Wiederholung automatisch oder das eChild

Früher als die technischen Möglichkeiten beschränkt waren, blieb Erziehungsberechtigten nichts anderes übrig als zur Nervenschonung Zettel zu verwenden. Jeder, der Kinder hat, weiß es. Manche Dinge muss man dutzende, hunderte, ja sogar tausende Male sagen. Mein Vater hat deswegen kleine Zettelchen in verschiedenen Taschen gehabt und diese zu entsprechenden Anlässen gezückt. „Sitz gerade, Nuf!“, „Du musst nicht so laut sprechen, ich höre Dich gut!“, „Es ist schon zehn vor acht, willst Du nicht langsam mal in die Schule gehen?“.

Mit den gestiegenen Ansprüchen an die Kindererziehung ist das heutzutage kaum mehr möglich. D.h. Eltern wollen mehr und Kinder hören weniger. Hätte ich für alles einen Zettel, so sähe ich aus wie eine dieser aufblasbaren Sumoringer. Außerdem sind wir modern und sourcen gerne aus. Für was die Kinder selbst erziehen, wenn man es doch so bequem andere machen lassen kann? Also regeln wir lästig aber nötiges Erziehen mit RFID-Chips. Dank verschiedener Reichweiten und der Pulk-Erkennung eignen sich RFID-Chips nahezu optimal. Passiert Kind 1.0 beispielsweise den Eingangsbereich, wird es an alles nötige erinnert: „Stulle eingepackt? Sportzeug dabei? Zähne geputzt? Mathearbeit unterschrieben in den Ordner zurück gelegt?“, nähert es sich hygieneempfindlichen Bereichen wird abgefragt, ob die Hände und Ohren gewaschen wurden und ob die verdreckten Schuhe am vorgesehenen Platz hinterlegt wurden. Auch bei Kind 2.0 wirkt die RFID-Technologie Wunder: „Schnecken und Stöcker draußen liegen gelassen? Rotznase gereinigt? Jacke aufgehängt?“

Die Wohnung ist gespickt mit Lesegeräten, die in der Lage sind alle Transponder auf unseren Kindern auszulesen. Wir müssen nicht mal mehr in unserer Wohnung sein, um unsere Kinder zu gesellschaftlich angepassten Individuen zu machen. Wir arbeiten einfach beide 50 Stunden die Woche und lesen Abends lediglich die Protokolle der eigens von uns programmierten RFID-eChild-Software. So wird nie etwas vergessen und die Kinder wachsen zu perfekten Maschinen Menschen heran.

Gedanken zum Thema Schnuller-Fee

Kraft meines Studiums weiß ich natürlich, dass die Macht des Geistes in der Lage ist Berge zu versetzen. Außerdem habe ich Kinder. Verbinde ich diese beiden Umstände, erhalte ich ein völlig neuartiges Konzept, welches ich ab morgen vermarkten werde: Die Zigaretten-Fee.
„Raucherentwöhnung leicht gemacht! Ihr Partner raucht? Kein Problem. Bestellen Sie für nur 99 Euro die Zigaretten-Fee und in nur einer Nacht wird ihr Partner rauchfrei. Erhalten Sie außerdem ein kleines Trostgeschenk nach Wahl (Kosten werden separat berechnet).“
Ich mache dann eine Website mit coolen Bildern der Zigaretten-Fee. Eine 1,30 m große Gestalt mit Buckel und Monsterfüßen, die leicht nach Aschenbecher riecht. Sie hat Haare am Rücken und in den Ohren. Die Fingernägel sind gelb lackiert und die Haut faltig und grau.
Im Paket enthalten ein Countdownkalender, zum Wegstreichen der Tage bis zum Stichtag. Dann: Überraschung, nach dem Abendessen DING-DONG, es klingelt an der Tür, die Zigaretten-Fee ist da und fordert die restlichen Zigarettenvorräte ein. Danach durchsucht sie eigenständig gängige Zigarettenverstecke, krächzt ein Liedchen und verschwindet in der Abenddämmerung.
In der U-Bahn vertickt sie die Reste an andere Süchtige und verdient sich so ein Extrataschengeld.
Bei 23 Millionen Rauchern in Deutschland macht das schnell 2,27 Milliarden Euro für mich. Wieder mal einen Weg gefunden reich zu werden. Die Krankenkassenbeiträge sinken um 20%. Ich bekomme das Bundesverdienstkreuz und einen eigens für mich ausgelobten Nobelpreis. Nächste Woche dann der Solarien-Troll.

Kindererziehung 2.0

Kinder sind ganz bezaubernd. Hätte ich das schon mit zwanzig entdeckt, so hätte ich jetzt mindestens acht und wir bestritten unseren Lebensunterhalt aus den Gagen der Reportagen, die RTL II und Kabel 1 über uns sendeten.
Kinder sind wirklich ganz, ganz toll. Sie sagen oft sehr kluge Sachen.
Nicht so toll ist allerdings, wenn Kinder nicht hören wollen. Als Anwärter für die strengsten Eltern der Welt, verlangen wir beispielsweise, dass einmal am Tag Tisch gedeckt wird. Die Kinder machen das nie unaufgefordert und schauen jedes Mal wenn man sie freundlich darum bittet, als fragte man, ob sie netterweise zwanzig lebendige Kröten verschlingen könnten.
Jedenfalls bis 2009. Da hat mein Mann mir zum Hochzeitstag einen Nabaztag geschenkt. Irgendwann haben wir durch Zufall herausgefunden, dass die Kinder alles machen, was der Nabaztag sagt. Mit alles meine ich wirklich ALLES. Sagt der Nabaztag, sie sollen auf einem Bein stehen, sie tun es. Sagt er, sie sollen sich auf dem Wohnzimmerboden wälzen, sie tun es. Viel erstaunlicher aber: Wenn der Nabaztag sagt: „Deckt den Tisch!“ Sie tun es!
Fröhlich, flott und ohne murren. Dann kehren sie zurück und fragen: „Und jetzt?“
„Schmiert Euren Eltern Brote.“
„Macht Latte Macchiato.“
„Massiert Mami die Füße.“
So haben wir auf dem Sofa sitzend, mit dem Laptop am Schoß unsere gesamte Lebens-To-Do-Liste abgearbeitet. Alle Daten-CDs sind z.B. ordentlich beschriftet und alphabetisch sortiert. Die Ritzen im Parkett mit der Zahnbürste gereinigt und die Steckdosen ausgesaugt.
Es ist ein Wunder.

Das rosafarbene Geheimnis unseres Kindergartens

Bestimmte Vorgänge in unserem Kindergarten sind mir ein Rätsel. Jedenfalls bislang. Durch die Beauftragung eines Detektivs konnte ich eines der zahlreichen Mysterien lösen. Es geht hierbei um den Verlust sämtlicher Haarspängchen, die man seinem Kind ins Haar steckt. Morgens gibt man das Kind top gestylt mit vier Haarclips in die Kita und nachmittags holt man es verstrubbelt ohne dieselbigen ab.
Ein Nachfragen ergibt – alle Spängchen verschwunden – niemand hat etwas gesehen – die Kinder erinnern sich an nichts.
Ein Paket Haarclips kostet 2,99 Euro und beinhaltet sechs Exemplare. Pro Woche brauchen wir durchschnittlich 3,33. Macht im Jahr einen Verlust von rund 550 Euro. Da denkt man gar nicht so genau drüber nach!

Es hat sich also durchaus gelohnt einen Privatdetektiv zu engagieren, der dem mysteriösen Verschwinden der Haarspangen auf den Grund geht.
Getarnt als lustiger Vorleseonkel konnte er schon am Tag 2 seiner Beobachtungen ein Kind ausfindig machen, welches während des Mittagsschlafs alle Spangen an sich nahm. Am Spielplatz unter dem Klettergerüst erfolgte dann die Übergabe der Spangen an einen schwarz gekleideten Mann. Dieser schlich sich unauffällig mit dem Spangenvorrat nach Hause wo er diese – man höre und staune – seit Monaten zum Bau einer 1:50 Nachbildung des Taj Mahals verwendet!
Ob er den Sprung ins Guiness Buch der Rekorde schafft, liegt nun allein an unserer Großzügigkeit. Persönlich sage ich: das ist mir 550 Euro im Jahr wert!

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Taj Mahal aus rosa Glitzerhaarspangen (Spycam)

Eine wahre Geschichte

Nicht ohne Grund bin ich so witzig. Das habe ich von meinem Vater, der all seine Witzigkeit auf einen einzigen Tag im Jahr konzentrierte als ich noch ein Kind war: den ersten April.
Ich erinnere mich noch gut als er z.B. von der Arbeit nach Hause kam und sagte, er habe ein tolles Geschenk für mich im Auto und mir den Schlüssel überreichte. Ich lief freudestrahlend zum Parkplatz und suchte gut eine halbe Stunde. Als ich nichts fand, klingelte ich in der Wohnung und mein Vater teilte mir über die Gegensprechanlage mit, dass ich genauer suchen müsse. Also suchte ich genauer. Den Tränen nahe, klingelte ich erneut um zu hören, dass das Geschenk ganz sicher da sei. Winzig klein – aber ich müsse es schon selbst finden. So verbrachte ich Stunde um Stunde bis die Sonne unterging. Dann kam mein Vater. Er lachte schallend und rief: „April, April!“

Gibt es ein Kinoleben mit Kind?

Die Antwort lautet „ja“ und heißt Kinderwagenkino.
Alle, die nur ein Kind haben und beim Stillen noch auf Ruhe und Abgeschiedenheit achten, dürfen sich im Anschluss furchtbar echauffieren. Allen anderen, sei das Kinderwagenkino empfohlen.
Die Theorie des Anbieters besagt: Man kommt hin, das Baby schläft, man parkt es, der Film beginnt, man genießt den Film, der Film ist zuende, das Baby erwacht, man geht nach Hause.
Die Realität sieht ein klitzekleines bisschen anders aus. Die Babys schlafen nämlich genau bis der Film beginnt, dann werden sie wach und brabbeln, krakeelen, krabbeln, schütteln ihre Rasseln und quietschen ihre Entchen. Es wird geredet, gestillt, gefüttert, hinterhergekrabbelt, gewackelt, aufgestanden, rumgelaufen, gewiegt, gelegentlich rausgegangen und gewickelt.
Die Lautstärke des Films ist so weit runter geregelt, dass die Geräuschkulisse auch für Babys zu vertreten ist. Für die Erwachsenen Zuschauer bedeutet das: Flüstern, leises oder bedächtiges Sprechen der Filmfiguren ist leider nicht zu vernehmen, auch der Umstand dass man gelegentlich abgelenkt ist, weil man z.B. Spielzeug unter den Sitzen sucht, führt dazu, dass die Handlung im Wesentlichen aus dem Gesehenen und weniger aus dem Gehörten erschlossen werden muss. Magnolia oder Memento führt man sich also besser nicht zu Gemüte. Sehr geeignet sind inhaltslose Actionthriller sowie David Lynch Filme, da man hier auch mit guten Ohren und ohne Unterbrechungen ohnehin nichts versteht.
Richtig klasse ist der Umstand, dass die Sitzreihen soweit auseinander stehen, dass man ohne Probleme mit dem Kinderwagen rein kommt. Es gibt darüber hinaus eine Wickelkommode auf der Behindertentoilette und einen ebenerdigen Eingang im hinteren Bereich des Kinos.
Die Eintrittspreise sind in Kombination einer IKEA Family Card ein Traum und es gibt sehr leckeren (auch entkoffeinierten) Milchkaffee. Brownies, Birchermüsli und ähnliche Kohlenhydratbomben werden zu elterngeldfreundlichen Preisen angeboten.
So bekommt das Kino 98 von 100 möglichen Punkten. Die fehlenden zwei Punkte könnte sich das Kino verdienen, indem es auch bei Überlänge auf Pausen verzichtet bzw. die auf ein Minimum reduziert und direkt nach dem Film – also noch während des Abspanns – das Licht wieder anmacht. Alles in allem sehr empfehlenswert!

Mein Beitrag zum Weltfrauentag

Emanzipation heißt im 21. Jahrhundert bekannterweise, dass man als Frau arbeiten geht und sich parallel um Haushalt und Kinder kümmert. Wenn es irgendwie geht, repariert man auch das Auto und ist kompetenter Ansprechpartner wenn es um den Hausbau geht. Persönlich macht mir das nichts aus, denn ich habe einen Weg gefunden, die kosmische Balance der Gleichstellung zu erhalten, indem ich fest definiere was Frauen- und was Männerarbeit ist.
Da ich quantitativ mehr Aufgaben unseres gemeinsamen Lebens übernehme, feile ich seit Jahren an den qualitativen Dimensionen der wenigen, verbleibenden männlichen Domänen. So wie ich beispielsweise niemals den Müll runterbringe, gehe ich auch niemals in den Keller. Denn in den Keller gehen und Sachen hoch bringen, ist reine Männerarbeit.
Die Kellergestaltung hingegen ist ausschließlich meine Aufgabe.
Am Anfang hatten wir viel zu wenig Zeug – aber ein frei zugänglicher Keller ist einfach kein echter Keller. Also habe ich heimlich Kisten und Umverpackungen geholt und diese in den Keller gestellt. Besonders Spaß machen mir dabei waghalsige Konstruktionen. Ich stelle beispielsweise eine große Kiste mit einem Amboss auf einen wackeligen Stapel leerer, kleiner Kisten.
Darüber hinaus ist es so, dass man durchaus die meisten im Keller aufbewahrten Dinge einfach wegwerfen könnte. Mit dem Hinweis auf ebay, Flohmärkte oder Erinnerungsstücke erschleiche ich mir jedoch die Legitimation so gut wie alles im Keller zu horten. Auch lasse ich gerne bestimmte Dinge, die ich regelmäßig benötige, in den Keller bringen. Ich stecke sie dafür in Kisten, die unter keinen Umständen irgendeinen Hinweis auf ihren Inhalt geben dürfen (z.B. den Föhn in die Originalverpackung des CD-Players legen) und bitte meinen Mann möglichst wenn er mitten im Monatsabschluss steckt und erst gegen 22 Uhr nach Hause kommt, dass er sie wieder aus dem Keller holt.
Jeden 15. des Monats gehe ich runter und verteile Spinnweben, Öl und Zigarettenasche im Kellerraum. Alle zwei Monate zerschlage ich die Glühbirne, die für Licht sorgen soll und eine ebenfalls lohnenswerte Arbeit ist das Umsortieren von Kisten, die mein Mann selbst eingeräumt hat.
Etwas aus dem Keller zu holen kostet meinen Mann in zehn Minuten so viel Nerven als würde auch er 30 Stunden arbeiten gehen, sich um die Kinder kümmern und gleichzeitig den Haushalt schmeißen und schon sind wir gleichgestellt.