auf Geschirrberge, lasse Verpackungen rumliegen und öffne das Fenster, damit die Vögel die Brotkrumen vom Boden picken können.
Manchmal gehe ich sogar zum Kleiderschrank und zerwuschele meine Wäscheberge.
Pünktlich um 15.10 Uhr beginne ich aufzuräumen. Schließlich kommen die Kinder bald nach Hause. Wenn ich es mal nicht rechtzeitig schaffe, weil ich nach sechs Stunden fernsehen bei Pizza und Schokolade nicht zum Aufräumen gekommen bin, sammele ich einfach alles ein und räume es in unser fünftes Zimmer. Von diesem Zimmer haben wir unseren Kindern nichts gesagt. Die Gründe sind nahe liegend.
Manchmal verstecken wir uns auch einfach so im Geheimzimmer. Die Kinder irren dann rufend durch die Wohnung aber wenn man sich eine halbe Stunde ruhig verhält, fangen sie an sich selbst zu beschäftigen. Im Geheimzimmer haben wir zwei große Ohrensessel, W-LAN und einen Automaten mit Heiß- und Kaltgetränken. Fenster gibt es dort nicht. Wofür auch? Das Tageslicht würde nur den ganzen Schmutz und Unrat sichtbar machen und dann würden wir uns nicht mehr wohl fühlen.