Leider geil – Autokino

Total nicht pc: Autokino.

Um Deichkind zu zitieren:

Es tut mir leid doch
ich muss leider gestehen
es gibt Dinge auf der Welt
die sind – leider geil.

Autos machen Dreck,
Umwelt geht kaputt,
doch ’ne fette neue Karre is‘
leider geil.

In diesem Licht sind leider auch Autokinos zu sehen. Objektiv betrachtet gibt es kaum etwas unsinnigeres. Fünfzig Autos, d.h. ca. hundert Personen nehmen so viel Platz weg wie Tausend ohne Gefährt brauchen würden. Es ist kalt, die Sicht ist in jedem Fall schlecht. Entweder weil man in der ersten Reihe steht und somit zu nah an der Leinwand ist oder aber weil man nicht in der ersten Reihe steht und ein anderes Auto vor einem die Sicht versperrt. Außerdem hat man natürlich vergessen die Windschutzscheibe zu putzen. Im Auto selbst ist es unbequem, egal wie weit man die Sitze nach hinten stellt. Über den Umweltaspekt möchte ich mich gar nicht auslassen. Natürlich ist Autokino alles andere als zeitgemäß. Man merkt das auch an den Automatismen in der Autoelektronik. Wir mussten z.B. alle zwanzig Minuten das Auto neu starten, weil es über einen Energiesparmodus verfügt, der die komplette Elektronik und somit auch Radio (über das der Ton kommt) abstellt. Nebendran das Auto hatte ein ähnliches Problem wegen der Tageslichtautomatik, die sich nicht ausstellen ließ. So starteten also zeitversetzt alle zwanzig Minuten die Autos ihre Motoren und brummelten kurz eine Weile vor sich hin.

Dennoch – als nostalgischer Mensch fand ich das Autokino natürlich toll. Ich erinnerte mich an meine frühe Kindheit als meine Eltern mit mir auf den Rücksitz Ende der 70er Jahre ins Autokino gefahren sind. Mir fielen wieder die runtergekurbelten Autoscheiben ein und die großen silbernen Lautsprecher, die man ins Auto hängte. Es war kalt und dunkel – aber es gab Popkorn und ich hatte eine Decke, in die ich mich einkuschelte. Ich habe keine Erinnerung an die Filme, die meine Eltern gesehen haben, aber mir gefiel es bei ihnen zu sein und die Geräuschkulisse wirkte beruhigend auf mich. Ich schlief relativ schnell ein und wachte meist erst wieder auf, wenn meine Eltern zuhause waren und mein Vater mich vom Auto in die Wohnung trug. Den Schlafanzug hatte ich schon im Autokino an.

Nach dieser Zeit war ich insgesamt zwei Mal im Autokino. Vor einigen Jahren mit schlafendem Baby in Usedom und gestern am Festplatzplatzgelände am Kurt-Schuhmacher-Damm – ausnahmsweise ohne Kinder. Mangels Beschilderung ist es ein bißchen schwierig dort hin zu finden. Wir wollten eigentlich vorher essen gehen, aber weil uns der freundliche Betreiber am Telefon sagte, alle reservierbaren Plätze seien bereits vergeben, fuhren wir etwas früher hin, um uns einen guten Platz zu sichern. Zu unserer Freude stellten wir fest, dass es dort ein kleines Speisenangebot gab. Wir setzten uns auf die Veranda in die Sonne, aßen Hamburger und Wedges und tranken zuckerhaltige Softgetränke. Dabei fiel uns beiden auf, dass das Personal v.a. für Berliner Verhältnisse ungeheuer freundlich war. Fast schon ein Schock. Wir waren übrigens die einzigen, die am Tisch aßen. Alle anderen ließen sich Essen und Getränke ins Auto bringen. Denn per SMS konnte man unter Angabe des Kennzeichens Bestellungen aufgeben.

Das Filmerlebnis war ungefähr gleichzusetzen mit unseren Fernseherfahrungen in den eigenen vier Wänden mit Röhrenfernseher. Wobei auf den Röhrenfernseher im Wohnzimmer natürlich keine Vögel gekackt haben. Lediglich der Sound war überragend. Man konnte so laut stellen, dass das Auto wackelte und der ganze Körper gleich mit, wenn man die Füße auf die Lautsprecher legte. Großartig ist auch, dass man im Auto laut sprechen, lachen, knistern und sein hell erleuchtetes Telefon benutzen kann. Nichtzuletzt kann man hervorragend einschlafen. Auch im zarten Alter von 36.

Nachtrag: Ich war natürlich falsch gekleidet. Die restlichen Frauen trugen 18 cm hohe Nutten Schaschlickspießabsätze und weiße Leggings. Offensichtlich gab es für je zwei Freundinnen irgendwo ein Sonderangebot Kaufe zwei Frisuren mit farbigen Strähnchen zum Preis von einer. Zum Klo (das übrigens geheizt und sehr sauber war) durfte man nur in männlicher Begleitung.

 

Der verwunschene Ort

Ein Ausflug in den Spreepark

Bei meinen Spaziergängen im Plänterwald sind mir die Dinosaurier hinter dem Zaun natürlich aufgefallen. Anfang 2004 standen sie in einer größeren Gruppe relativ eng beieinander. Sie schauten über eine verwilderte Wiese. Der Tyrannosaurus Rex kippte irgendwann um. Einer der Plesosaurier verlor im Laufe der Jahre seinen Kopf. Manchmal blickte ich auf das Riesenrad, das sich langsam im Wind drehte und stellte mir vor, wie es wohl aussehen würde, wenn die Glühbirnen leuchteten und das Rad zum Leben erweckt würde.

Ich hörte von Leuten, die unter dem Zaun durchkletterten um Fotos zu machen. Seltsamerweise habe ich mich aber nie gefragt, was das eigentlich war – dort hinter dem Zaun. Dann stolperte ich über den Film Achterbahn auf Arte und endlich wußte ich, um welchen Ort es sich handelte. Letztes Jahr im Rahmen des Luna-Parkprojekts des HAU schaute ich ihn mir das erste Mal an. Die Formulierung „magischer Ort“ klingt leider abgenutzt, aber tatsächlich kann ich den Spreepark nicht anders beschreiben. Ich liebe es, dort umherzulaufen und zu sehen wie die Natur sich den Ort zurückerobert.

Jeden, den der Spreepark ebenfalls interessiert, kann ich wärmstens empfehlen eine der zweistündigen Führungen mitzumachen. Der Führer Christoph ist eigentlich selbst eine Attraktion. Während er unermüdlich und sehr kurzweilig vom Schicksal des Spreeparks berichtete, fragte ich mich, welches Erlebnis ihn wohl so stark mit dem Park verbunden hat, dass er seine kompletten Wochenenden opfert, um Leute wie mich herumzuführen. Die Führung lässt einen vor den Behördenabsurditäten erschaudern, die eine Wiederbelebung des Freizeitparks anscheinend unmöglich machen.

Über zehn Jahre verwildert der Park nun und ich bin gespannt, ob es irgendwann ein funktionierendes Nutzungskonzept geben wird. Ich kann ihn jedenfalls als Ausflugsziel im Sommer sehr empfehlen. Es gibt dort das Café Mythos, das an den Wochenenden geöffnet hat. Man setzt sich mit den Kindern zum Sandkasten im Eingangsbereich, trinkt Kaffee, hört Musik und stellt sich vor wie die Vergangenheit und die Zukunft des Spreeparks aussehen.

 

 

Für die Ohren die Folge Spreepark beim Küchenradio. Vielen Dank an Simon für den Tipp.

Foursquare, wir konnte ich nur ohne Dich leben?

Die Nutzungsmöglichkeiten von foursquare sind vielfältig und können sogar den Ehealltag bereichern.

Manchmal überrasche ich mich selbst. Zum Beispiel mit meiner Begeisterung für Foursquare. Foursquare ist so ziemlich das nützlichste Netzwerk der Welt und ich fordere hiermit alle meine FreundInnen auf Mitglied zu werden. Und zwar umgehend!

Ein praktisches Beispiel. In unserer Kita hängt ein Zettel, auf dem sind in einer Spalte die umliegenden Spielplätze vermerkt. In einer weiteren Spalte sind die Wochentage zu finden. Die erste Mutter, die ihr Kind abholt und noch auf einen Spielplatz geht, nimmt zwei Klammern und markiert a) den Spielplatz und b) den Wochentag. Die zweite Mutter, die ihr Kind abholt und auf einen Spielplatz möchte, schaut auf den Zettel und schließt sich der ersten Mutter an. So weit die geniale Theorie.

Praktisch klappt das nicht. Die erste Mutter vergisst traditionell die Klammern zu setzen. Es kommt eine zweite, die daran denkt, geht zu einem anderen Spielplatz, vergisst aber den Tag umzustellen. Die dritte schaut auf die Liste und sieht dass der Tag falsch markiert ist, stellt ihn ein und geht auf einen dritten Spielplatz. Oder die Klammern fehlen. Oder das große Telefonieren geht los. Wer geht noch auf den Spielplatz? Wer ist wann fertig? Mit Foursquare wäre das so einfach! Die Erste checkt am entsprechenden Spielplatz ein, alle anderen wissen Bescheid. Fertich!

Ein weiteres Beispiel für eine super Nutzung. Ich muss zum Zahnarzt. Auf dem Weg dorthin komme ich an einem Restaurant vorbei, das ich schon lange mal ausprobieren wollte. Wenn ich normalerweise darüber nachdenke, wo man hingehen könnte, fällt mir vor Schreck meistens nichts ein. Mit foursquare packe ich den Ort auf meine To-Do-Liste und finde ihn bei Bedarf problemlos wieder.

Die allerallerbeste Nutzung ist aber die eingebaute Ehemannerinnerungsfunktion. Sie basiert auf der Standardfunktion, dass Tipps, die Freunde an Orten hinterlassen aufpoppen, wenn man sich räumlich in der Nähe befindet.

Um die Möglichkeiten dieser Funktion voll auszuschöpfen, muss man die Wege des Ehepartners eine Weile überwachen und notieren. Wenn man zentrale Punkte ausmachen konnte, hinterlässt man an den entsprechenden Orten hilfreiche Tipps. Sie poppen einfach hoch, wenn der Mann sich in der Nähe befindet. Man ist dabei nicht mal daran gebunden, einen sinnigen Tipp zu dem entsprechenden Ort zu hinterlassen.

Im Fitnessstudio, in dem der Mann sich gerne ertüchtigt, stellt man beispielsweise ein: „Nach dem Trainieren einmal Softeis mit extra viel Schokosoße mitbringen“ oder in der Lieblingskneipe, die gleich neben dem Supermarkt ist: „Meistens ist das Bio-Gemüse im Angebot, bitte übliches Sortiment mitbringen.“ Foursquare bietet sogar an, das To Do nach Abarbeitung als erledigt zu markieren. Wundervoll!

Gerade für Berlin ist das absolut genial – haben doch die meisten Läden bis 22 oder sogar 24 Uhr geöffnet. Ich habe auch andere, wichtige Informationen über Berlin gestreut: „Denk an unseren Hochzeitstag!“ (Alexanderplatz) oder „Blumen bereiten eigentlich immer eine Freude“ (Straße in der mein Mann meistens parkt).

Ganz ehrlich: Ich liebe Foursquare. Echt jetzt!

Nachtrag: Das tolle Aufpopp-Feature gibt es leider nur mit iOS. Ich denke aber, dass bestimmt ein Foursquare-Android-Entwickler hier mitgelesen hat und sich somit auch die Android-User auf dieses Feature freuen können.

Die Liebe und Neukölln

Nacht und Nebel in Neukölln und ein Abend ohne Kinder.

Letzten Monat bin ich nach Jahren das erste Mal mit meinem Mann ausgegangen. Dass es Jahre dauerte, hat im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens haben wir keine Verwandtschaft im Umkreis von 400 km. Die Kinder sind an niemanden weiter gewöhnt als an uns. Zweitens habe ich ein großes Problem von meinen Kindern getrennt zu sein. Lange Zeit war es für mich undenkbar sie „alleine“ zu lassen. Als das erste Kind sechs Monate alt war, bin ich mal ins Kino gegangen (ohne meinen Mann, der war bei den Kindern) und es war grauenhaft. Jeden Meter, den ich mich weiter weg bewegt habe, habe ich als physischen Schmerz empfunden und endlich im Kino angekommen, bin ich während des Films eingeschlafen.

Jetzt haben wir drei Kinder und wahrscheinlich wird man da lockerer und was ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist, wir haben einen wunderbaren Babysitter gefunden. Letzten Monat sind wir gemeinsam nach Potsdam gefahren und diesen Monat haben wir unseren freien Abend genutzt, das Nacht und Nebel Festival in Neukölln anzuschauen.

Ich hatte aufgrund der Beschreibung sehr romantische Vorstellungen von dem Kunstfestival: „Mit einem Film starten, dann ins Theater oder zu einer Lesung gehen, eine Ausstellung besuchen und den Abend auf einer der vielen Parties beschließen. Für jeden Geschmack ist in dieser bunten Nacht etwas dabei! Gleichzeitig können Sie sich mit dem Taxi von einer Location zur nächsten chauffieren lassen. Und das alles kostenlos.

Wir haben uns zu einer Führung durch die Galerien des Reuter-Kiezes angemeldet und ich dachte, dass wir in einer kleinen Gruppe von 10-15 Kunstinteressierten von Galerie zu Galerie ziehen und vielleicht ein wenig über die Hintergründe der Künstler und Ausstellungen erfahren würden.

Tatsächlich standen am Treffpunkt rund fünfzig Leute. Der freundliche Führer spannte einen Schirm auf und wir liefen ihm im Gänsemarsch hinterher. Er erzählte hier und da was über die Ecken Neuköllns und deren Namengeber, holte überraschte Galeristen aus den zu besichtigenden Räumen, die alle mit Variationen von „Hallo, ihr seid zu viele, um reinzukommen…“ begannen, sich dann aber im Laufe des eigenen Vortrags darüber bewußt wurden, dass es vielleicht doch als so etwas wie ein unerwarteter Erfolg der Festivalausrichter gedeutet werden konnte, wenn solche „Massen“ sich für die ausgestellten Arbeiten interessierten. (Bei allen idealistischen Motiven, geht es sicherlich doch auch ums Verkaufen und je mehr Leute, desto größer die Wahrscheinlichkeit eines seiner Werke an den Mann zu bringen.)

Da die Galerien tatsächlich meistens 20qm große Räume waren und man aus Zeitgründen nur an den Werken vorbei ziehen konnte ohne sich etwas genauer anzusehen, entschied unserer Führer, dass wir zunächst alle Ausstellungslokalitäten ansteuern würden, die Galeristen und Künstler das berichteten, was sie berichten wollen und wir uns hinterher aufteilen würden, um die Ausstellungen tatsächlich anzusehen.

Die Runde, die wir machten, war wirklich groß (nach 1,5 Stunden hatten wir erst die Hälfte gesehen) und v.a. unglaublich vielseitig.

Auf der Route lagen u.a. der Laden „arm und sexy“ (Reuterstr. 62), der Arbeiten von KünstlerInnen aus dem Psychosozialen Initiative Moabit e.V. und „normalen“ Menschen unter dem Motto „Makellos“ präsentiert: „[…] In der Ausstellung fügt sich „Insider“- und „Outsider“-Kunst zu einem harmonischen Ganzen: Die teils abstrakten, teils gegenständlichen, teils konzeptuellen Arbeiten verbindet künstlerische Qualität, kreative Individualität und der aufmerksame Blick für feine Details.“

Wir wanderten weiter zu einer Bürogemeinschaft, die unter dem Motto „Heute bin ich die Prinzessin“ Zeichnungen von Mike Klar zeigte.

Suchten dann den „Kunstraum Art-Uhr“ (Weichselstraße 52) auf, der das Festival in „Nacht und Leben“ umbenannt hatte, weil die Assoziation zu dem Nacht und Nebel-Erlass, der europaweit die Deportationen von Widerstandskämpfern nach sich zog, zu stark sei. Es wurden Werke von Margret Holz ausgestellt, die sich mit den letzten Manuskripten des Philosophen Walter Benjamin auseinandersetzten, der sich 1940 das Leben nahm, als ihm klar wurde, dass seine Flucht vor den Nazis nicht erfolgreich sein würde.

Danach sahen wir uns Arbeiten von Jordi Castells Pruñonosa an, der in der Bürogemeinschaft „IM BÜRO“ ausstellte: „Der menschliche Jäger verfolgt seine Beute in ihrer natürlichen Umgebung. Er präsentiert das Büro als Jagdrevier im Prozess des Aussterbens.“

Nach zwei Stunden klinkten wir uns aus der Gruppe aus und erfreuten uns noch an Nackten in Schaufenstern, die im Schwarzlicht ihre Bodypaintinggemälde am Körper tanzend zur Schau stellten und waren ein bißchen traurig, dass wir es nicht zum Maskenball und der Haarspende-Station geschafft hatten.

Um einen angemessenen Überblick zu bekommen, hätten wir wahrscheinlich 6-8 Stunden gebraucht und dann nochmal ein Paar Tage, um sich die Arbeiten im Detail anzuschauen. Erfreulicherweise sind die meisten Ausstellungen noch ein Paar Wochen geöffnet und es lockt als nächste Veranstaltung der Advents-Parcours im Dezember.

Ich liebe Berlin wegen solcher Angebote. Ich liebe die Vielseitigkeit und die Möglichkeit in völlig fremde Welten einzutauchen und sich mit Dingen zu beschäftigen, die überhaupt nichts mit der eigenen Alltagsrealität zu tun haben und am meisten liebe ich meinen Mann, der diese Interessen mit mir teilt <3.

Übrigens würde mich interessieren, wie KünstlerInnen selbst die Neuköllner Szene empfinden. Auf mich wirkte sie nicht so elitär und kalt wie ich es gelegentlich an anderen Orten kennen gelernt habe. Sie wirkt auf mich freundlich und aufgeschlossen und die Galeristen aufrichtig kunstbegeistert.

Taxis, die laut Beschreibung der Festivalorganisatoren hätten sichtbar sein müssen, haben wir  übrigens kein einziges gesehen und so legten wir alles zu Fuß zurück und ich war froh, dass ich mich für flache Schuhe entschieden hatte. Als wir ausreichend durchgefroren waren, setzten wir uns noch in eine Bar, tranken hastig unsere Getränke und quetschten uns wieder in die auch um 24 Uhr völlig überfüllte U8, um nach Hause zu kommen.

Die Kinder hatten sich den Berichten unseres Babysitters alleine ins Bett gebracht und selbst das Jüngste war im Rahmen seiner sprachlichen Möglichkeiten eigenständig genug zu signalisieren, dass es lieber alleine einschliefe als sich etwas von einer Person vorsingen zu lassen, die nicht Mama oder Papa war. Es deutete auf die Tür und sagte „Ab!“.

Wir schnick schnack schnuckten noch aus, wer am nächsten Morgen aufstehen müsste und stellten fest, dass es wirklich an der Zeit war, wieder gemeinsam ohne plärrende und zappelnde Kinder auszugehen.

Glück – manchmal ziemlich einfach (auf Holz klopfen)

Glück ist gelegentlich Einstellungssache (oder hormonelle Verstrahlung?)

Vor einigen Tagen saß ich nach der Arbeit mit Kind 3.0 beim Araberimbiss in der Sonne. Wir aßen gemeinsam Makale, Schwarwama und Falafel. Kind 2.0 war für mich (weil ich arbeiten musste) von einer Freundin abgeholt und zum Kindertanz gebracht worden. Kind 1.0 baute auf einem Abenteuerspielplatz mit seinen Freunden ein Baumhaus. Da wurde mir plötzlich gewahr, dass ich zur Zeit wirklich sehr glücklich bin.

Abends lief auf 3sat passenderweise eine Sendung mit dem Titel „Die Glücks-Invasion„. (Eine schöne Ausstellung gab es in Dresden auch schon dazu „Glück – welches Glück?“)

Ich kann mich erinnern, dass ich mich in der Zeit zwischen 13 und ca. 26 eigentlich permanent unglücklich fühlte. Nicht immer gleich stark, aber das Grundgefühl war negativ.

Das hat sich komplett umgedreht. Die meiste Zeit fühle ich mich gut und zufrieden. Selbst in der Phase, in der ich mich 20 mal übergeben und gelegentlich ins Krankehaus musste.

Warum das so ist, ist mir nicht bis ins letzte Detail klar. Ich vermute aber es ist im Wesentlichen eine Frage der Einstellung. Im Thema „Liebe“ merke ich das ganz deutlich. Noch vor wenigen Jahren hatte ich eine Art Hollywoodeinstellung. Liebe bedeute andauerndes Glück. Eine gerade Linie ohne jede Ausschläge auf hohem Niveau. Zusätzlich hatte ich ungefähr 2.538 unscharfe Regeln im Kopf, wie sich jemand zu verhalten hätte, wenn er mich WIRKLICH liebt. Oder wie jemand zu sein hätte, den ich WIRKLICH lieben könnte.

Ein Lehrer hatte mit ins Abiheft geschrieben: „Life is like a sea saw, up – down. Thanks for the ups, sorry for the downs. The pre-reqisities that make you sociable are most difficult to calculate. Having gained a faint feeling for (or even an understanding of) what’s going on, the rules are suddenly changed without prior notice and one is left in a foggy nothingness.“

Fünfzehn Jahre später finde ich, dass es das ziemlich gut trifft (und frage mich gleichzeitig wie es all meine langjährigen Freundinnen und Freunde mit mir aushalten konnten).

Natürlich ist das Leben zu mir zusätzlich sehr freundlich. Das spielt sicherlich eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wir sind alle gesund – uns fehlt es an nichts. Wir haben gute Freunde, tolle Jobs, eine schöne Wohnung. Weil es uns so gut geht, versuchen wir auch Gutes an das Leben zurück zu geben. Genug Möglichkeiten gibt es immer wieder. Sei es durch Spenden und dass man einfach mal irgendwo mitanpackt oder dass man mal nachfragt oder sich einmischt, wenn es nötig ist. Oder die Klappe hält, wenn man es aushalten kann. Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass man so einen Kreislauf beschreitet, der Gutes sät und Gutes erntet.

Warum ich das alles schreibe? Ich wollte auch mal flauschig sein und kann nur empfehlen: Haltet gelegentlich einen Moment inne und fragt Euch, ob es gerade jetzt nicht mindestens einen Grund gibt, sich gut zu fühlen und Glück zu empfinden.

Alles Verrückte!

Vandalismus in Reinform. Furchtbar! Oder Schönes aus Adhäsionsfolie.

Ich mag Kunst. Vor allem wenn sie für alle verfügbar ist. Deswegen habe ich mich gefreut, als ich den mit Frischhaltefolie befestigten Stuhl an eine der Säulen am Frankfurter Tor entdeckt habe. Ich war nicht die einzige. Als ich dastand, um ein Foto zu machen, gesellten sich andere dazu und wir plauderten ein wenig. Die inhaltliche Aussage ist natürlich nicht so tiefsinnig wie der Hackfleischdarstellungen in Werbeprospekten, aber alleine die Idee Kunst im öffentlichen Raum zu machen, die nichts zerstört oder beschädigt, gefällt mir.

Das war was ich dachte, als von hinten eine zeternde Frau ankam und ohne Zögern damit begann an der Folie zu reißen. „Was soll das? Was sind das für Menschen? Verrückte!!!“, schrie sie dabei. „Was machen sie denn da?“, erkundigte ich mich. „Abreißen!“ „Warum“, wollte ich wissen, „das ist doch hübsch.“

„HÜBSCH?“ Ihr Kopf wurde rot während sie wutentbrannt weitere Stückchen Folie zerfetzte. „HÜÜÜÜBSCH? DAS IST VANDALSMUS! VANDALISMUS!!!!“ In blinder Zerstörungswut riss sie die Folie ab, verhedderte sich darin, wurde wütender, riss erneut und zerrte wie wild, schrie nach ihrem Mann, der gefälligst eine Schere holen sollte.

VANDALISMUS!!!“ schallt ihre Stimme durch den Durchgang des Frankfurter Tors. Immer wieder, bis sie den letzten Milimeter Folie abgerissen hatte. Der Stuhl krachte zu Boden, sie tritt auf ihn ein: „V A N D A L I S M U S!!!

Schade. Mir hat’s gefallen. Aber die Kinder wissen jetzt wenigstens was Vandalismus ist.

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Nachtrag: Der Stuhl ist von bosso fataka gewesen. „Turn trash into scuplture