Lieblingstweets 10/13

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Kauf Dir nie ein ebenerdiges Einfamilienhaus

Alles hat einen Preis. Wenn man zum Beispiel genug Geld hat mitten in Berlin in einer der durchgentrifizierten Einfamilienhausgegenden zu wohnen, dann hat man den Preis an Halloween zu zahlen. Denn dann wird man heimgesucht von wilden Horden süßigkeitsuchender Kinder.

Alles hat einen Preis. Wenn man zum Beispiel genug Geld hat mitten in Berlin in einer der durchgentrifizierten Einfamilienhausgegenden zu wohnen, dann hat man den Preis an Halloween zu zahlen. Denn dann wird man heimgesucht von wilden Horden süßigkeitsuchender Kinder.

Ich würde schätzen, zwischen 16 und 20 Uhr wird durchschnittlich fünfzig mal an einem Haus geklingelt. Die Straße ist voll von verkleideten Kindern. Die Gespenster, Mumien und Hexen drängeln sich genervt aneinander vorbei. Kinderstau und teilweise ist es nicht möglich die Tür überhaupt zwischen den klingelnden Gruselgruppen zu schließen. Sie bleibt offen und die BewohnerInnen verteilen apathisch Bonbons und Lutscher.

Die Art wie man sich diesem Schicksal ergibt – oder aber auch nicht – ist unterschiedlich. Die Halloweenhasser parken ihr Auto nicht vor der Garage sondern quer vor der Eingangstüre. So eng, dass niemand vor die Haustür treten kann. Damit die Klingel nicht erreichbar ist, wird der Seitenspiegel des Autos eingeklappt. Ein Parkmeisterwerk! Ich bereue jetzt noch, dass ich das nicht fotografiert habe.

Manche begnügen sich mit Schildern auf denen böse schauende Smileys verkünden: Hier kein Halloween. Fenster verdunkeln und sich in den eigenen Keller zurück zu ziehen bis alles vorbei ist, ist auch eine beliebte Handlungsalternative.

Der sanfte Widerstand gegen Halloween sieht vor, dass statt der gottlosen Süßigkeiten Äpfel, Nüsse und Tofubratlinge an die Kinder ausgegeben werden. Manche halten auch Vorträge über den Reformationstag. Das hat v.a. die älteren Kinder in unserer Gruppe gegruselt.

Die gutherzigen AnwohnerInnen, die womöglich sogar freiwillige HalloweenliebhaberInnen sind, die verkleiden sich und schmücken das Haus. Leuchtende Kürbisse verheißen aus der Ferne einen warmen Empfang. Manche Erwachsene öffnen als Hexen die Tür und verteilen schrill lachend Leckereien in die Sammeltüten der Kinder. Highlight der Nachbarschaft war ein Skelett, das freundlich ein Paar Schokoriegel verteilte, während sich leise schweigend der Gevatter Tod von hinten dazu gesellte.

Der Tod hätte ECHT voll doof geguckt, berichtet eines der 1,30m großen Gespenster empört.

Als es für die Kinder Zeit ist ins Bett zu gehen, sind auch die SüßigkeitenverteilerInnen müde und erschöpft. Einige werfen die Bonbons vom ersten Stock aus dem geöffneten Fenster schlapp auf die Straße.

In der Ferne ruft jemand Hellau.

Mein Gruselhighlight war die Geisterbahn für Kindergartenkinder. In die wollte Kind 3.0 unbedingt rein. Ein maximal ein Meter hohes Deckenlabyrinth durch das man sich schlängeln muss. Stockfinster ist es dort. Die muffigen Raumteiler schmiegen sich von rechts und links an meinen Körper. Nach drei Metern hat das Kind so Angst, dass ich es tragen soll. Ich muss auf Knien rutschen, weil die Decke so niedrig ist. In meinem Alter schmerzen die Knie da sehr. Was für eine Freude zusätzliche 15 kg auf den Arm zu nehmen. Während ich mich also quäle und blind durch das Schwarz taste, greifen plötzlich Hände an meine Beine (also Knie eigentlich), an meine Arme und berühren meine Haare. Ich habe beinahe laut geschrien, so furchteinflößend fand ich das. Es genügt mir schon im normalen Gespräch, wenn mich Menschen jovial anfassen – einfach so – mitten im Satz – und mich dabei anlächeln. Schauderlich! Und plötzlich ÜBERALL diese Hände, die ich nicht mal kenne. Sie greifen nach meiner Seele – ahhhh!

Mit laut schlagendem Herzen und geschundenen Knien gelange ich wieder an die frische Luft. Das Kind, die ganze Zeit auf meinem Arm, das Gesicht meinem Körper zugewandt, verkündet: „Da geh isch nisch mehr hin. Das is zu gruselisch.“ Ich pflichte ihm bei und wir lassen den Abend bei einer Kürbissuppe ausklingen.

20 facts about me

Anna Luz von Berlinmittemom hat mich auf instagram getaggt und #ich #antworte #der #Leserlichkeit #halber #lieber #hier #im #Blog.

1. Ich bin nicht zweisprachig aufgewachsen, obwohl mein Vater Italiener ist. Ich glaube, mein Vater hat auf eine zweisprachige Erziehung verzichtet, um mich vor Diskriminierung zu bewahren und so dafür zu sorgen dass mir alle Chancen im Leben offen stehen.

 

Mitte der 70er galt bedauerlicherweise eher „die Ausländerkinder sollen gefälligst ordentlich Deutsch sprechen“

2. Ich bin durch und durch ein Geizkörper.

vgl.

 

vgl. (SO ist es recht!)

 

3. Ich selbst finde, dass ich oft zu laut und ungeduldig mit meinen Kindern bin. Andere hingegen erkundigen sich regelmäßig bei mir, ob ich irgendwelche Tranquilizer nehme, weil ich so gelassen nach außen wirke. Es ist ein Kreuz mit der Eigen- und Fremdwahrnehmung.

4. Ich habe die 5. Klasse mit einem Schnitt von 1,4 zwei Mal gemacht. Fanden meine Eltern eine super Idee.

5. Mein Mann musste mir schriftlich bestätigen, dass wir nach der Hochzeit nur noch den Hochzeitstag nicht aber unseren Jahrestag feiern werden. Ich hätte mir sonst zwei Daten merken müssen.

6. Ich habe in einem fliederfarbenen Kleid aus einem Secondhand-Laden geheiratet (Erweiterter Geizkörper, siehe Punkt 2.).

7. Wir haben Eheringe aus Holz, die wir nicht tragen. Mein Ring hat 1,20 Euro gekostet. Der meines Mannes 80 Cent. Auf meinem ist eine Blume. Ich finde es völligen Unsinn schweineviel Geld für so etwas wie Ringe auszugeben. Ich erinnere mich auch ohne Ring daran, dass ich verheiratet bin. Mein Mann findet mich unromantisch.

8. Ich steigere mich gerne in Sachen rein. Positiv formuliert würde man vielleicht sagen: Ich bin sehr begeisterungsfähig.

9. In der Schule war ich das, was man klassischerweise eine Streberin bezeichnet. Im Diplomzeugnis habe ich leider eine 2. Darüber ärgere ich mich immer noch.

10. Das Internet hat mich gelehrt wie wundervoll es ist zu teilen und zwar über das Internet hinaus.

11. Ich habe eine deutlich jüngere Schwester, die mir sehr ähnlich sieht. Immer wenn ihr jemand als Kind gesagt hat: „Wenn Du älter bist, wirst du bestimmt genau wie deine große Schwester aussehen“ antwortete sie mit „Dann bringe ich mich um.“ Ich liebe sie trotzdem sehr.

12. Ich bereue wenig, aber ich bereue während des Studiums nicht ins Ausland gegangen zu sein. Ich hoffe, dass ich das meinen Kindern ermöglichen kann, sofern sie sich das irgendwann mal wünschen.

13. Bis ich 28 war, war ich ständig irgendwie traurig.

14. Bis ich 28 war habe ich mir meine Haare gefärbt. Bis dahin habe ich meine Haare immer gehasst. Seit ich sie nicht mehr färbe, finde ich sie toll. Jetzt werde ich grau. Traurig bin ich fast gar nicht mehr. Ob es eine Korrelation zwischen den beiden Umständen gibt, möchte ich anzweifeln.

15. Ich liebe Fremdwörter. Allerdings sind sie seit Abschluss meines Studiums kontinuierlich aus meinem aktiven Wortschatz gewichen. Kind 2.0, wirklich außergewöhnlich sprachbegabt, hat im zarten Alter von 2,5 Jahren gesagt: „Mama, ich weiß du magst das nicht, aber ich schlage vor, Du machst eine Ausnahme und kredenzt mir ein Nuss-Nougat-Creme-Brot.“

16. Ich habe mich fünf Jahre lang vegetarisch ernährt. Im Rahmen eines EU-Projektes, habe ich aber lernen müssen, dass es v.a. zu offiziellen Anlässen vielen Menschen unglaublichen Stress bereitet jemanden dabei zu haben, der kein Fleisch isst. Ich habe zu den Projekttreffen deswegen wieder damit angefangen.
Für immer wird mich diese Szene aus „Alles ist erleuchtet“ an diese Zeit denken lassen

17. Ich wollte eigentlich keine Kinder. Kind 1.0, das mein Mann mit in die Ehe gebracht hat, hat das geändert. In der Zwischenzeit tut es mir leid, dass ich so spät Kinder bekommen habe. Ich hätte gerne vier oder mehr.

18. Als Schülerin habe ich begeistert in einer Theatergruppe gespielt. Ich habe immer nur die schön und dumm Rollen bekommen (z.B. die Helena im „Midsummer Night’s Dream“ oder die Kurrubi aus „Ein Engel kommt nach Babylon“).

19. Mein Vater hatte und hat noch viele Ideen, was ich beruflich machen sollte. Nach dem Abitur wollte er, dass ich zum Finanzamt gehe. Zwanzig Jahre später glaube ich, er hat recht gehabt. So ein stark strukturierter Job mit festen Prozessen und dem ein oder anderen Stempelchen, das wäre eine feine Sache für meine Mentalhygiene.

20. Ich habe keinerlei Orientierungssinn. Nicht mal mit App. Wenn mich jemand nach dem Weg fragt und wir gemeinsam in die App schauen, schicke ich diese armen Menschen meist in eine völlig falsche Richtung. Immerhin habe ich Überzeugungskraft.

21. Trotz eines starken Faibles für Zahlen, Strukturen, Logik und Prozesse, habe ich Probleme mich an Regeln zu halten.


Weitere 20facts nachzulesen bei z.B. Susanne (deren Blog Geborgen wachsen ich uneingeschränkt empfehlen möchte),  bei Mama arbeitet und bei Frische Brise (danke!), Anne (danke!), Jademond (danke!) sowie bei Mutter & Mensch, WerdenundSein, BerlinFreckles, Kaltmamsell, Johannes Mirus, diplix, ronsens und Christiane Link.

Ich lese die 20facts sehr gerne und vielleicht hat ja Journelle Lust sie auch zu beantworten? Natürlich sind alle anderen auch herzlich willkommen.

Lieblingstweets 09/13


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Willkommen in der Bastelmuttihölle

Bastelmuttihoelle
Illustration: Johannes @beetlebum Kretzschmar

Wenn man darüber nachdenkt, ob man gerne Kinder haben will,
geht einem vieles im Kopf herum. Man denkt an die Schwangerschaft, an die Geburt, das Zahnen, das Krabbelalter, an vollgekackte Windeln und durchwachte Nächte.

Wenn das erste Jahr geschafft ist und die sprachliche Entwicklung langsam einsetzt, das Kind »Da!« rufen und gezielt auf Objekte seiner Begierde deuten kann, ist man erleichtert, weil man glaubt, im Wesentlichen war’s das. Die größten Herausforderungen sind gemeistert. Ab jetzt isses erst mal bis zur Pubertät ausgestanden.

Worüber man nicht nachdenkt, sind die Meilensteine der elterlichen Entwicklung. Niemand malt sich aus, welche Qualen man an Elternabenden erleiden muss und noch weniger ist einem gewahr, dass man für jedes Kind mindestens drei Mal im Jahr zum Bastelnachmittag gebeten wird.

Doch dann kommt der erste Herbst und es heißt: »Liebe Eltern, am 05. November basteln wir Laternen für den Laternenumzug.«

Bevor ich an meinem ersten Bastelnachmittag teilnahm, stellte ich mir Bastelnachmittage wie folgt vor:

Ich komme um 16 Uhr leicht abgehetzt von der Arbeit in die Kita. Mein Kind nimmt mich gut gelaunt in Empfang und führt mich zu meinem Platz. Auf dem Tisch liegen bereits vorpräparierte Materialien und eine Kopie, die mich in einfachen Piktogrammen aufklärt, wie ich aus einer DIN-A-4-Seite eine stabile Laterne baue.

Spätestens fünf nach vier sind alle Eltern da. Die Eltern schlürfen Kaffee während sich die Erzieherinnen wie Flugzeugbegleiterinnen vor uns aufreihen. Die Leiterin hält die Bastelbeschreibung nach oben, während die anderen mit synchronen Bewegungen kurz und prägnant erläutern, wie gebastelt wird.

Die Eltern beginnen zu basteln, während die Erzieherinnen die Kinder leise mit Fingerspielen beschäftigen. Alle beginnen gleichzeitig mit dem Basteln. Ungeschickten Eltern helfen die Erzieherinnen mit Ausbildungsschwerpunkt Bastelpädagogik. Sie sind dabei sensibel und achten darauf, dass das zarte Bastelselbstbewusstsein nicht schon in einem so frühen Stadium gekränkt wird.

Eine weitere Erzieherin schlendert durch die Reihen der eifrig bastelnden Eltern und legt motivierend ab und an die Hand auf eine Schulter. Nach zwanzig Minuten sind alle Laternen fertig. Dann kommen die Kinder an den Platz, bewundern die Laterne, bedanken sich, drücken ihre Eltern und alle gehen zufrieden nach Hause.

Liebe Menschen ohne Kinder, die noch planen, welche zu bekommen. Für euch ist der Artikel an dieser Stelle leider beendet.

Ich bitte euch, nicht weiterzulesen. Da ihr ohnehin nichts an der Realität eines Bastelnachmittags ändern könnt, lasst ihn einfach auf euch zukommen.

Wirklich. Lest nicht weiter.

Tut es lieber nicht.

* * *

Die Realität eines Bastelnachmittags ist so hart und ernüchternd, dass in jeder Bewerbung um einen Job unter dem Punkt »Besondere Qualifikationen« die genaue Anzahl aller überstandenen Bastelnachmittage stehen sollte. Und stünde da eine Zahl unter zehn, wäre die Person für das mittlere oder obere Management nicht geeignet.

Bastelnachmittage beginnen mit dem einstündigen Ankommen der Eltern. Manchmal dauert es auch anderthalb Stunden, bis endlich alle Eltern da sind. Weil es bereits nachmittags ist, sind die meisten Kinder nicht mehr sooo gut gelaunt. Einige liegen schreiend im Flur, andere schlagen sich gegenseitig mit stumpfen Gegenständen.

Überall auf den Tischen liegen »Bastelmaterialien«. Ich schreibe das mit Anführungszeichen weil »Bastelmaterialien« bedeutet, dass dort stumpfe Kinderscheren, angeschnittene Polyeder-Papiere (jedenfalls niemals irgendetwas Genormtes, das man auf Kante falten könnte!) und stark angetrocknete Klebestifte liegen.

Sehr oft liegt dort auch zur Verschönerung der Endergebnisse sehr viel Glitzerstaub. Wenn man dann an einem der kleinen Tische auf einem der klitzekleinen Stühle Platz genommen hat, kann man langsam bis Hundert zählen und spätestens dann ertönt ein erster Aufschrei, weil ein Kind eines der Glitzerstaubgefäße versehentlich umgeworfen hat.

Meistens so, dass sich der Glitzerstaub in hohen Bogen in die Luft entleert, um
dann minutenlang als glitzernder Smog den Raum zu verdunkeln. Danach rieselt der Glitzernebel langsam auf Tische, Stühle und Menschen herunter.

Sobald er mit Haut in Kontakt kommt, wird eine chemische Reaktion in Gang gesetzt und es bildet sich eine unentfernbare Patina.

Keine Dusche der Welt, kein Schwamm und keine Bürste entfernen diese Glitzerschicht. Wenn man sie erst mal hat, muss man etwa sieben Jahre warten, bis sich alle Zellen im Körper erneuert haben. Erst dann fällt sie ab.

Ein bisschen Glitzer schadet nicht, werden die ungehorsamen Kinderlosen, die trotz meiner eindringlichen Warnung weitergelesen haben, denken. Aber jetzt fragt euch mal, in welchen Berufsgruppen man normalerweise glitzert. Niemand denkt bei gold glitzernder Haut ans Laternenbasteln. Bestenfalls gerät der glitzernde Elternteil in den Verdacht nebenberuflich in der großen Gala-Show des Berliner Friedrichstadtpalasts mitzutanzen.

Wenn man also golden glitzernd in einem wichtigen Business-Meeting sitzt, kann das durchaus unangenehm sein. (»Laternenbasteln, Frau Cammarata, ich verstehe. Knick knack.« Mein Gegenüber zwinkert mir verschwörerisch zu und nickt.)

Jedenfalls, um zum Bastelnachmittag zurückzukommen – mit den herumliegenden Materialien kann kein normaler Mensch basteln.

Eine Bastelanleitung gibt es natürlich auch nicht. Die wurde 1873 einmalig auf einem Bastelnachmittag erläutert. Seitdem wird sie per stille Post von Elterngeneration zu Elterngeneration weitergegeben und enthält dementsprechend viele Erklärungs- und Logiklücken.

Und dann ist da noch das eigene Kind, das einem auf dem Schoß sitzt mitbasteln möchte…

Während man also versucht blind zu basteln (der Kopf des Kindes behindert die Sicht), greifen immer wieder kleine Hände von rechts und links dazwischen.

Man malt, faltet, rollt und am Ende klebt alles überall, vor allem an den Fingern die Laterne, die Laterne selbst aber, die klebt nicht.

Während man sich also den Tränen nahe die Papierreste von den Fingern puhlt, sorgt die statistische Normalverteilung zu allem Überfluss dafür, dass pro Tisch genau eine Profibastlerin sitzt. Die hat ihr eigenes Material und das eigene Werkzeug mitgebracht und bastelt aus vielen kleinen Origamipapierchen eine überdimensionierte Laterne. Die Laterne leuchtet in allen Farben des Regenbogens und das eigene Kind, die Laterne der Konkurrenz im Blick, fragt einen ständig:

Kind: »Was machst Du da?«

Ich: »Ich bastele eine Laterne.«

Kind: »Meinst Du Thomas’ Mama?«

Ich: »Nein, ich, ICH bastle gerade eine Laterne!«

Kind: »Wo?«

Ich: »Hier!«

Kind: »Das da ist eine Laterne, Mama?«

Dabei kämpft man die Tränen der Enttäuschung herunter und überreicht dem Kind das fertig gebastelte Objekt. Wenn man Glück hat, hat das Kind ein wenig Mitgefühl und murmelt nur so etwas wie »Eine Laterne?« und dreht sich dann um, damit die Laterne bis zum 11. November in den Schrank gestellt werden kann.

Dann rutscht das Kind auf einem der kleinen Glitzerseen am Boden aus und fällt mit seinem ganzen Gewicht in ebenselbe.

Ich habe für drei Kinder insgesamt dreizehn Laternen gebastelt. Ich kann einfach nicht mehr. ICH KANN NICHT MEHR.

Ich habe dieses Jahr eine fertige gekauft und mich selber drauffallen lassen. Das ging viel schneller.


Nachtrag vom 30. Juni 2016: Mit diesem Text bewerbe ich mich für den scoyo ELTERN! Blog Award.

Smartphoneverbot bis 28 – ach was – bis 42

Louis C.K. erzählt in einer Latenightshow warum seine Kinder kein Handy haben. „I think it’s toxic, it’s just bad“ Er nennt jedoch im Gegensatz zu den Menschen, die ich sonst als klassische Handyverbieter kennengelernt habe, zwei Argumente, die ich wirklich gut verstehen kann.
Erstens, er sagt sinngemäß, Kinder seien erst gerade dabei soziale Interaktionen zu lernen. Sie probieren sich dabei aus. Um Empathie zu entwickeln, sind sie jedoch auf mehrere Rückkanäle angewiesen. Wenn sie sich z.B. über jemanden lustig machen und gleich im Anschluss sehen, dass dieser jemand verletzt reagiert, überlegen sie, ob es wirklich angemessen war und ob sie das Verhalten beibehalten wollen. Kinder und Jugendliche seien erst dabei ihre Identität zu entwickeln. Würde diese Persönlichkeitsentwicklung ausschließlich oder zu großen Teilen über das Internet, über die hauptsächlich schriftliche Kommunikation stattfinden, käme es zu Problemen.
Ich finde diese Beobachtung nachvollziehbar. Selbst Erwachsene haben beispielsweise Probleme (schriftliche) Ironie zu erfassen und offensichtlich ist es im Internet im Schutze der vermeintlichen Anonymität deutlich leichter rumzupöbeln oder zu trollen. Ich glaube tatsächlich, dass mindestens die Hälfte aller ätzenden Kommentare nicht geschrieben würden, wenn die Kommentatoren einen emotionalen Rückkanal über mehrere Sinne hätten.

Louis C.K. differenziert dann weiter aus, dass das Internet einem die Möglichkeit gibt, immer jemanden bei sich zu haben. Es sei nicht möglich zu lernen, alleine zu sein. Solche Momente auch mal auszukosten sei die Bedingung, dass man Gesellschaft und Freu(n)de überhaupt erst richtig schätzen lernt.

Er erzählt das gewohnt witzig. Ich glaube aber, da gibt es einen wahren, ernsten Kern und dass er einen Entwicklungsschritt beschreibt, der für Jugendliche wichtig ist. Ruhe und Alleinsein aushalten lernen. Sich Zeit nehmen um Selbstreflexion zu betreiben. Ohne Selbstreflexion und Ruhephasen keine persönliche Weiterentwicklung. Das gilt natürlich nicht nur für Jugendliche. Selbst Lösungen für Probleme zu erarbeiten und umzusetzen, hat darüberhinaus übrigens positive Effekte auf das Selbstbewusstsein (und die Self-efficacy).

Das Smartphone bietet die perfekte Ablenkung und Zerstreuung. 24 Stunden am Tag. Jede Lücke lässt sich füllen. Kein Platz für Langeweile und Alleinsein.

Im Artikel „Louis C.K. Is Wrong About Smartphones“ kritisiert Daniel Engber Louis C.K. Sichtweise als altmodisch. Er schreibt „Books and songs enrich us; smartphones make us dumber. “Jungleland” is art; Facebook is a waste of time. But is that really true?
Das stimmt so pauschal natürlich nicht. Denn Smartphonebenutzung ist nicht gleich Smartphonebenutzung. Wenn ich auf facebook lese und Links folge, die meine Freund/innen mir empfehlen, ist das im Grunde nichts anderes als irgendein Buch oder einen Zeitungsartikel zu lesen. Mit einem Smartphone kann man auch Musik oder Podcasts hören. Aber den ganzen Tag Statusmeldungen lesen, posten und liken, das ist doch ein Unterschied. Zumal das ein ganz anderes Suchtpotenzial hat. Der ständige Zuspruch durch die eigene Filterbubble hat einen anderen Effekt als das Lesen eines Buches (und das Beschäftigen mit dem Inhalt) auf die menschliche Seele hat.

Tatsächlich ist der springende Punkt für mich wann und in welchem Ausmaß und auf welche Art Internetkonsum stattfindet und es ist ein Unterschied, ob sich die Persönlichkeit bereits ausdifferenziert hat oder ob Persönlichkeitsentwicklung und exzessiver Internetkonsum parallel stattfinden. Das mag banal klingen, war mir bislang aber nicht so präsent in meiner Argumentation – denn unsere Familienalltag hat mehr als einmal gezeigt, dass ungebremster und unregulierter Internetkonsum über das Handy ziemlich viele Probleme mit sich bringt.

Das Internet ist erst 1997 in mein Leben getreten. Da war ich schon 22. Mich würde wirklich mal interessieren, wie die Einschätzung der Digital Natives zu diesem Thema ist.

Sie sind unter uns – CDU WählerInnen

In einem überzeugenden Artikel analysiert Felix die Frage, wer diese CDU Wähler sind und warum sie CDU wählen. Für mich auch eine interessante Fragestellung, denn ich kenne wirklich niemanden, der mir gegenüber zugibt, die CDU gewählt zu haben. Er stellt dabei mehrere Thesen auf. Das Wahlergebnis zeige z.B. dass „die deutschen mehrheitlich zufrieden mit der regierungspolitik [seien] und kein allzu grosses bedürfnis nach veränderung verspüren.

Zufällig war ich die Person, die bei just diesem Mittagessen „forderte“, die Menschen müssen besser aufgeklärt werden über diverse Missstände und dann würden sie auch anders wählen.

Felix ging dabei auf, dass „aufklärung genau das ist, was die meisten menschen noch weniger gerne haben als veränderung.“ Er vertiefte seine These und war ein bisschen begeistert von seiner eigenen Erklärung. Er redete von den Bauern in der Röhn, den bestimmte Probleme gar nicht interessierten und am Ende war klar: „so traurig das klingt, aber mehrheitlich lassen sich viele menschen wohl eher von einer PKW-maut für ausländer (sprich östereicher und schweizer) berühren oder sich von unions-spindoktoren einreden, dass die grünen für spiessige bevormundung stünden. dass die CSU-regierung in bayern gleichzeitig für eins der strengsten nichtrauchergesetze im lande verantwortlich ist, stört die aufregung dann kaum

Unterm Strich sei keine Aufklärung oder bessere Vermittlung sondern emotionale Aufladung der Themen nötig.

Ich bin im Laufe der Diskussion verstummt, weil ich meine Gedanken nicht richtig ordnen konnte. Viele Punkte an der Argumentation haben mir nicht gefallen.

Der erste ist, dass 41,5% CDU-WählerInnen nicht bedeutet, dass die Mehrheit aller Deutschen mit der Regierungspolitik zufrieden sind. Egal wie man es nachrechnet, der Satz stimmt so erstmal nicht. Das ist aber auch egal, denn mir geht es um etwas anderes. Felix Artikel analysiert warum Menschen die CDU wählen.

Ich glaube, sie tun es aus unterschiedlichen Gründen. Der gewichtigste Grund scheint mir, dass die meisten Menschen gar nicht ein Partei(programm) wählen, sondern eine Person und diese Person ist Angela Merkel. Sie entscheiden nicht zwischen den unterschiedlichen Positionen. Das erklärt für mich übrigens gleichzeitig warum die Piraten trotz moderner und guter Inhalte nicht in den Bundestag eingezogen sind. Sie hatten einfach keine (kompetenten und deutlich sichtbare) Personen, die man wählen konnte. Sie haben bewusst Inhalte vor Personalien gestellt und sind damit gescheitert.

Die Hauptformate der Medien unterstützen dieses – ich weiß nicht wie ich es nennen soll – Irrverhalten der WählerInnen (?). Formate wie das Kanzlerduell suggerieren, es gäbe eine Art Direktwahl – man entscheide sich für eine Person. Hinterher findet man die Merkel super oder den Steinbrück doof oder umgekehrt. Bewertet wird die Person, nicht das was sie sagt. Also für mich lautet These 1: Es werden Personen und nicht Inhalte gewählt. Die Aufmachung des Wahlkampfes unterstützt dieses Wahlverhalten.

Wer kennt sich schon so detailliert mit Parteiprogrammen aus, dass er in der Wahlkabine wirklich an Inhalte und nicht an die Person, die ihm durch Zeitung und Fernsehen bekannt ist, denkt? Letztendlich gibt es ohnehin keine Garantie, dass das was in den Wahlprogrammen steht, irgendeine Umsetzung in der Realität findet. Angela Merkel ist Paradebeispiel für Positionswendungen.

Meine zweite These ist sowas in der Art wie: ein Großteil der heutigen Probleme ist so komplex weil wir in einer globalisierten Welt leben, dass sie kaum in ihrer Gänze zu verstehen sind. Diese Themen mögen wichtig sein, jedoch sind sie kaum vermittelbar – v.a. hinsichtlich ihrer langfristigen Auswirkungen auf das eigene, kleine Leben.

Parteien, die sich dieser Themen annehmen, müssen das sehr geschickt tun. Ein Beispiel ist die NSA-Affäre. Den von Felix zitierten Bauer in der Röhn interessiert die anlasslose Internetvollüberwachung nicht. Was ihn aber interessieren könnte ist, ob sein Postgeheimnis gewahrt wird oder ob sein schwer erarbeitetes Einfamilienhaus auf Google Streetview für jedermann zu sehen ist. Die Wahlaktion der Piraten geöffnete Briefumschläge in Briefkästen zu werfen und damit das Thema aufzugreifen, halte ich für ein sehr gelungenes Beispiel.

Wenn also bestimmte, komplexe Themen aufgegriffen werden, dann muss das auf eine einfache Art passieren. Natürlich hat Felix recht, wenn er sagt, dass die (wenigsten) Menschen Bedarf nach Aufklärung haben – jedenfalls wenn es sich um komplexe, tiefgehende Analysen in Form abendfüllender Arte-Themenprogramme geht. Allerdings gibt es in der globalisierten Welt sehr viele dieser Themen. Die Überwachung durch die NSA und die Euro-Politik sind nur einige der Themen, die man an dieser Stelle nennen könnte. Komplexitätsreduktion ist für diese Themen sehr wichtig. Dann klappt es auch mit der Aufklärung.

Meine dritte These lautet: Die Parteien brauchen ein eindeutiges Profil. Nicht jede Partei kann für alles stehen. Es sind Schwerpunkte heraus zu arbeiten und in diesen Schwerpunkten kann dann auch Kompetenz vermittelt werden. Dabei gibt es auch sowas wie Traditionen. Dass ich im letzten Wahlkampf von den Grünen v.a. in Sachen Steuerpolitik und kaum in Sachen Umweltschutz und Familienpolitik gehört habe, lässt mich verwundert zurück.

Mein Fazit ist deswegen: Der Sieg der CDU ist eher als Versagen der anderen Parteien zu deuten.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto seltsamer finde ich das. Vielleicht ist das doof, aber ich sehe da eine Parallele zum Social Media und Online-Marketing. Auch hier braucht man eindeutige Zielgruppen und man ist schon lange von der Arroganz weg, zu glauben ALLE Menschen gleichermaßen zu erreichen oder dass sich die Menschen für die Firmen oder deren Produkte eben zu interessieren haben. Die Richtung hat sich vom klassischen Push der Informationen zum Pull durch die Interessenten gewandelt. Es müssen Inhalte erstellt werden, die interessieren UND es müssen wechselseitige Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden. Es reicht eben nicht mehr Pressemitteilungen und Newsletter zu verschicken. Aber genau das (so mein Empfinden) haben die unterschiedlichen Parteien im Wahlkampf weiterhin gemacht. Der Punkt ist doch: Wahlkampf ist nicht gleichzusetzen mit der Politik, welche die vier Jahre dazwischen betrieben wird. Es geht ums kurzzeitige Mobilisieren, um Meinungsbildung und vielleicht haben sich da herkömmliche Wege langsam überholt?

Ich weiß es ja auch nicht. Aber ich finde es seltsam wenn kurz nach der Wahl alle erklären können, wie es zu dem Ergebnis kam und es dann bei dieser Analyse bleibt. Wichtig wäre doch das Weiterdenken?

Vielleicht verlangt unsere heutige Zeit wirklich eine ganz andere Infrastruktur? Vielleicht würde sich auch die Wahlbeteiligung verbessern, wenn man sich im Wahlkampf mehr von den Top-Down-Ansätzen verabschieden würde und dazu übergeht die (Partei)Basis zu involvieren. Es braucht wohl eine ausgewogene Mischung.

Ich finde jedenfalls nicht, dass das emotionale Aufladen von Inhalten (MAUT! VERGGIEDAY!) der einzige Weg zu einem Wahlerfolg ist und sein sollte. Ich würde mir wirklich wünschen, dass das Wahlergebnis für die nicht CDU Parteien Anlass wäre, wirklich mal neu zu denken und nicht immer mehr von dem selben zu machen. Denn es hat sich nun ausreichend gezeigt, dass mehr eben nicht mehr hilft.

 

Augen und Ohren zuhalten und NANANANA schreien, lässt das Wahlergebnis leider nicht weggehen

Am Wochenende viel über das Infinite-Monkey-Theorem nachgedacht. Es besagt, dass ein Affe, der unendlich lange zufällig auf einer Schreibmaschine herumtippt, fast sicher alle Bücher in der Nationalbibliothek Frankreichs schreiben wird.

Wenn ich es also richtig verstehe, geht es darum, dass diese Werke also nicht Ergebnis unglaublichen Intellekts oder Talentes sind, sondern im Grunde hm… ein Zufallsprodukt, das früher oder später irgendwer hervor gebracht hätte.

Das fiel mir ein, als ich mir die Wahlergebnisse des U18 Projektes angeschaut habe.

 

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Im U18 Projekt können Kinder JEDEN Alters neun Tage vor den tatsächlichen Bundestagswahlen wählen gehen. Im Vorfeld dieser Wahlen, werden verschiedene Informationsangebote rund um die Parteien, deren Kandidaten und Programme geboten.

Natürlich nehmen hauptsächlich Teenager an dem Projekt teil. Der Tabelle der Altersverteilung kann man aber auch entnehmen, dass Einjährige teilgenommen haben. Faszinierend. Abgesehen davon, dass die sehr wahrscheinlich nicht lesen konnten, haben die es immerhin geschafft zwei Kreuze an die richtige Stelle zu machen – also gültig zu wählen. Gleiches gilt für die Zwei-, Drei- und Vierjährigen. Ob die tatsächlich darüber Auskunft geben können WAS sie eigentlich gewählt haben und v.a. auch WARUM sie das gewählt haben, wäre auch spannend zu wissen.

Für mich ist das Wahlergebnis der U18 Wahl ziemlich erschütternd. Ich kann mir gut vorstellen, warum Kinder „Piraten“ (12,1%) wählen. Eine Partei, die  „Dinosaurier“, „Ritter“ oder „Elfen“ heißen würde, würde bei dieser Zielgruppe sicherlich ähnlich gut abschneiden. Auch kann ich den hohen Anteil für die Grünen (17,0%) gut nachvollziehen. Unter Natur, Umweltschutz, Friedensbewegung (gibts die nach den 90ern eigentlich noch?) können sich Kinder wahrscheinlich auch was vorstellen. Was aber ist mit der CDU (27,1%!), der SPD (20,4%) und den Linken (7,8%). Das würde mich wirklich interessieren!

Leider haben meine Kinder an der U18 Wahl nicht aktiv teilgenommen, weil ich erst nach den Wahlen von dem Projekt erfahren habe. (Kind 1.0 kannte das Projekt übrigens und ist aus Politikverdrossenheit gar nicht erst hingegangen, wie wir durch Nachfragen erfahren haben, Kind 2.0 hätte die Grünen gewählt, weil es die Natur liebt und Kind 3.0 findet die Piraten cool weil die Messer haben und schreien, kann sich aber auch gut vorstellen die FDP zu wählen, denn gelb ist seine Lieblingsfarbe und die gelben Ballons sind schon sehr schick…)

Jedenfalls wie auch immer diese Ergebnisse zustande kommen … um das Infinite-Monkey-Theorem an den Haaren herbei zu ziehen – vielleicht ist das alles einfach nur Ergebnis irgendwelcher Zufallsentscheidungen? Knick Knack ein Paar Synapsen knistern und schwupps hat man ein Kreuzchen bei einer Partei gemacht.

Ich gestehe ganz ehrlich: Ich habe viel gelesen, den Wahl-O-Mat gemacht, war auf der Abgeordnetenwatch Seite etc. und habe mich trotzdem fünf Meter vor dem Wahllokal bei meiner Zweitstimme umentschieden, weil mir erst da schuppenartig von den Augen fiel, dass es so oder so eine absolute Mehrheit für die CDU/CSU geben würde oder aber eine große Koalition. Beides furchtbar.

In der Wahlkabine starrte ich dann ein bisschen auf meinen Wahlzettel und fragte mich, warum die Position der Parteien bei der Zweitstimme eigentlich nicht durchpermutiert werden. Anstatt dessen stehen die Parteien mit den meisten Stimmen immer oben. Ist das denn korrekt so? Gibt es nicht eine Art Tendenz immer das anzukreuzen, was oben ist, weil man vielleicht gar nicht bis unten liest? (Es sei denn natürlich man hat sich vorher schon entschieden was ganz anderes zu wählen, dann sucht man aktiv danach). Wäre es dann nicht neutraler die Reihenfolge der Platzierungen nach einem Zufallsprinzip zu erzeugen?

Jedenfalls. Ich hab jetzt nicht die Wahlergebnisse der letzten 40 Jahre durchgeschaut – aber vielleicht gibt es ein Quarter-Choice-Theorem, das 60% der Verteilung von Wahlergebnissen vorhersagt und der Rest, das ist dann wirklich der Anteil an Menschen, die einen Grund haben ihr Kreuz an eine bestimmte Stelle zu setzen?

Ich bin so schrecklich deprimiert über das Wahlergebnis. Ich habe gelernt: Deutschland – das sind nicht die Großstädte. Deutschland – das ist schon gar nicht Berlin. Ich lebe in einer beschaulichen Filterbubble.

Bildschirmfoto 2013-09-23 um 08.43.40

Immerhin nicht nur im Internet sondern auch im RL. Das Wahlergebnis in meinem Kiez, ist wenigstens ganz hübsch (siehe Grafik links).

Den anderen Menschen drücken offensichtlich ganz andere Themen. Das Wahlergebnis zeigt, Themen wie anlasslose Vorratsdatenspeicherung, Einschränkung der Grundrechte durch einen Überwachungsstaat, eine innovative Familienpolitik, die auch Chancengleichheit im Beruf begünstigt und Mindestlohn – das ist alles wurscht oder zumindest von völlig anderen Vorstellungen und Wünschen geprägt.

Ich habe gehört, dass die U18 WählerInnen v.a. von der Führungspersönlichkeit von Angela Merkel beeindruckt waren. Das scheint bei den Ü18 WählerInnen nicht anders zu sein.

Angela Merkel ist der Fels in der Brandung. Sie steht Sachen einfach aus. Aus der Kohlära kenne ich das noch. Abwarten und Tee trinken und in der Zwischenzeit alles verkniffen weglächeln. Anscheinend ist es aber das was die Menschen wollen. Beharrlichkeit, Ausdauer, Vorhersehbarkeit. Die CDU hat ein Gesicht. Es lässt sich ein stabiler Erwartungshorizont bilden und es ist nicht zu befürchten dass irgendetwas unvorhersehbares passiert. Das überhaupt etwas passiert.

Ich wünsche mir eine Minderheitenregierung der CDU/CSU. Auf die 5 (?) fehlenden Plätze ist doch geschissen. Sollen die das mal unter sich ausmachen. Bleibt die Hoffnung, dass die CDU/CSU dann in vier Jahren keinen Sündenbock hat, dem sie alle Fehler und nicht getroffenen Entscheidungen in die Schuhe schieben kann. Und es wäre für mich auch höchst spannend zu sehen, was mit der schönen Einigkeit der Union passiert, wenn die sich wirklich mal an Themen reiben.