Eltern-Streik

Der Eltern-Streik war wie folgt geplant: Wir machen nichts mehr bis Kind 1.0 auf Knien durch den Flur rutscht und ruft „Ich habe verstanden! Ich habe verstanden! Ich werde jetzt alles tun was ihr sagt. Ich liebe Euch! Ich schätze Eure Mühen! Erbarmen! ERBARMEN!!!“

Der Streik verlief wie folgt:

Tag 1:
Wir lassen Geschirr und ähnliches stehen. Räumen aber Müll weg. Kleidungsstücke stapeln wir auf einer Stelle. Kind 1.0 zeigt keine registrierbaren Reaktionen auf die steigende Unordnung.

Tag 2:
Wir lassen zusätzlich Umverpackungen auf Tischen und anderen Oberflächen liegen. Wenn etwas aus dem Schrank genommen wird, lassen wir die Schranktüren offen. Kind 1.0 verhält sich wie immer.

Tag 3:
Wir lassen zusätzlich Essensabfälle liegen und lassen Jacken, Mützen und ähnliches am Ort des Ablegens auf den Boden fallen. Kind 1.0 scheint sich wohler als sonst zu fühlen.

Tag 4:
Wir lassen Abfälle an Ort und Stelle aus der Hand gleiten. Verteilen Haare, Zahnpastareste und Haarbürstengewölle in den Waschbecken. Sauberes Geschirr gibt es schon lange nicht mehr. Kind 1.0 bemerkt, dass es nicht mehr Tisch decken muss und man einfach die Gegenstände des Vortrags verwenden kann. Es freut sich.

Tag 5:
Die Wohnung stinkt, man findet kaum etwas wieder. Wir haben mehrere Wunden, die von eingetretenen Gegenstände oder offen stehenden Schubladen stammen. Kind 1.0 isst nur noch direkt aus dem Kühlschrank.

Tag 6:
Alle Frischnahrungsmittel sind aufgebraucht. Kind 1.0 kommt jeden Tag später vom Hort zurück.

[…]

Tag 16:
Der einzige Zufluchtort ist unser Bett. Wir verbringen den ganzen Tag darin und wehren mit Besenstielen die Tiere ab, die sich vom Unrat der Wohnung ernähren.

Tag 17:
Eines der Mülltiere hat sprechen gelernt, es fordert im Namen der anderen Getiere, dass der Müll konzentiert an einer Stelle gelagert wird, die Infrastruktur seiner Kultur sei bedroht. Wir lehnen ab.

Tag 18:
Unsere Reis- und Nudelvorräte neigen sich dem Ende zu. Wir rationieren so wie wir es im Dschungelcamp gesehen haben.

Tag 19:
Die Faulgase, die sich gebildet haben, leuchten im Dunkeln. Mein Mann und ich sehen vom Bett aus auf die glühende Wohnung und fühlen uns verliebt. Kind 2.0 und 3.0 wohnen bei den Großeltern.

Tag 20:
Die Schlucht, die Kind 1.0 sich zwischen Kinderzimmer und Toilette wie eine Schneefräse gebahnt hat, bricht zusammen. Die Müllwesen ernennen Kind 1.0 zu ihrem Anführer. Jene, welche einen IQ über 80 haben, machen seine Hausaufgaben. Andere beschaffen ihm Dinge, die auf dem Bio-Müll gewachsen und essbar sind.

Tag 21:
Wir können die Heizung abstellen. Unrat und Bio-Müll geben so viel Wärme ab, dass wir auf Kleidung verzichten können. Kind 1.0 bemerkt, dass wir lange schon nicht mehr gemeckert haben und sagt, dass es das gut finde. Nachts weine ich leise ins Kissen. Mein Mann sagt, wir müssen durchhalten.

Tag 22:
Wir vermissen die anderen Kinder sehr. Doch da: Kind 1.0 stellt unaufgefordert einen Teller in die Spülmaschine. Es sagt, dass es sich seit knapp einem Monat viel besser fühlt als sonst. Wir sind einsichtig. Die Gehirnentwicklung scheint in diesem Stadium der kindlichen Entwicklung keine Rezeptoren für die Bedürfnisse anderer zu besitzen. Wir kriechen vor ihm auf den Boden und flehen: „Verzeihe uns unsere Uneinsichtigkeit, unsere überzogenen Forderungen, unsere unrealistischen Erwartungen! Verzeih‘!“ Es hält uns die Hand hin, damit wir sie küssen können. „Jetzt räumt den ganzen Mist endlich weg und kocht mir was Ordentliches! Ich habe mir das lange genug geduldig angesehen!“

Die Verwandlung

Böse Zungen behaupten in meiner Studentenzeit habe sich das Geschirr in meiner Spüle so lange gestapelt bis nur noch ein flauschiger Schimmelball zu sehen war.
Das Problem habe ich schnell in den Griff bekommen indem ich 90% des Geschirrs weggeschmissen habe und von jedem Gebrauchsgegenstand nur ein Exemplar verwahrte.
Trotz dieser hohen Schmutz- und Unrattoleranz, war ich nie ein WG-Typ.  Fremder Unrat war mir schon immer ein Dorn im Auge.
Bis vor wenigen Monaten war das kein Problem. Als Nicht-WG-Typ zieht man einfach in keine WG.
Doch eines Tages wachte ich auf und wohnte doch in einer. Kind 1.0 hatte sich wie Gregor Samsa über Nacht vom harmlosen Kind zum präpubertierenden Ungeheuer verwandelt .
Eben noch niedliches Kindlein mit roten Apfelbäckchen, das stets um 5.30 Uhr morgens den Tag fröhlich begann, standen wir nun um 10 Uhr laut klopfend an seiner Zimmertür es aufzufordern zum gemeinsamen Frühstück zu erscheinen.
Ca. eine Stunde später kam es missmutig an den Tisch, legte die Füße auf selbigen, stützte einen der Ellbogen am Hochstuhl des Geschwisterkindes und verschlang mit einem Haps das Salamitoast um kurz darauf wieder im Zimmer zu verschwinden.
Fortan war Kind 1.0 lediglich zu den Essenszeiten im Kreise der Familie zu sehen. Wenn es das Zimmer verlies, nahm es Gegenstände mit, um diese wie Revierduftmarken in der Wohnung zu verteilen. Das Zimmer selbst war geschmückt mit dreckstarren Kleidungsstücken, Umverpackungen seltsamer, nie von uns gekaufter Lebensmittel und Bergen von zerknitterter Schulsachen.
Alles Reden und Appellieren über Befindlichkeiten und Konsequenzen war umsonst. Kind 1.0 wollte sich fortan nicht mehr an gemeinsamen Aktivitäten beteiligen, nichts für andere tun und schon gar nicht Ordnung halten oder schulische Angelegenheiten ernst nehmen.
Bestimmte Sätze wurden solange gesagt, bis die Elternlippen rau und die Zungen ermüdet waren.
Wir beschlossen einen Eltern-Streik, die größte Herausforderung meines Lebens.

Haushalt und das Lebensglück der Kinder

Manche fürchten, dass man verblöden könnte, wenn man sich ausschließlich um Haushalt und Kinder kümmert. Sofern man seine Aufgaben nicht allzu ernst nimmt, mag es dieses Risiko tatsächlich geben.
Arbeitet man jedoch stets mit dem Vorsatz maximal effizient zu sein und replizierbare Ergebnisse bei gleichbleibender Qualität zu erhalten, dann kann davon nicht die Rede sein. Es scheint mir deswegen selbstverständlich wenn für alle Abläufe Prozessablaufschemata erstellt werden.
Eine Maschine Wäsche wird nicht einfach so aufgehängt! Sie wird nach Regeln, die durch mehrere Testläufe verifiziert wurden, der Wäschetrommel entnommen. Die Testläufe werden mitgestoppt und der Lauf, der in kürzester Zeit als Ergebnis die meiste Wäsche in korrekter Form auf das Wäschereck bringt, ist die Grundlage für das eben erwähnte Prozessablaufschemata.
Dieser Prozessablaufschemataerstellungsprozess ist mit diversen Haushaltstätigkeiten zu durchlaufen.
Hilfreich ist hierbei, wenn man sich zunächst alle alltäglichen Aufgaben auf ein Blatt Papier schreibt, sie thematisch ordnet und dann Oberkategorien erstellt. Im zweiten Durchlauf werden diese auf Vollständigkeit überprüft und ggf. ergänzt.
Dann erstellt man eine Prioritätenliste und weist Zeiten zu. Am Ende der Bemühungen hat man einen Haushaltstätigkeitenkatalog, der alphabetisch sortiert, schnell Überblick über die optimierten Abläufe gibt.
Als mein Mann in Elternzeit ging und sich willig zeigte Aufgaben rund um Haushalt und Kinder zu übernehmen, überreichte ich ihm hocherfreut die gerade überarbeitete Version des Haushaltstätigkeitenkatalog.
Ein wenig überrascht musste ich zur Kenntnis nehmen, dass er nicht die erwartete Begeisterung zeigte. Beinahe entsetzt stellte ich fest, dass er sich an die Idealabläufe gar nicht halten will. Obwohl ich ihm mehrere Male eindringlich erklärt habe, dass es völlig sinnlos sei erneut bei dem Schritt „Wie geht das eigentlich?“ und „Kann man das noch besser machen?“ anzufangen, überging er meine Ablaufdiagramme böswillig.
Er denkt, es ist egal, ob man erst die Unterhosen und dann die T-Shirt aufhängt. Er denkt sogar man könne Wäschestücke einfach irgendwie auf den Wäscheständer hängen.
Über Folgen macht er sich keine Gedanken! Es ist nämlich so: Heute ein Kinderschlüppi falsch aufgehängt, in zweiundzwanzig Jahren das Lebensglück des Kindes nachhaltig zerstört.
Ein Beispiel: Der rosa Mäuschenschlüpfer um neunzig Grad zur oberen Abschlusskante des Beineinstiegs verdreht auf die Wäscheleine gehängt, bewirkt aufgrund des unschönen Abdrucks der Wäscheleine am nächsten Tag einen hysterischen Anfall beim Kind. Der kann entgegen aller pädagogischen Vorsätze nur mit einem Gummibärchen beendet werden. Das passiert täglich bis zum 13. Lebensjahr. Macht 4.745 Gummibärchen zusätzlich zu den Süßigkeiten an Ostern, Weihnachten und zum Geburtstag. Sind 61.685 Kalorien allein wegen einer Unterhose. Von den Auswirkungen auf das Gewicht nicht zu sprechen. Allein schon die Katastrophe wenn das Übermaß an eindeutig vermeidbaren Süßigkeiten Hautprobleme bei unserem zukünftigen Teenager auslöst. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Hautprobleme negativ mit der Variable Beliebtheit innerhalb der Peergroup korrelieren. Dies wiederum führt zu wenig Erfahrungen mit Liebeleien. Was bedeutet, dass das arme Kind erst mit fünfundzwanzig die erste ernsthafte Beziehung zu einem Mann eingehen wird. Leider mit dem falschen, was das Kind aufgrund der mangelnden Erfahrung aber nicht erkennen kann. Persönlich empfundenes Unglück wirkt sich negativ auf den Selbstwert aus, weswegen ein anderer Bewerber im Assessment Center für die berufliche Traumposition unseres Kindes vorgezogen wird. Die Kurve des Lebensglücks fällt erneut ab.
Ich sehe aus Platzgründen davon ab, den weiteren, unabwendbaren Verlauf der Zukunft unseres Kindes zu schildern. Es dürfte klar geworden sein, dass man eine Unterhose eben nicht irgendwann und irgendwie aufhängt.

Meilensteine und Zeitpuffer

Ich möchte jetzt nicht unbedingt sagen, dass ich zu Panik neige. Ich hab halt nur gerne Zeitpuffer. Bin gerne so zwei, drei Stunden vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof. V.a. wenn ich mir noch ein Brötchen für die Fahrt kaufen möchte. Die Auswahl ist groß und da ziehe ich es vor genug Zeit zu haben, um das Richtige auszusuchen.
Fährt der Zug um 10 Uhr ab, stehe ich um 5.00 Uhr auf. Man braucht schließlich einen zusätzlichen  Puffer falls zuhause etwas schief geht. Spätestens 7.00 Uhr verlassen wir also das Haus, was bedeutet, dass ich die Kinder um 6.00 Uhr wecke und dann ab 6.20 Uhr hysterisch anschreie, dass sie sich beeilen sollen, weil wir sonst den Zug verpassen.
Leider kam Kind 1.0 irgendwann in die Schule.
Leider fängt die Schule jeden Tag um 8.15 Uhr an – was für mich bedeutet, dass ich – ginge es nach meinem Gefühl – gerne um 6.00 Uhr das Haus verlassen würde.
Zwei Jahre haben wir das Kind nun angetrieben. Mach dies, mach das, mach es jetzt, mach es schneller. Dem Kind hat’s nicht so gut gefallen und irgendwie förderte das Ganze weder die Selbständigkeit noch den Willen selbst Verantwortung zu übernehmen.
Also haben wir dem Kind gesagt, dass es jetzt alles selbst machen müsse und auch selbst bestimme, wann es los gehe.
Jetzt heißt es jeden Morgen Höllenqualen erleiden.
Das Kind steht gewohnheitsmäßig um 6.15 Uhr auf, beginnt dann aber Comics zu lesen. Es liegt auf dem Bett und pult zwischen den Zehen, während ich mich in ein anderes Zimmer eingesperrt habe und leise in ein Kissen sage: „Du musst noch frühstücken, Zähne müssen geputzt werden, du bist noch nicht angezogen, sind deine Schulsachen gepackt, denk‘ daran – heute ist schwimmen, gleich ist es 7.45 Uhr…“

7.50 Uhr: Mir steht der Schweiß auf der Stirn, meine Hände zittern, das Kind nimmt den ersten Löffel Müsli zu sich. Es plaudert fröhlich vor sich hin.

7.55 Uhr: Das Kind beginnt die Zähne zu polieren.

7.58 Uhr: Es entscheidet sich heute zusätzlich Zahnseide zu benutzen. 8.00 Uhr, es zieht sich sehr langsam einen Socken über den Fuß.

8.06 Uhr: Es zieht einen weiteren Socken an. Mir tränen die Augen, meine Lippen sind blutig gebissen.

8.08 Uhr: Das Kind schaut mich entnervt an: „Können wir jetzt endlich gehen?“ Eltern sein, heißt eben meistens aushalten lernen und das schreckliche tolle: Kind 1.0 ist noch nie zu spät in die Schule gekommen, seitdem es alleine entscheidet wann es was tut.

Der Weg zum Zweit-, Dritt- und ggf. Viertkind

Die aktuelle NIDO (seltsamerweise auch die ELTERN) stellt die Frage: Wollen wir noch ein Kind? Das Mehr-als-ein-Kind-haben scheint zu 90% eine Geldfrage zu sein – möchte man den Interviewten glauben. Es mag somit niemanden wundern, dass wir sehr sparsam sind. Zum Sparsamsein gehört auch das Ergattern von Schnäppchen. Persönlich glaube ich, dass die Bundesregierung die bezahlte Elternzeit gar nicht eingeführt hat, damit man sich besser um die Kinder kümmert sondern dass man besser Schnäppchen jagen kann.
Das Schnäppchen-jagen als solches ist nämlich ein anstrengendes Unterfangen. Ohne Studium, Organisationstalent, Durchsetzungsvermögen und einige Jahre Berufserfahrung als Projektmanagerin wäre es mir z.B. gar nicht möglich wöchentlich – ja fast täglich – Schnäppchen zu ergattern.
Es fängt schon damit an die richtigen Schnäppchen zu entdecken. Dafür klaue ich regelmäßig Werbebroschüren von den Nachbarn, abonniere Newsletter und lese entsprechende Internetseiten (z.B. Sparbaby) – was ca. 2 Stunden des Tages einnimmt. Und zwar die zwei Stunden zwischen 5 und 7 Uhr. Danach mache ich mich auf den Weg zu den entsprechenden Geschäften, um mit zweihundert anderen darauf zu warten, dass sich die Ladentüren um 8 Uhr öffnen und wir uns um Ledersandalen für den Sommer für 9,99 Euro prügeln.
Im Laufe der Zeit haben sich einige Techniken herauskristallisiert, die ich nur empfehlen kann. Ganz wichtig: Mit Kinderwagen ergattert man nichts. Das aktuelle Baby also vorne an den Körper binden und am besten das Köpfchen mit Fahrradhelm schützen. Denn es kann schon mal zu kleinen Rangeleien kommen. Die Örtlichkeiten sollte man vorab schon mal inspiziert haben, so dass man nicht unnötige Umwege läuft. Auch das Tragen der im Moment noch wenig verbreiteten Känguruschuhe (Fachausdruck Poweriser) hat sich in der Vergangenheit als sinnvoll erwiesen.
Protektoren an allen Extremitäten helfen ebenfalls Blessuren zu vermeiden, die man bei Wühltischschubsereien mit 1,90 großen Bauarbeitern davon tragen kann, die ihren Töchtern ebenfalls die günstigen rosa Gummistiefel versprochen haben.
Auch lohnt es sich, verschiedene Rempel- und Abrolltechniken, die man sich leicht bei Arnold Schwarzenegger in Versprochen ist versprochen abschauen kann, zu erlernen.
Dann und nur dann ist es möglich regelmäßig Geld zu sparen. Dann und nur dann kann Deutschland gerettet werden, der Geburtenrückgang gestoppt werden! Helft mit! Spart und macht Kinder!

More than words

Mein Mann ist ganz schön sensibel. Ihn setzen die wöchentlichen Großeinkäufe unter Druck, habe ich gestern mitbekommen, als ich ihn bei einem Gespräch am Grill belauschte.
Es sei wahnsinnig anstrengend so einzukaufen, dass ich nicht rumschreie oder zumindest drei Tage ein langes Gesicht mache. Er könne machen, was er wolle, am Ende sei immer etwas falsch. Der andere Mann nickte gefühlvoll und beteuerte, das sei bei ihm genauso. Sie gaben sich die Hände und schauten versonnen in die Grillkohleglut.
Ich weiß wirklich nicht was die beiden meinen.
Es ist doch ganz einfach. Steht doch alles auf dem Zettel.
Hackfleisch
Paprika
Salami
Obst
Alles andere ist doch völlig klar. Natürlich enthält jeder Posten für sich eine kleine Konnotation. Aber das erschließt sich doch per logischen Menschenverstand. Ich könnte das Ganze auch so aufschreiben:
Hackfleisch (Bio, is klar! Denk’ dran, dass unser mittleres Kind sich im Moment ausschließlich von Frikadellen ernährt. Das Hack ist aber eigentlich für die Burritos, die wir gemeinsam mit unserem Besuch essen. Wenn ein bisschen was übrig bliebe für Montag, wäre das nicht schlecht. Kauf also reichlich, aber komm’ bitte nicht wieder mit drei Kilo an.)
Paprika (Drei Stück, rot. Nicht abgepackt. Alternativ gelb. Aber nicht grün. Und kauf bitte nicht diese Dreierpacks. Grüne Paprika isst bei uns doch niemand. Achte auf den Preis. Wenn der Kilopreis sich sehr unterscheidet, dann doch abgepackt. Kann man ja in die Burritos machen.)
Salami (Für mich die Milano, die Kinder mögen lieber die dicke, die ich aus italienischer Sicht niemals Salami nennen würde. Muss eine Woche reichen. Auch für die Schulbrote. Wenngleich die zum Schneiden viel billiger ist, die schmeckt mir nicht. Wenn Du statt zu Lid*l zu Kauf*land gehst, will ich doch keine Milano, sondern lieber Ungarische. Die ist Dir aber zu ranzig im Geschmack. Also kaufe Dir noch eine extra.)
Obst (Für die Kinder. Du könntest Dir mal wieder was zur Arbeit mitnehmen. Kauf aber nicht nur Sachen, die erst eine Woche reifen müssen. Bloß kein Zeug, das nicht saisonal ist und deswegen beim ersten Kontakt mit Luft verendet. Wehe, Du kaufst Mandarinen. Beeren für 1,99 Euro pro hundert Gramm und ich flippe aus. Trauben mit Kernen mögen die Kinder nicht. Die sind ohnehin zu stark gespritzt. Also wenn, dann nur Bio!)
Dann wird er beim nächsten Männergrilltreffen aber sagen, ich sei zwanghaft und schreibe ihm alles vor. Also überlasse ich großzügig ihm das richtige zu tun.

PEKIP right from hell

Es ist ja so: Als kinderloser Mensch verpasst man im Leben nicht nur das Kinder-haben sondern auch das ganze Drumherum. PEKIP-Kurse zum Beispiel.
Die machen im Sommer sogar noch mehr Spaß als im Winter. Da kommt man von angenehmen 27 Grad Außentemperatur in einen Raum, der gefühlte 45 Grad hat. Die Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls extrem hoch und das besondere daran: es handelt sich nicht nur um schnöde Luftfeuchtigkeit, nein, da die Kinder nackt sind und alles im zehn Minuten Takt vollpinkeln, handelt es sich um pipidurchtränkte Luft.
Man atmet also Pipi, zieht das Baby aus und schwatzt mit anderen Müttern. Vornehmlich solchen, die wirklich glauben, dass Babys eines Tages durchschlafen und zwar im Sinne von zehn Stunden am Stück schlafen.
Mit meinem ersten Baby habe ich das wirklich ein Jahr durchgehalten. Bei dem zweiten Baby muss ich leider passen.
Dachte ich beim ersten Kurs noch die haarigen Achseln und unrasierten Beine der Mamas seien die einzig zu ertragende Plage, bin ich mir nun nicht sicher, ob ich irgendwo unwissentlich Nektar der Ambrosia zu mir genommen habe.
Denn hier schreit die PEKIP-Leiterin gerne mal ein Baby an, das zu heftig lautiert, weil es versucht gegen ihr Dauergequatsche anzukommen: „NA WILLST DU ENDLICH MAL RUHIG SEIN“. Meinen sizilianischen Todesblick empfangend, lächelt die PEKIP-Leiterin sogleich und beteuert dass der Gefühlsausbruch ein kleiner Spaß gewesen sei.
Dann verteilt sie Zuckerbuchstaben, die wir mit unserer Zunge entschlüsseln müssen. Neun der zehn Frauen schaffen es nicht. „Ein super Party-Spiel!“ verkündet die Leiterin „Wenn man es nicht rät, muss man einen Schnaps trinken!“
Total lustig. Danach bekommen wir Empfehlungen welche Schnäpse sich besonders als Muttertagsgeschenke eignen.
Gerne verbietet die Leiterin uns auch die Babys auszuziehen. Es sei bitter kalt. Während ich vor Hitze und Wut schwitze, tut sie zur Bekräftigung das, was ich am allermeisten liebe. Sie fasst mich ungefragt mehrere Male mit ihren eiskalten Fingern an meinem Oberarm an. Ihr Handabdruck bleibt wie ein nie verklingen wollendes, kaltes Echo auf meinem Körper.
Bislang dachte ich die nie enden wollenden Sitzungen in großen Konzernen zur Abstimmung irgendwelcher Powerpointpräsentationen seien meine Zen-Übungen gewesen. Falsch, falsch, falsch! Es ist diese Frau, die mir die Tränen wie eine alte Zwiebel in die Augen treibt. Ich knirsche mit den Zähnen, atme durch die Nase, reibe meine Augen, zwirbele meine Haare – aber ich würge sie nicht. Ich würge sie nicht. Ich bin Ruhe. Ich bin Gelassenheit. ICH BIN EIN STILLER SEE. ICH BIN EIN VERDAMMT NOCH MAL LAUES LÜFTCHEN!!!! Und gehe lieber wieder zur Mama Aerobic oder zum Babyschwimmen.

Wiederholung automatisch oder das eChild

Früher als die technischen Möglichkeiten beschränkt waren, blieb Erziehungsberechtigten nichts anderes übrig als zur Nervenschonung Zettel zu verwenden. Jeder, der Kinder hat, weiß es. Manche Dinge muss man dutzende, hunderte, ja sogar tausende Male sagen. Mein Vater hat deswegen kleine Zettelchen in verschiedenen Taschen gehabt und diese zu entsprechenden Anlässen gezückt. „Sitz gerade, Nuf!“, „Du musst nicht so laut sprechen, ich höre Dich gut!“, „Es ist schon zehn vor acht, willst Du nicht langsam mal in die Schule gehen?“.

Mit den gestiegenen Ansprüchen an die Kindererziehung ist das heutzutage kaum mehr möglich. D.h. Eltern wollen mehr und Kinder hören weniger. Hätte ich für alles einen Zettel, so sähe ich aus wie eine dieser aufblasbaren Sumoringer. Außerdem sind wir modern und sourcen gerne aus. Für was die Kinder selbst erziehen, wenn man es doch so bequem andere machen lassen kann? Also regeln wir lästig aber nötiges Erziehen mit RFID-Chips. Dank verschiedener Reichweiten und der Pulk-Erkennung eignen sich RFID-Chips nahezu optimal. Passiert Kind 1.0 beispielsweise den Eingangsbereich, wird es an alles nötige erinnert: „Stulle eingepackt? Sportzeug dabei? Zähne geputzt? Mathearbeit unterschrieben in den Ordner zurück gelegt?“, nähert es sich hygieneempfindlichen Bereichen wird abgefragt, ob die Hände und Ohren gewaschen wurden und ob die verdreckten Schuhe am vorgesehenen Platz hinterlegt wurden. Auch bei Kind 2.0 wirkt die RFID-Technologie Wunder: „Schnecken und Stöcker draußen liegen gelassen? Rotznase gereinigt? Jacke aufgehängt?“

Die Wohnung ist gespickt mit Lesegeräten, die in der Lage sind alle Transponder auf unseren Kindern auszulesen. Wir müssen nicht mal mehr in unserer Wohnung sein, um unsere Kinder zu gesellschaftlich angepassten Individuen zu machen. Wir arbeiten einfach beide 50 Stunden die Woche und lesen Abends lediglich die Protokolle der eigens von uns programmierten RFID-eChild-Software. So wird nie etwas vergessen und die Kinder wachsen zu perfekten Maschinen Menschen heran.