Wochenendausflüge

Damit der Mann endlich mal in Ruhe shoppen gehen kann, gehts mit den Kindern in den Tierpark. Ich liebe ihn. Mit meiner Mamacard (8 € wenn man mit Geburtsurkunde des Kindes in den ersten drei Lebensmonaten hingeht) war ich schon unzählige Male dort und habe Tiere gesucht.

Das große Kind ist schon Profi im Leute-an-leere-Gehege-locken, indem es laut ausruft Oh wie wunderschön! oder Wahnsinn! Welch seltener Anblick!*.

Tierpark Berlin - ein Augenschmaus

*Apropos: Man glaubt es kaum, aber Flughunde hängen sich kurzzeitig zur Verrichtung ihrer Geschäfte mit dem Hintern nach unten.

Andere Kinder sind immer doof

Lange schon beschäftigt mich die Frage, ob Kinder mit einem eigenen Charakter geboren werden oder ob sie die Eigenarten der Eltern übernehmen. Bezogen auf unser Kind 2.0 tendiere ich zu These zwei, denn es ist außerordentlich genügsam, charakterlich liebreizend und klug.
Dem entgegen stehen die Kinder, die wie Bamm-Bamm der Familie Feuerstein sind. Man erkennt sie an folgender prototypischen Verhaltensweise.
Man sitzt gesittet zu leiser Mozartmusik am Geburtstagskuchentisch und unterhält sich übers Stricken. Die Kinder liegen und sitzen in der Krabbelecke und schütteln lächelnd ihre Rasseln, als es plötzlich in der Küche ohrenbetäubend scheppert. Vermutlich ist das Regal mit den Kochtöpfen zusammengebrochen.
Eine Sekunde später rennt ein Kind brotleibschwingend in das Wohnzimmer. Es holt aus, dreht sich schwungvoll einige Male um die eigene Achse und wirft dann Baaaahhhh AHHHHHHHhhh brüllend wie ein Hammerwerfer den Zweipfünder genau in die Geburtstagstorte.
Danach lacht es schrill und verschwindet in einem anderen Zimmer. Die betroffene Mutter erhebt sich vom Tisch, lächelt nervös und nimmt die Verfolgung auf.
Klein Bamm-Bamm versteckt sich zunächst in der Glasvitrine hinter der Stereoanlage, die polternd umfällt als er an der kriechenden Mutter vorbei flitzt, um sich eines der Babys vorzunehmen.
Nur mit großer Not kann die Babymutter gerade noch das fliegende Baby schnappen, denn Bamm-Bamm hat es johlend am Fuß gepackt und Richtung Fenster gefeuert.
Die anderen Babys weinen. Bamm-Bamm verschwindet erneut in der Küche und kommt wenige Minuten später, den Messerblock auf der Nase balancierend, zurück ins Wohnzimmer.
Zeit für mich mit meinem Baby aufzubrechen. Ich renne das Treppenhaus herunter, lasse den  angeketteten Kinderwagen stehen, flüchte die Straße entlang und sehe bei einem letzten Schulterblick, wie die Wohnung in der ich eben noch kuchenessend saß, wie bei einem der Stirb langsam-Filme explodiert.

Bamm-bamm haut alles kurz und klein

Jaaahaaaa was is denn das, ei ei ei?

In teerzähen Schritten geht es auf die Geburt zu. Ein Event auf das man sich noch mehr freut als auf eine dreitägige Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Befragungen im bekindeten Freundeskreis haben ergeben, dass es trotz der finalen Vorausschaubarkeit des Ergebnisses der Geburt (Kind ist raus) doch noch bei allen Frauen großes Erstaunen darüber gab, dass am Ende ein echtes Kind geboren wurde. Man glotzt das verschleimte Ding an und wundert sich, meistens zwei Tage und zwei Nächte lang.
Zu Beginn erstaunten mich solche Berichte. Die letzten Tage vor der Geburt versagte jedoch tatsächlich auch mein Vorstellungsvermögen. Soll da in wenigen Tagen wirklich ein menschliches Wesen aus mir entsteigen?
Was wenn es doch ein Hund wird, frage ich meinen Freund ängstlich, wir wollten doch keine Haustiere.
Nach kurzem, sorgvollen Überlegen entscheiden wir uns dann, das Hündchen im Fall der Fälle einfach zu rasieren und in Babyklamotten zu stecken. Das erste Jahr wird das unserem Freundeskreis und den Familien kaum auffallen.
Zu der Thematik bitte auch hier lesen

Geschwisterneid sinnvoll nutzen

Ich will nicht esoterisch erscheinen, aber ich habe festgestellt, dass Kinder Gaben besitzen, die sie im Erwachsenenalter verlieren. Nicht umsonst beschäftigt sich die Wissenschaft z.B. seit Jahrzehnten mit der Entwicklung von hochempfindlichen Messgeräten, die im Grunde völlig unnötig sind.
Es ist beispielsweise gemeinhin bekannt, dass sich Gewicht und Größe mit Hilfe verschiedener Gerätschaften im Normalbereich einfach bestimmen lässt. Schwierig wird es erst jenseits des Normalverteilungsbuckels.
Will man jedoch Mengenunterschiede im Nanogramm- oder nanometerbereich bestimmen braucht man keinen Superkomperator oder Rasterelektronenmikroskop sondern ein Geschwisterpaar. Man legt ihnen den zu vermessenden Gegenstand vor und fordert die Kinder auf, diesen unter sich zu teilen. Sie werden sehen bzw. erstaunt sein, weil sie es ja eben nicht sehen können, die Kinder werden das vorgelegte Versuchsobjekt genau auf das Millionstelgramm und den Nanometer aufteilen. Das man mit dem Schneidlaser auch nur ein Scheibchen zu viel oder zu wenig abgemessen hat, lässt sich anhand der Gesichtsanzeige der Kinder sofort ermitteln. Stirn in Falten, Augen tränengefüllt und Kinn am Boden hängend signalisieren sie Ihnen den Messfehler.
Faszinierend!

Gute Vorsätze

Gute Vorsätze hat jeder, der Elter wird. Leider sind diese so nachhaltig wie Silvestervorsätze. Zwar wollte man, was man im eigenen Elternhaus hörte, niemals nicht sagen – doch ehe man es sich versieht, verlassen den Mund Sätze wie: Ich will jetzt keine Diskussion mehr, Du machst das weil ICH das sage!
Viel schlimmer als diese Killerphrasen, ist das, was man immer und immer und immer und immer wieder sagen muss.
Seit Monaten versuche ich Kind 1.0 klar zu machen, dass das Aussprechen dieser Sätze für Erwachsene ebenso nervtötend ist, wie das Anhören. In der Beliebtheitsskala ganz oben rangieren:

– Du sollst Händewaschen, nicht planschen!
– Nicht mit dem Stuhl wackeln, setz‘ Dich bitte richtig hin.
– Wäre es möglich, erst runter zu schlucken und dann zu sprechen?
– Ich habe gesagt, Du sollst Dich bitte anziehen!
– Kann man die Tür auch leiser zumachen?
– Bitte leiser sprechen, leiser bitte, verdammt noch mal LEISER! ICH BIN NICHT TAUB … ICH VERSTEHE DICH AUCH SO!!!

Wenn Kind 2.0 groß genug ist, um angeschrien zu werden, werde ich zu alt und schwach sein, um diese Sätze weiterhin live zu performen. Ich habe deswegen eine CD aufgenommen. Sie deckt die Sektionen ‚Berufstätig: Kind morgens in die KiTa bringen und trotzdem pünktlich zur Arbeit kommen‘, ‚Zu Tisch: Ohne kippelbedingten Kieferbruch speisen‘, ‚Nachtruhe: Mit geputzten Zähnen schläft es sich besser‘ und ‚Alltag: Auch ohne Süßigkeiten und Zeitschriftengimmicks kann man einkaufen‘.
Die CD gibt es ab März 2008 in jedem gut sortierten Musikfachgeschäft (auch als Hörzedee für Jehörjeschädichte).

Wale gehören ins Meer

Gleicht der eigene Bauch erst mal dem eines Schweins der Gattung Sus scrofa, erfordert es doch ein gewisses Maß an Überwindung im Bikini schwimmen zu gehen. Eines dieser zeltförmigen Schwangerschaftsbademodenmodelle zu tragen steht jedoch völlig außer Diskussion. Wer möchte schon stundenlang vier Quadratmeter klitschnassen Stoff auf dem Babybauch kleben haben?
Erstaunlicherweise sinkt die Scham vor dem Bikini direkt proportional mit dem Ansteigen des Eigengewichts. Kaum wiegt man so viel wie ein kleiner Elefant, erscheint die Option sich wenigstens ein Paar Stunden nahezu schwerelos im Wasser zu bewegen, so verlockend, dass man im Grunde auch nackt ins Schwimmbad gehen würde.
So trug es sich zu, dass ich während der Endphase meiner Schwangerschaft regelmäßig Schwimmbäder aufsuchte und Erfahrungen, die ich nicht missen möchte, sammelte.
So stehe ich z.B. suchend am Beckenrand und halte Ausschau nach meinem kurzsichtigen Freund. Neben mir, ebenfalls mit den Händen, den schmerzenden Rücken abstützend, steht ein Mann um die fünfzig und streckt seinen Bierbauch heraus.
Als Tonnenkörper auf zwei dünnen Beinen, sehen wir uns figürlich recht ähnlich und lächeln uns freundlich zu.
Da sehe ich auch schon meinen Partner, wie er aus dem Wasser winkt. Leider winkt er nicht mir sondern dem Mann mit Bierbauch zu. Später sagt er mir, er habe sich ja auch gewundert, dass ich kein Oberteil getragen hätte, aber ohne Brille bliebe ihm ja nichts anderes als sich an Silhouetten zu orientieren.
Ich gleite also wie ein kleines Walross ins Wasser und paddle auf meine Restfamilie zu. Das Kind in mir paddelt zur Verstärkung mit. Ich bin so was wie ein doppelpropelliges Boot.
Das ausgewachsene Kind 1.0 und der Partner bewegen sich indes zu einer kreisförmigen Wildwasserbahn, bei der ich ebenfalls einige Sekunden später ankomme. Um eine Säule herum ist eine Halterung gebaut, das Wasser wirbelt im Kreis und gemeinsam mit mehreren Senioren kreiseln wir um die Säule. Nach ca. einer Minute ergreift uns die Langeweile und wir wollen den Wasserstrudel verlassen. Kind 1.0 und Mann schaffen das mühelos. Ich scheitere leider an dem Druck mit dem das Wasser auf mich einwirbelt als ich versuche den Wasserkreisel zu verlassen. Immer wieder werde ich auf einen der Opas zurückgesprudelt. Ich gebe schließlich auf und hangle mich brav mit den anderen achtzigjährigen im Kreis. Nach zwanzig Minuten springt weiter hinten ein Wasserfall an und der Strudel versiegt endlich.
Völlig entkräftet rette ich mich an Land und lege mich auf eine Liege, wo ich wenige Sekunden später in Tiefschlaf verfalle. Nach einer unbekannten Zeitspanne wache ich von einem merkwürdigen Gefühl auf. Mein massiger Bauch bewegt sich anders als gewohnt. Als ich die Augen öffne, sehe ich Kind 1.0 und zwei weitere Kinder im Kindergartenalter auf meinem Bauch kleben. Kind 1.0 berichtet wissenschaftlich dreinblickend: „Hier drinne is mein Geschwister. Es hat Ohren und  kann alles hören.“
Es geht ganz nah mit dem Mund an den Bauch und sagt: „Hallo, hallo, test, test!“
Die anderen Kinder staunen. Kind 1.0 führt weiter aus: „Wenn ich hier wackeln tu,“ (Kind wackelt am Bauch) „dann merkt das das Baby.“ Verwundertes Raunen bei den anderen Kindern.
„Hier, ihr dürft auch mal.“ entscheidet das Kind und gibt meinen Bauch frei.
Da kleben nun drei Kinder und sprechen zu ihm, während sie gleichzeitig daran wobbeln. Für Ansagen von weiter oben interessieren sie sich wenig. Ich werde sie erst los, als ich mich ganz langsam erhebe, Richtung Schwimmbecken schleiche und mich ganz in Zeitlupe ins Wasser lasse. Erst als den lieblichen Kindern das Wasser bis zum Kinn steht, lassen sie von mir ab und treiben sanft gurgelnd von mir weg.
Auch ich lasse mich von den Fluten in das Reich der Schwerelosigkeit entführen und paddle der Sonne entgegen.

Auszüge aus dem Leben anderer, erfahrener Familien

Es gibt so viel wunderbare Literatur zum Thema Kind. Unverzichtbar für die Vorbereitung, v.a. für Väter das Buch „Windeln, Brei und lange Nächte“ von Colin Bowles.
Hier ein Auszug mit den wichtigsten Tipps zur Vorbereitung.

1. Als Vorgeschmack auf die Nächte, die Sie erwarten, laufen Sie von 17 bis 22 Uhr im Wohnzimmer auf und ab; dabei schleppen Sie einen nassen Sack herum, der ungefähr 8 bis 2 Pfund wiegt. Um 22 Uhr setzen Sie den Sack ab, stellen den Wecker auf Mitternacht und legen sich schlafen. Um 24 Uhr stehen Sie auf und wandern bis 1 Uhr morgens wieder im Wohnzimmer umher – natürlich mit Sack. Dann stellen Sie den Wecker auf 3 Uhr. Da Sie nicht wieder einschlafen können, stehen Sie um 2 Uhr auf und machen sich eine Tasse Kaffee. Um viertel vor 3 gehen Sie ins Bett.
Um 3 Uhr, wenn der Wecker klingelt, stehen Sie auf. Singen Sie dann im Dunkeln bis 4 Uhr vor sich hin. Stellen Sie den Wecker auf 5 Uhr. Dann stehen Sie auf und machen Frühstück. Halten Sie das fünf Jahre durch. Dabei lächeln. (Anmerkung: Keine Sorge, Halluzinationen sind etwas ganz Normales.)

2. Das Anziehen von Kindern, vor allem von Kleinkindern, ist nicht so einfach wie es von weitem aussieht. Wenn Sie es zur Perfektion bringen wollen, brauchen Sie einen Tintenfisch und ein Einkaufsnetz. Versuchen Sie, den Tintenfisch in dem Netz unterzubringen, ohne dass einer der Arme raushängt. Erlaubte Zeit: der ganze Vormittag.

3. Sagen Sie alles immer fünfmal. Sagen Sie alles immer fünfmal. Sagen Sie alles immer fünfmal. Kannst du denn nicht hören???! Sagen Sie alles immer fünfmal. Ich sag’s zum allerletzten Mal, wenn ich das noch mal sagen muss, werde ich langsam böse!!! Sagen Sie alles immer fünfmal.

4. Höhlen Sie einen Kürbis aus. Schneiden Sie seitlich ungefähr ein golfballgroßes Loch hinein. Hängen Sie den Kürbis an einem Seit an der Decke auf. Stoßen Sie ihn an, so dass der in einem Zweimeterradius hin- und herschwingt.
Nun holen Sie einen Teller mit eingeweichten Cornflakes und versuchen, diese mit einem Löffel in den pendelnden Kürbis zu bugsieren. Man hat bestanden bei einem Treffer auf zehn Versuche. Nun sind Sie soweit, ein zwölf Monate altes Baby zu füttern.

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Traumatische Begegnungen mit der eigenen Vergangenheit

Kind I kommt in die Schule und als engagierte Erwachsene stehen ausführliche Lehrstättenbesichtigungen auf der Tagesordnung.
Schulbesichtigungen sind eine prima Sache. Z.B. um festzustellen, dass sich seit der eignen Grundschule nichts geändert hat und die Doofen der Bevölkerung tatsächlich normal verteilt sind.
Die Lektion beginnt um 14.00 Uhr und da wir um 14.04 ankommen, bleibt nur ein  verstohlenes in die hintere Stuhlreihe schleichen. Todesblick I der Schuldirektorin. Wir haben es als einzige gewagt das Kind zur Schulbesichtigung mitzunehmen. Todesblick II.
Vor mir liegt ein Zettelberg, in den ich zu Beginn hochmotiviert schaue. Wenige Sekunden später wird mir bewusst, ich kann unmöglich Zettel lesen UND der Direktorin zuhören. Offensichtlich gibt es keinerlei Zusammenhang zwischen den Handouts und dem Gesprochenen. An was erinnert mich das nur?
Die Direktorin gibt einen kurzen Abriss über unwichtige Fakten zum Thema Namensgeber, Schulgeschichte seit deren Gründung in grauer Vorzeit und der Weigerung sich an Änderungen des Berliner Schulgesetzes anzupassen. Man habe das noch nie so gemacht und werde selbstredend auch in Zukunft davon absehen sich den Gegebenheiten der Moderne anzupassen. Schließlich habe man erst kürzlich die Prügelstrafe abgeschafft.
Details zu Unterrichtsmethoden, angebotenen Fächer und der Hortbetreuung bleiben außen vor.
Darauf folgt ein langer Vortrag zur Kultur der Anerkennung. Dafür gibt es eigens ein Buch, in dem jedes Kind mit Urkunde verewigt wird – sofern es eben irgendeinen Wettbewerb gewonnen hat, von denen es beinahe täglich einen zu bestehen gilt.
In meiner Erwachsenenseele regt sich das verstörte Kind, das sich schmerzlich an eigene Sportwettbewerbe und ähnliche kompetitive Veranstaltungen erinnert, in die ich es nicht mal in die Vorqualifikationgeschaft habe.
Ich bin verwundert, dass es in Deutschland tatsächlich Buchstabierolympiaden und Rechenweltmeisterschaften gibt. Wir müssen jede einzelne Seite des Buchs der Anerkennung wertschätzen und preisen. Ich hatte das Gefühl, wenn wir das nicht tun, lassen die uns nie raus.
Wie gut dass man noch bereits vor der Einschulung Antrag auf Versetzung stellen kann. Im schlimmsten Fall machen wir es wie die Engländer und kaufen dem Kind ordentliche Bildung. Für alles andere gibt es VISA oder wie war das?