U8

Unsere Kinderärztin ist aus den Zeiten in denen in unserem Land noch Zucht und Ordnung herrschte. Wir bleiben trotzdem bei ihr. Wenigstens versteht sie was von ihrem Fach – also zumindest rein medizinisch. Das Personal ist freundlich, man muss sich nur ein halbes Jahr vorher einen U-Termin sichern und es gibt ein großes Wartezimmer mit vielen Spielsachen.
Leider stimmt die Chemie zwischen der Ärztin und Kind 3.0 nicht so und weil Kind 3.0 nunmal sehr lebhaft und phantasiebegabt ist, gab es die ein oder andere Meinungsverschiedenheit. Die Ärztin schaute dann immer freundlich zu mir und fragte Dinge wie: „Regeln? Gibt es bei ihnen zuhause so etwas?“ oder „Ihnen gefällt seine lebhafte Art, ja?“
Ich lächle dann milde und denke mir, ich bin schließlich nicht gekommen, um mich über Erziehung und die Parameter von Wohlgeratensein auszutauschen und sage „Jaja.“ oder „Hmdochdoch.“ Persönlich hat mich die U-Untersuchung gut unterhalten.

Helferin: „Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob Du schon einen Mensch malen kannst!“, reicht Kind 3.0 ein Blatt und einen Stift.
Kind 3.0 malt:

Foto 1 (3)

Helferin: „Da fehlt aber was!“
Kind 3.0: „Stimmt! Die Augenbraue.“, korrigiert die Zeichnung
Helferin: „Da fehlt immer noch was. Schau Du hast Augen und einen Mund gemalt – aber das Gesicht braucht noch?“
Kind 3.0: „Hmmmm…“
Helferin: „Na, schau mal was Du im Gesicht hast. Augen, Mund und ….“
Kind 3.0: „Nase!“
Helferin: „AHA! Dann mal die mal noch.“
Kind 3.0: „Nein.“
Helferin: „Warum nicht?“
Kind 3.0: „Das ist ein Pobeißer. Wenn Du möschtest, mal isch noch einen Hund. Hunde können gut rieschen. Der riescht dann für den Pobeißer mit.“
Helferin macht sich Notizen.

Helferin zeigt Kind 3.0 ein Schaf: „Was ist das?“
Kind 3.0: „Eine Ziege.“
Helferin: „Naja fast, es ist viel flauschiger. Deswegen ist es ein …“
Kind 3.0: „Eine FLAUSCHZIEGE!“

Die Helferin hat eine bunte Mischung an Tieren ausgepackt. Darunter Schaf, Schwein, Esel, Kuh, Tiger, Elefant, Giraffe.
Helferin: „Zeig mir mal die Tiere, die auf einen Bauernhof gehören.“
Kind 3.0 zeigt auf Schwein, Esel, Elefant.
Helferin: „Nein, der Elefant nicht! Bauernhof! Das ist kein Bauernhoftier.“
Kind 3.0: „Wohl. Dschungelbauernhof. Der Elefant ist zogar ein Arbeitstier.“

Helferin: „Was ist das für eine Form?“
Kind 3.0: „Ein O“
Helferin: „Nicht Buchstabe! Form!“
Kind 3.0: „Rund?“
Helferin: „Form!“
Kind 3.0: „Das hat keine Ecken.“
Helferin: „Ein Kreis! Das ist ein Kreis.“
Kind 3.0: „Stimmt. Das hast Du rischtisch gesagt.“
Helferin zeigt Dreieck: „Male mir bitte ein Dreieck“
Kind 3.0 malt:

Dreieck

Das Kind hätte wohl arge Probleme Instruktionen zu befolgen. Ob es auch sonst alles infrage stelle? Es hätte ja immerhin einen ganz guten Wortschatz. Und Phantasie.

Immerhin!

Endlose Spielenachmittage

Es ist so. Kind 2.0 war irgendwann doch etwas genervt weil ich immerzu in mein Telefon schaue. Es ginge dabei ja auch nicht nur um die ständige Ablenkung, es sei auch besorgt, weil ich wirkte beinahe süchtig und Sucht, das sei eine schlechte Sache, das wüsste schließlich jede/r. Als ich dennoch nicht hören wollte, erarbeitete Kind 2.0 einen Kompromiss. Ich darf alle Tage ins Handy schauen – nur Mittwoch Nachmittag nicht. Da sei ab jetzt ein echter Spielenachmittag. Echt heißt in dem Fall, dass die Kinder nicht nur jedes für sich oder miteinander spielen, sondern dass ich mit den Kindern spielen muss. Mit der Auslegung des Wortes spielen sei Kind 2.0 jedoch flexibel. Wir könnten auch am Computer spielen, fernsehen (diabolisches Grinsen während es diese beiden Aktivitäten vorschlug), basteln, kochen oder Gesellschaftsspiele spielen.

Was es nicht gesagt hat, wir müssen im Hintergrund immer Radio Teddy hören. Schlimme Sache und als Strafe für mein Handyverhalten wirklich ausreichend.

Die ersten Tage bastelten wir, dann kochten wir, dann buken wir, dann puzzelten wir, dann machten wir Knickbilder, dann spielten wir Karten und gestern spielten wir Monopoly.

Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich als Kind Monopoly sehr toll fand. Meine Eltern haben gefühlt zehn Mal in meiner gesamten Kindheit mit mir gespielt. Davon drei Mal Monopoly, vier Mal Spiel des Wissens und den Rest so ein Spiel mit kleinen Autos, in die man Stäbchen reinsteckte je nachdem wie viel EhepartnerInnen und Kinder man während des Spiels anhäufte.

Was das Monopolyspielen angeht, kann ich mich jedoch nicht erinnern, WAS mir daran so gefiel. Ich glaube, ich habe nicht einmal gewonnen.

Im Hinterkopf die Begeisterung meiner Kindheit, willigte ich ein und wir spielten los. Kind 3.0 wurde als hauptamtlicher Würfler für mich eingestellt. In Runde 5 musste das eifrige Kind ausgeschlossen werden, weil es mit großem Ehrgeiz und auch Treffsicherheit ständig alle Häuschen vom Feld würfelte. Das alleine wäre noch ok gewesen. Jedoch dauerte die Zielphase sehr, sehr lange. Kind 3.0 nahm dabei den Würfel in die Hand, kniff die Augen zusammen, suchte sich eine Ansammlung Häuser am Spielfeld und schüttelte dann den Würfel. Erst langsam und dann immer schneller. Währenddessen visierte es das Ziel an, schob die Zunge zwischen die Lippen und warf erst nach endlosen Minuten des Zielens die Würfel mit maximalem Schwung auf das Feld.

Hätte ich gewusst wie langweilig das Spiel ohne Kind 3.0 ist, ich hätte es nicht weg geschickt.

Wir spielten eine ereignislose Stunde und als ich dann wirklich nicht mehr konnte (Ich habe versucht das Spiel als Demutsübung zu sehen, so wie das geduldige Stehen an autolosen, roten Verkehrsampeln, WIRKLICH), bat ich um Beendung. Nein, das Spiel ist erst beendet, wenn ein/e Spieler/in kein Geld mehr hat.
Der Haufen Geld vor mir wollte aber einfach nicht weniger werden. Spätestens wenn ich über Los oder versehentlich auf das Feld Wundertüte (wir spielen Kindermonopoly) kam, war ich wieder solvent.

Nach 1,5 Stunden begann ich mein Guthaben heimlich in die Kasse zurück zu stecken. Erst die großen Scheine und dann nach und nach die kleinen Scheine. Ich musste zwischendurch auf Toilette und als ich wieder kam, waren meine Häuschen, die ich bislang noch nicht auf Felder stellen konnte, plötzlich verschwunden bzw. sie standen offensichtlich irgendwo auf dem Spielfeld. Meine Kassen klingelten endlos.

Dann neigte sich das Geld von Kind 1.0 dem Ende zu, was Kind 2.0 gleich bemerkte: Ich werde dein Unterstützer! Hier hast du ein Paar Scheine, gib mir einfach ein bisschen was zurück wenn Du wieder Einnahmen hast.

Ich war entsetzt. Das, das geht nicht! Das erlauben die Regeln nicht!, protestierte ich.

Man soll doch teilen? Beide Kinder schauten mich fragend an. Bei Geld hört das wohl auf? Was ist mit den Bedürftigen, hm? 

Aus Gründen der Erziehung zum moralisch Guten blieb mir nur, die Regelanpassungen zu akzeptieren. Das Spiel ging endlos. Es war durch nichts abzubrechen. Habt ihr jetzt nicht mächtig Hunger? (Es war 19 Uhr)

– Nö!
– Vielleicht ein bisschen fernsehen?
– Nein, gerade macht es doch so Spaß.
– Süßigkeiten?
– Ne, danke.
– Tropical Island?
– Ist doch zu spät jetzt, Mama.
– Disneyland Paris?
 Mama! Jetzt spiel, Du bist dran!

Und wenn sie nicht fertig geworden sind, dann spielen sie noch heute.

 

P.S. Wir spielen Kinder-Monopoly und zwar streng nach den vorher vorgelesenen Spielregeln. Die scheinen sich von den Erwachsenen-Monopoly Regeln zu unterscheiden und die scheinen nach Verstreichen der Kindheit nicht mehr gelesen zu werden. Anstatt dessen spielt man nach Gedächtnis. Die Erinnerungen scheinen den Kinder-Monopoly Regeln zu entsprechen und zu einem endlosen Spiel zu führen. Spielt man nach Anleitung, scheint Monopoly irgendwann aufzuhören und „Spass“ zu machen.

Ich ziehe keine Socke an! Nein! Nein, meine Socke ziehe ich nicht an!

An Erziehung glaube ich nicht. Die Kinder werden so geboren wie sie sind und dann wachsen sie einfach. Egal wie man sich abmüht und was man für tolle Ratgeber liest.

Kind 3.0 beispielsweise schreit gerne. Wenn man es genau nimmt, hat es schon geschrieen als der Kopf gerade mal geboren war. Kopf raus und RÄÄÄBÄÄÄHHHHHH.

Zu Beginn war ich beunruhigt. Was fehlt dem Kind bloß? Man muss dazu sagen Kind 2.0 , das hat eigentlich kaum geschrieen. Vielleicht mal weil ich versehentlich vergessen habe es zu füttern, aber wenn mir dann einfiel was der Grund des Unbehagens sein könnte, dann schlief es einfach wieder ein.

Jedenfalls Kind 3.0 schrie und sah dabei nicht mal unzufrieden aus. Irgendwann schwante mir, dass das Kind tatsächlich nicht aus Unbehagen schrie. Es schrie, weil es schreien gut findet. Vier Jahre später sehe ich meine Hypothese bestätigt und mache mir keine Sorgen mehr.

Ich würde schätzen, im Schnitt schreit Kind 3.0 drei bis vier Stunden über den Tag verteilt. Gründe gibt es sehr viele. Das fängt an beim Aufstehen. „ISCH WILL NISCH AUFSTEHEN!!!“, geht weiter beim Frühstück „ISCH WOLLTE DIE STINKEWURST NISCH. DIE IS FAUL!!!“, erstreckt sich über das Zähneputzen „ISCH WILL NISCH! KARIES UND BAKISCHIUS SIND BAKTERIEN, DIE KANN ISCH MIT PUTZEN NISCH TÖTEN!“, geht weiter beim Anziehen „NEIN! ISCH ZIEHE MISCH NISCH AN, ISCH BIN ZU KLEIN DAFÜR!“.

Es ist nicht so, dass das Kind keine Argumente hätte. Als ich z.B. erläuterte, es sei jetzt kurz vor der Vorschule doch mal Zeit, dass es sich selbst anziehe, schaute es mich entgeistert an und sagte: „Ich bin dafür viel zu klein. Ich muss noch so viel lernen. Jetzt lerne ich erst mal ein- und ausatmen!!!“

Ich gestehe, gerade das morgendliche Anziehritual treibt mich zur Zeit in den Wahnsinn. Ich lüge nicht, wenn ich behaupte, dass das Anziehen morgens rund 1,5 Stunden in Anspruch nimmt. Dabei sind die Anforderungen nicht mal besonders hoch. Es geht ja nicht ums Schuhe binden oder Krawatten knoten. Es geht um Socken. Ab 6.00 Uhr knie ich flehend vorm Kind und fordere es auf die Socken anzuziehen. Wenn bei den anderen Kindern irgendein Trick irgendwann mal geholfen hat, bei Kind 3.0 hilft nichts. Kein „Ich wette, ich bin schneller als Duhuuu“. Da schaut mich Kind 3.0 nur gelangweilt an und stellt fest: „Ja, Mama. Du bist ja auch Erwachsene.“ Damit hat sich das dann auch erledigt.

In meiner Verzweiflung versuche ich es auch schon mal mit Konsequenzen aufzeigen. „Wenn du dich nicht anziehst, nehme ich dich im Schlafanzug mit in die Kita!“ Auch das perlt an Kind 3.0 ab. „Isch finde meinen Schlafanzug schick.“

Ich gestehe, ich habe sogar schon sinnlos gedroht „Wenn Du Dich nicht anziehst, dann dann dann gibt es keine Süßigkeiten!“ „Muss isch dann auch keine Zähne putzen, weil dann hab isch ja kein Zucker gegessen?“ fragt es dann interessiert.

An manchen Morgen möchte ich mich am Boden wälzen. Dieses Kind! Es ist nicht zu knacken. Wenn es dann meine Verzweiflung spürt, legt es sein Patschehändchen mitfühlend auf meine Schulter und sagt: „Wenn Du misch abends nisch ausziehst, musst Du misch morgens nisch anziehen, weisst Du?“.

Ich bin also der Gnade des Kindes ausgesetzt. Es macht entweder mit oder nicht. Und da es keinen Sinn darin sieht, sich selbst anzuziehen, zieht es sich eben nicht selbst an. Ich resigniere dann gelegentlich und fange an es wieder anzuziehen obwohl mir Selbständigkeit so wichtig ist.

Drei Tage später hat sich das Kind rekalibriert und schreit: „ISCH KANN DAS ALLEINE!!!“ und schlägt mir die Hose aus der Hand. So ist das mit diesem Kind. Und es ist immer so gewesen. Und es wird nie anders sein. Und ich, ich bin ein stiller, tiefer See. Ommmmmm!

Der große Teigrausch

Kind 3.0 ist noch im Kindergarten und trotzdem hatte es neulich seinen ersten Rausch.

Im Auftrag von Kind 2.0 haben wir Kuchen gebacken. Nicht so was gesundes, lautete die Anweisung. Also haben wir ein Kuchenrezept mit ordentlich Zucker rausgesucht. Kind 2.0 ist ziemlich streng und ich hatte keine Lust ausgeschimpft zu werden.

Kind 3.0 hat beim Backen fleißig unterstützt. Butter zermatscht. Reichlich Zucker eingearbeitet. Mehl aus zwei Meter Entfernung dazu. Kleine Kinder machen das alle auf die selbe Art und Weise. Auf den Stuhl stellen und dann mit ausgestrecktem Arm von ganz oben ein Kilo Mehl in einem Schwall in die Schüssel schütten. Dann die Eier, die es teilweise sogar aufgeschlagen hat.

Schon vom ersten Arbeitsschritt an fragte Kind 3.0, ob es nicht probieren könne. Kind 3.0 kennt da nichts. Es leckt auch gerne Butter einfach so von den Fingern ab. Als Mutter, die Wert auf Erziehung legt, habe ich das Ablecken allerdings erst erlaubt, als der Teig fertig angerührt und in die Kuchenform gefüllt wurde. Erst dann durfte Kind 3.0 die Teigreste ablecken.

Als die Erlaubnis einmal erteilt war, leckte und leckte es, als ginge es um sein Leben. Erst die Rührhaken, dann die Schüssel und ganz am Ende sogar die Arbeitsplatte auf die einige Teigreste getropft waren.

Ich verließ die Küche kurz um Hausaufgaben mit dem größeren Kind zu machen und war doch sehr erstaunt als ich in den blitzblank geschleckten Raum zurück kam. Im Grunde war es wirklich nicht mehr nötig sauber zu machen. Ich erwischte mich beim Betrachten der perfekt abgeleckten Küche bei dem Gedanken zukünftig benutzte Kochtöpfe (die ich besonders ungern von Hand spüle) und das gesamte Geschirr mit Teigresten zu beschmieren und die Spülmaschine abzuschaffen. Das lästige Ein- und Ausräumen wäre unnötig. Man könnte alles stehen lassen und nachdem Kind 3.0  wieder alles sauber geleckt hätte, erneut benutzen.

Kind 3.0 war nach der Teigvernichtungsaktion zunächst etwas zittrig. Es tanzte und sang laut durch die Wohnung, drehte sich wie ein Brummkreisel, sprang ein Paar Mal vom Hochbett und verkündete dann lauthals Wurstbrothunger.

Ich schmierte für die ganze Familie einige Stullen und wir machten Abendbrot. Kind 3.0 biss genau einmal vom Brot ab und sank dann erschöpft auf den Teller. Man könnte fast behaupten, es klappte regelrecht zusammen und stöhnte: „Isch kann nisch mehr“.

„Isch glaub, isch muss misch breschen“. Es röchelte schwach und schleppte sich dann ins Bett. Wenige Sekunden später war es eingeschlafen. Es schlief bis zum nächsten Morgen um 7 Uhr.

Als es gut gelaunt am Frühstückstisch erschien und ich darauf hinwies, dass es jetzt gerne ein Stück Kuchen nehmen könne, winkte es nur müde ab: „Kein Kuchen für misch, Mama.“

Willkommen in der Bastelmuttihölle

Bastelmuttihoelle
Illustration: Johannes @beetlebum Kretzschmar

Wenn man darüber nachdenkt, ob man gerne Kinder haben will,
geht einem vieles im Kopf herum. Man denkt an die Schwangerschaft, an die Geburt, das Zahnen, das Krabbelalter, an vollgekackte Windeln und durchwachte Nächte.

Wenn das erste Jahr geschafft ist und die sprachliche Entwicklung langsam einsetzt, das Kind »Da!« rufen und gezielt auf Objekte seiner Begierde deuten kann, ist man erleichtert, weil man glaubt, im Wesentlichen war’s das. Die größten Herausforderungen sind gemeistert. Ab jetzt isses erst mal bis zur Pubertät ausgestanden.

Worüber man nicht nachdenkt, sind die Meilensteine der elterlichen Entwicklung. Niemand malt sich aus, welche Qualen man an Elternabenden erleiden muss und noch weniger ist einem gewahr, dass man für jedes Kind mindestens drei Mal im Jahr zum Bastelnachmittag gebeten wird.

Doch dann kommt der erste Herbst und es heißt: »Liebe Eltern, am 05. November basteln wir Laternen für den Laternenumzug.«

Bevor ich an meinem ersten Bastelnachmittag teilnahm, stellte ich mir Bastelnachmittage wie folgt vor:

Ich komme um 16 Uhr leicht abgehetzt von der Arbeit in die Kita. Mein Kind nimmt mich gut gelaunt in Empfang und führt mich zu meinem Platz. Auf dem Tisch liegen bereits vorpräparierte Materialien und eine Kopie, die mich in einfachen Piktogrammen aufklärt, wie ich aus einer DIN-A-4-Seite eine stabile Laterne baue.

Spätestens fünf nach vier sind alle Eltern da. Die Eltern schlürfen Kaffee während sich die Erzieherinnen wie Flugzeugbegleiterinnen vor uns aufreihen. Die Leiterin hält die Bastelbeschreibung nach oben, während die anderen mit synchronen Bewegungen kurz und prägnant erläutern, wie gebastelt wird.

Die Eltern beginnen zu basteln, während die Erzieherinnen die Kinder leise mit Fingerspielen beschäftigen. Alle beginnen gleichzeitig mit dem Basteln. Ungeschickten Eltern helfen die Erzieherinnen mit Ausbildungsschwerpunkt Bastelpädagogik. Sie sind dabei sensibel und achten darauf, dass das zarte Bastelselbstbewusstsein nicht schon in einem so frühen Stadium gekränkt wird.

Eine weitere Erzieherin schlendert durch die Reihen der eifrig bastelnden Eltern und legt motivierend ab und an die Hand auf eine Schulter. Nach zwanzig Minuten sind alle Laternen fertig. Dann kommen die Kinder an den Platz, bewundern die Laterne, bedanken sich, drücken ihre Eltern und alle gehen zufrieden nach Hause.

Liebe Menschen ohne Kinder, die noch planen, welche zu bekommen. Für euch ist der Artikel an dieser Stelle leider beendet.

Ich bitte euch, nicht weiterzulesen. Da ihr ohnehin nichts an der Realität eines Bastelnachmittags ändern könnt, lasst ihn einfach auf euch zukommen.

Wirklich. Lest nicht weiter.

Tut es lieber nicht.

* * *

Die Realität eines Bastelnachmittags ist so hart und ernüchternd, dass in jeder Bewerbung um einen Job unter dem Punkt »Besondere Qualifikationen« die genaue Anzahl aller überstandenen Bastelnachmittage stehen sollte. Und stünde da eine Zahl unter zehn, wäre die Person für das mittlere oder obere Management nicht geeignet.

Bastelnachmittage beginnen mit dem einstündigen Ankommen der Eltern. Manchmal dauert es auch anderthalb Stunden, bis endlich alle Eltern da sind. Weil es bereits nachmittags ist, sind die meisten Kinder nicht mehr sooo gut gelaunt. Einige liegen schreiend im Flur, andere schlagen sich gegenseitig mit stumpfen Gegenständen.

Überall auf den Tischen liegen »Bastelmaterialien«. Ich schreibe das mit Anführungszeichen weil »Bastelmaterialien« bedeutet, dass dort stumpfe Kinderscheren, angeschnittene Polyeder-Papiere (jedenfalls niemals irgendetwas Genormtes, das man auf Kante falten könnte!) und stark angetrocknete Klebestifte liegen.

Sehr oft liegt dort auch zur Verschönerung der Endergebnisse sehr viel Glitzerstaub. Wenn man dann an einem der kleinen Tische auf einem der klitzekleinen Stühle Platz genommen hat, kann man langsam bis Hundert zählen und spätestens dann ertönt ein erster Aufschrei, weil ein Kind eines der Glitzerstaubgefäße versehentlich umgeworfen hat.

Meistens so, dass sich der Glitzerstaub in hohen Bogen in die Luft entleert, um
dann minutenlang als glitzernder Smog den Raum zu verdunkeln. Danach rieselt der Glitzernebel langsam auf Tische, Stühle und Menschen herunter.

Sobald er mit Haut in Kontakt kommt, wird eine chemische Reaktion in Gang gesetzt und es bildet sich eine unentfernbare Patina.

Keine Dusche der Welt, kein Schwamm und keine Bürste entfernen diese Glitzerschicht. Wenn man sie erst mal hat, muss man etwa sieben Jahre warten, bis sich alle Zellen im Körper erneuert haben. Erst dann fällt sie ab.

Ein bisschen Glitzer schadet nicht, werden die ungehorsamen Kinderlosen, die trotz meiner eindringlichen Warnung weitergelesen haben, denken. Aber jetzt fragt euch mal, in welchen Berufsgruppen man normalerweise glitzert. Niemand denkt bei gold glitzernder Haut ans Laternenbasteln. Bestenfalls gerät der glitzernde Elternteil in den Verdacht nebenberuflich in der großen Gala-Show des Berliner Friedrichstadtpalasts mitzutanzen.

Wenn man also golden glitzernd in einem wichtigen Business-Meeting sitzt, kann das durchaus unangenehm sein. (»Laternenbasteln, Frau Cammarata, ich verstehe. Knick knack.« Mein Gegenüber zwinkert mir verschwörerisch zu und nickt.)

Jedenfalls, um zum Bastelnachmittag zurückzukommen – mit den herumliegenden Materialien kann kein normaler Mensch basteln.

Eine Bastelanleitung gibt es natürlich auch nicht. Die wurde 1873 einmalig auf einem Bastelnachmittag erläutert. Seitdem wird sie per stille Post von Elterngeneration zu Elterngeneration weitergegeben und enthält dementsprechend viele Erklärungs- und Logiklücken.

Und dann ist da noch das eigene Kind, das einem auf dem Schoß sitzt mitbasteln möchte…

Während man also versucht blind zu basteln (der Kopf des Kindes behindert die Sicht), greifen immer wieder kleine Hände von rechts und links dazwischen.

Man malt, faltet, rollt und am Ende klebt alles überall, vor allem an den Fingern die Laterne, die Laterne selbst aber, die klebt nicht.

Während man sich also den Tränen nahe die Papierreste von den Fingern puhlt, sorgt die statistische Normalverteilung zu allem Überfluss dafür, dass pro Tisch genau eine Profibastlerin sitzt. Die hat ihr eigenes Material und das eigene Werkzeug mitgebracht und bastelt aus vielen kleinen Origamipapierchen eine überdimensionierte Laterne. Die Laterne leuchtet in allen Farben des Regenbogens und das eigene Kind, die Laterne der Konkurrenz im Blick, fragt einen ständig:

Kind: »Was machst Du da?«

Ich: »Ich bastele eine Laterne.«

Kind: »Meinst Du Thomas’ Mama?«

Ich: »Nein, ich, ICH bastle gerade eine Laterne!«

Kind: »Wo?«

Ich: »Hier!«

Kind: »Das da ist eine Laterne, Mama?«

Dabei kämpft man die Tränen der Enttäuschung herunter und überreicht dem Kind das fertig gebastelte Objekt. Wenn man Glück hat, hat das Kind ein wenig Mitgefühl und murmelt nur so etwas wie »Eine Laterne?« und dreht sich dann um, damit die Laterne bis zum 11. November in den Schrank gestellt werden kann.

Dann rutscht das Kind auf einem der kleinen Glitzerseen am Boden aus und fällt mit seinem ganzen Gewicht in ebenselbe.

Ich habe für drei Kinder insgesamt dreizehn Laternen gebastelt. Ich kann einfach nicht mehr. ICH KANN NICHT MEHR.

Ich habe dieses Jahr eine fertige gekauft und mich selber drauffallen lassen. Das ging viel schneller.


Nachtrag vom 30. Juni 2016: Mit diesem Text bewerbe ich mich für den scoyo ELTERN! Blog Award.

Neuigkeiten aus dem frisch duftenden Freudental

20130921-163446.jpgNoch vor wenigen hundert Jahren glaubte man, dass die Berührung einer menstruierenden Frau Wein sauer mache, Bier umschlagen und Milch gerinnen lassen könne. Ferner würden Spiegel trübe werden und Metalle rosten, wenn eine menstruierende Frau sie anschaute.

Auch Mitte der 90er war „Die Geschichte der Menstruation [immer noch] eine Geschichte voller Missverständnisse…„. Wenn ich 2013 durch die Hygieneabteilung einer Drogerie laufe, sehe ich noch keine wesentliche Verbesserung. Denn die Frau scheint nicht nur menstruierend eine Zumutung zu sein. Die Frau als solches müffelt offenbar permanent aus dem Schritt. Nicht anders kann ich es deuten, wenn gut ein Drittel aller Produkte zur täglichen Hygiene – Slipeinlagen & Co. – mit Gerüchen versetzt ist, die nicht besser riechen als die kleinen Tannenbäumchen, die man sich ins Auto hängt, weil dort geraucht wird oder man gedenkt regelmässig nasse Hunde zu transportieren.

Produkte dieser Art werfen so viele Fragen auf. Wer benutzt sie und warum? Aber auch: wer entwickelt sie und warum?

Der ganzen Idee muss doch irgendein Irrglaube in altchristlicher Tradition zugrunde liegen (nachzulesen im Alten Testament im 3. Buch Mose), der die Frau als unrein ansieht – v.a. dann wenn sie ihre Tage hat. Aber da diese Gerüche ja nicht nur auf Binden sondern auch auf Slipeinlagen appliziert werden, scheint es da um eine generelle tiefsitzende, dem weiblichen Geschlecht anhaftende, Unreinheit zu gehen.

Ich stelle mir vor, wie solche Produkte entstehen. In meiner Phantasie sehe ich einen Sitzungsraum mit verglasten Wänden. Um einen großen Tisch sitzen mehrere Produktmanager. Eine Sekretärin serviert Kaffee und wünscht sich an einen anderen Ort, während ein Teil der Männer in Krawatten angestrengt auf ein Flipchart schauen. Vorne steht ein weiterer Mann, der über die weibliche Anatomie und den Zyklus referiert. Niemals nennt er die Dinge beim Namen. In dem Raum wurde noch nie das Wort „Vagina“ oder „Blut“ ausgesprochen. Er redet von „da unten“ und von „Monatsfluss“.

Einige der Herren schauen sich die Fußballergebnisse vom Wochenende an. Dann – plötzlich – hat einer eine Erleuchtung. „PARFENG!“ ruft er aus. „Parfum! Frauen lieben Parfum.“ Ein weiterer schreckt hoch. „BLUMEN!“ Ein Dritter wie von der Tarantel gestochen „JA! Blumenduft im Schritt!“

Und so war das parfümierte Hygieneprodukt für Frauen entstanden! Alle zufrieden! So schön!

Für meinen Teil finde ich diese Produkte absolut grauenhaft. Ich meine, da steht ja nicht mal: Duftet nach Blümchen. Nein! Die Gerüche heißen Freshness und versprechen Gerüche zu neutralisieren und Wäsche zu schonen! Odor Control! Und ich rede hier nicht von Produkten, die man nach einer Geburt im Wochenbett verwendet. Nein. Das sind Produkte, die man sich täglich in die Hose kleben soll, um die zarte Wäsche zu schonen. Vermutlich weil man jederzeit alles volltriefen kann.

Wie stellen die Werbenden sich eigentlich den Einstieg in solche Produkte vor? Eine Mutter, die sich ihre Tochter mal zur Seite nimmt und ihr zuraunt: „Schatz, ich muss Dir was sagen. Du bist jetzt in diesem Alter, wo du untenrum riechst und deine Spitzenhöschen naja sagen wir strapazierst. Ich hab dir deswegen diese wohlduftenden Slipeinlagen besorgt. Von nun an bis in alle Ewigkeit sollst du dir täglich ein bis drei Dinger in den Schlüpfer kleben.“

Als Mann hat man es, was Hygiene angeht, leicht. Duschen genügt offensichtlich. Als Frau kann man wohl froh sein, wenn nicht Produkte erfunden werden, die Wurzelbürsten und aggressive Kernseife zu einem einzigartigen Hygieneerlebnis verschmelzen. Für Frauen gibt es Duschgel und dann natürlich Produkte, die speziell für den Intimbereich sind. Doch – selbst wenn man sich täglich duscht, die Unreinheit ist unabschüttelbar und deswegen müssen wir uns mit chemisch duftenden Slipeinlagen weiter vor unseren offenbar ekelerregenden Gerüchen schützen.

Dass das nicht nur frauen- sondern menschenverachtend ist, wird schnell sichtbar, wenn man mal seine Phantasie spielen lässt und entsprechende Produkte für Männer erfindet. Das Duschgel Eichelfresh. Penis-Anti-Odor! Eine Hoden-Peeling-Creme, die makellose Reinheit verspricht? Ein Freshness-Spray, das man nach jedem Toilettengang aufsprühen kann?

Die Welt braucht solche Produkte nicht und v.a. braucht die Welt aufwachsender Mädchen und Frauen nicht den Glauben, dass der Genitalbereich grundsätzlich stinkt.

Eine Website eines Anbieters von Produkten, wie oben beschrieben, wirbt mit den Worten:

„[Jetzt] können Frauen sich täglich immer frisch fühlen. <HERSTELLERNAME> glaubt, dass Frauen, die sich rundum frisch fühlen, den Moment leben und das Leben mehr genießen können. Deshalb liefert <HERSTELLERNAME> das ultimative Frischegefühl. Damit Frauen täglich jeden Moment genießen können. […]“

Es wäre wirklich zum Lachen wenn es nicht zum Weinen wäre.

Halten Sie Ihre Beziehung durch unbequeme Hosen am Leben

So eine Schlabberhose, das muss die Liebe abkönnen. Ja, ich verlange, dass das die Liebe sogar wachsen lässt.

Am Wochenende waren wir bei einer Hochzeit eingeladen. Die Standesbeamtin war von ihrer eigenen Rede so ergriffen, dass sie selbst Tränen in den Augen hatte. Genau genommen war sie so gerührt, dass nur der Tisch sie davon abhielt, dem Brautpaar in die Arme zu fallen und das aufwändig bestickte Seidenkleid der Braut mit Tränenflüssigkeit zu durchtränken.

Als ich hinterher die Brautmutter irritiert fragte, ob die Standesbeamtin vielleicht irgendwie mit Teilen der Hochzeitsgesellschaft verwandt sei, wurde das verneint.

Ihre Rede beinhaltete allerlei Weisheiten über die Korrelation von Lebensglück und schlechtem Wetter zum Hochzeitstag (es regnete, das Verhältnis ist indirekt proportional, mein Beileid allen Paaren, die bei Sonnenschein geheiratet haben) und dann wußte sie natürlich noch viel über die Liebe als solches zu berichten.

Das Kribbeln solle man sich z.B. erhalten. Zum Glück bin ich ja ein sehr beherrschter Mensch und deswegen konnte ich mich gut zurückhalten und habe gar nicht zum Thema „Über die Unmöglichkeit und evolutionsbiologische Unnötigkeit das Verliebtheitsgefühl der ersten Phase über Jahre zu erhalten“ referiert. Das geht nämlich gar nicht. Physiologisch ist das nicht möglich. Da es sich bei dem Kribbeln lediglich um die Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter handelt, bei denen die Rezeptoren jedoch unglücklicherweise irgendwann zwangsläufig adaptieren, was zur Folge hat, dass dieses Limerenz-Gefühl sich irgendwann durch schlichte Gewöhnung erledigt.

Nun gut. Ich kann den Vorsatz diese unsägliche Verliebtheitsphase möglichst lange zu erhalten nicht verstehen, aber tolerieren. Ich für meinen Teil kann auf Gedankenbesessenheit, Schlaflosigkeit, physiologischer Übererregtheit, Appetitlosigkeit und verzerrte Wahrnehmung bestens verzichten.

Auch habe ich keine Diskussion zu Geschlechtssterotypen oder Alltagssexismus gestartet, nur weil die Standesbeamtin sehr lange ausholte, welche Pflichten die EheFRAU alle zur erfüllen hätte, um den Mann glücklich zu machen. Man müsse beispielsweise wenigstens die Abseitsregel verstehen, um dem Manne das unbedingte Interesse an seinen Hobbys zu demonstrieren (Augenverdrehen!).

Schluss mit lustig war aber bei der Bemerkung, die Frau solle zuhause (natürlich ist die Frau immer zuhause und erwartet den Mann, der gestresst von der Arbeit zurück kommt) keine Schlabberhosen tragen. Das zerstöre die Liebe.

DAS TRAGEN VON SCHLABBERHOSEN ZERSTÖRT DIE LIEBE!

Ich musste an die Gute-Hausfrau-Ratgeber der 50er Jahre denken, als ich das hörte. Wenn die Liebe vergeht, ist das natürlich das Verschulden der Frau. Notfalls eben weil sie die falsche Kleidung getragen hat. Es gehört zum modernen Leben offensichtlich nach wie vor dazu, dass die Frau arbeitet, sich um den Haushalt kümmert und dann aufgebrezelt den gestressten Mann mit einem Glas Martini an der Haustür erwartet.

Wie furchtbar!

Mein Mann genießt viele Privilegien. Zum Beispiel schreie ich im normalen Leben nie andere Menschen an. Nur meinen Mann. Eine außerordentliche Ehre, dass er mein wahres Ich sehen und kennen darf. Mein nacktes und lautes Innenleben. MEINE GEFÜHLE EBEN! Nicht meine magengeschwüriduzierende Kontrolliertheit.

Genauso darf er mich in den schlampigsten, ausgedelltesten Schlumpihosen der Welt sehen. Ungeschminkt! Manchmal kämme ich mir sonntags nicht mal die Haare. Dieser intime Anblick ist nur für meinen Lebenspartner bestimmt und das nicht von Anfang an. Das Vertrauen muss erstmal entstehen. Alle Beziehungen, die weniger als drei Jahre andauerten, kamen nie in diesen Genuss. Naja gut, der Postbote vielleicht noch. Ja, oder der Bäcker – ok, ok, manchmal auch die Kindergärtnerinnen und gelegentlich auch einige FreundInnen. Aber sonst niemand! Sonst bin ich immer adrett angezogen und geschminkt. IMMER.

So eine Schlabberhose, das muss die Liebe abkönnen. Ja, ich verlange, dass das die Liebe sogar wachsen lässt.

Sonst schreien doch immer alle nach Authentizität – aber wenn es um Hosenauthentizität geht, da scheiden sich die Geister.

Die Schulbrotchroniken

Ich schaue auf viele Jahre Erfahrung des Schulbrotschmierens zurück und doch – ich habe die Regeln des Verzehrs oder Verweigerns immer noch nicht erfasst. Am ersten Schultag packte ich zwei Stullen mit Salami in die Brotdose. Beide waren am Nachmittag aufgegessen. Also bekam das Kind am zweiten Tag ebenfalls zwei Salamibrote mit. Als ich am Nachmittag in die Brotdose schaute, hatte das Kind nur einmal abgebissen. Eine Rückfrage ergab, es hätte nicht geschmeckt – was für mich aufgrund der identischen Zubereitung im Vergleich zum Vortrag relativ unlogisch erschien. Was es denn in die Brotdose hinein haben wolle? Serenity-Piper, die neue Mitschülerin, die hätte Sushi bekommen. Eine kleine Variation freilich nur, aber das könnte ich doch auch mal machen? Das könne nicht sein! Sushi müsse gekühlt sein, das würde doch schlecht werden, hatte ich einzuwenden. Das würde wohl stimmen, aber die Brotdose von Serenity-Piper besäße eine Kühlautomatik. Batteriebetrieben.

Da wir eine solche Dose nicht hatten, gab es am dritten Tag Salami-Sticks, ein Paar Mozzarellabällchen am Spieß und ein gebuttertes Vollkornbrötchen. Das Kind aß das Vollkornbrötchen. Salami würde es nicht mögen und den Mozzarella hätte ich nunmal nicht gewürzt – auch hätte ich vergessen die Garnitur mit Basilikumblättern hinzuzufügen.

Für den nächsten Tag war ich relativ ratlos. Kind 1.0, der Internetrecherche schon lange mächtig, zog sich mit Kind 2.0 zurück und mir wurde dann folgender Link präsentiert (Bitte nicht klicken, wenn die Kinder mit dabei sind). Mit dem Totoro and Bear Calzone Bento könne ich ja mal einsteigen.

Totoro Calzone Bento, a photo by sherimiya on Flickr.
Totoro Calzone Bento, a photo by sherimiya on Flickr.

Nur den Brokkoli könne ich weglassen. Die Äpfel natürlich auch und naja so richtig lecker seien die Zuckererbsenschoten und der Mais auch nicht.

Ich bastelte also einen Hasen aus Brot.

Am Nachmittag saß der Hase immer noch in der Brotdose. „Ich kann nichts mit Augen essen, Mama“, lautete die Erklärung.

Ich setze mich in der Nacht dann nach getaner Hausarbeit an meinen Computer und absolvierte den Online-Kurs Brote ausstanzen für Anfänger, um perspektivisch gegen Ende des Jahres das große Bento-Box-Vordiplom zu machen und erzeugte* ich ein Mini-Bierschinken-Sandwich, welches ich aufwändig dekorierte**.

 

Bierschinken-Sternchen garniert mit pflückfrischen Basilikum auf Senfcreme
Bierschinken-Sternchen garniert mit pflückfrischen Basilikum auf Senfcreme

*Die Herstellung dieses ca. 1,5 x 1,5 cm großen Sandwiches hat ca. 120 Minuten in Anspruch genommen.

**Ein bisschen schade ist, dass das Schirmchen nicht in die Brotdose passt. Ich musste es für die Schule dann weglassen.

 

 

 

 

Bleibt am Ende nur eine Frage: Was macht man mit den „Resten“?

Bento2
Mutti-Bento

 

 

 

 

 

 

 

 

Mein außerordentlicher Dank für die Inspirationen gilt der Schulbrotselbsthilfegruppe auf Facebook.