Zusammen mit SCHAU HIN! Let’s talk S02E03 mit Susanne Mierau
Im Zentrum meiner Serie Let’s talk stehen die Chancen, die digitale Medien mit sich bringen. Nachdem ich in der ersten Runde v.a. allgemein über Nutzung und Plattformen gesprochen habe, soll es jetzt konkreter werden. Wie sieht Medienalltag bei anderen aus? Deswegen befrage ich in der 2. Staffel Eltern, wie sie in ihren Familien mit digitalen Medien umgehen: Ich freue mich im dritten Teil etwas über den Umgang mit digitalen Medien in der Familie von Susanne Mierau zu erfahren.
Vor einigen Jahren bin ich auf Susanne Mieraus Blog Geborgen Wachsen gestoßen. Seitdem lese ich dort regelmäßig. Susanne hat einen sehr warmherzigen und immer positiven Blick auf Kinder und das Leben mit Kindern. Sie ist für mich eine der authentischsten Bloggerinnen – v.a. seit ich sie persönlich kennenlernen konnte. Auch ihre Bücher (Geborgen wachsen, Geborgene Kindheit, Ich! Will! Aber! Nicht! und Mein Schreibaby), kann ich sehr ans Herz legen.
Klickt man sich durch ihr Blog sieht man viel Holz, Filz, Naturmaterialien und hübsche Basteleien. Das mag das Vorurteil wecken, dass hier alles verteufelt wird, was einen Stecker hat. Tatsächlich ist das nicht der Fall. Ich habe selten eine Familie gesehen, die so sinnig und kompetent mit den ganzen digitalen Medien umgeht.
Zusammen mit SCHAU HIN! Let’s talk S02E02 mit Rike Drust
Im Zentrum meiner Serie Let’s talk stehen die Chancen, die digitale Medien mit sich bringen. Nachdem ich in der ersten Runde v.a. allgemein über Nutzung und Plattformen gesprochen habe, soll es jetzt konkreter werden. Wie sieht Medienalltag bei anderen aus? Deswegen befrage ich in der 2. Staffel Eltern, wie sie in ihren Familien mit digitalen Medien umgehen: Ich freue mich im zweiten Teil etwas über den Familienalltag von Rike Drust zu erfahren.
Rike Drust ist für mich eine der sympathischsten und v.a. lustigsten Frauen, die ich im Internet kenne (und das obwohl Frauen doch gar nicht lustig sein können!). Bevor ich regelmäßig ihr Blog Infemme gelesen habe, ist mir ihr erstes Buch „Muttergefühle. Gesamtausgabe.“ begegnet. Ich habe das Buch während einer Zugfahrt gelesen und musste so laut lachen, dass mich die Leute im Abteil ganz seltsam angeschaut haben. Ich liebe ihren Humor, und ich liebe ihre Ehrlichkeit und den unverstellten Blick auf die (Familien)Welt, die eben nicht immer schön ist. Deswegen ist auch ihre Fortsetzung „Muttergefühle. Zwei.“ unbedingt lesenswert. Im Internet habe ich Rike schon das ein oder andere Mal Dinge sagen hören, die nahe legen, dass sie dem Serienstreamen nicht abgeneigt ist und auch wenn sie in ihrem Blog mit Vorliebe großartige Kinderbücher aus echtem Papier vorstellt, vermute ich auch bei ihr eine positive Einstellung zu den neuen Medien.
Im Zentrum meiner Serie Let’s talk stehen die Chancen, die digitale Medien mit sich bringen. Nachdem ich in der ersten Runde v.a. allgemein über Nutzung und Plattformen gesprochen habe, soll es jetzt konkreter werden. Wie sieht Medienalltag bei anderen aus? Deswegen befrage ich in der 2. Staffel Eltern, wie sie in ihren Familien mit digitalen Medien umgehen: Ich freue mich mit Maximilian Buddenbohm zu starten.
Maximilian Buddenbohms Blog Buddenbohm & Söhne (formerly known as Herzdamen-geschichten) kenne und lese ich gefühlt seit ich das Internet kenne. Was mich ein wenig erschüttert: Ich habe in seinem Blog noch nie einen Artikel gefunden, der mich gelangweilt hat oder der irgendwie nicht lesenswert gewesen wäre. Mit gleichbleibend hoher Qualität schreibt Maximilian in einer Regelmäßigkeit, die mich erschaudern lässt. Sein Blog, so scheint es mir, ist mit ihm über die Jahre mitgewachsen und in der Zwischenzeit schreibt auch der ältere der beiden Söhne und die Herzdame selbst mit. Ich liebe das breite Themenspektrum, die Reflektiertheit und den ruhigen Blick auf die immer schneller werdende Welt.
Ich würde denken, Maximilian hat eine sehr offene Haltung zum Thema neue Medien und bin deswegen auf seine Antworten gespannt.
Wie viele Kinder leben in Deinem Haushalt und wie alt sind sie?
Zwei Söhne, acht und zehn Jahre alt.
Ab welchem Kindesalter habt ihr begonnen euch mit dem Thema Medienerziehung aktiv auseinanderzusetzen?
Etwa ab zwei Jahren bei Sohn I, also seit der ersten Kinder-App auf dem Tablet. Tiergeräusche? So etwas in der Art war es wohl, ich weiß es gar nicht mehr genau. Und da muss man dann auch schon überlegen, wie lange das Kind den Löwen brüllen lassen darf oder ob man da irgendwann aus strategischen Gründen wieder Holzspielzeug einwechseln muss. So fängt es an.
Auf einer Skala von 0 (Wir haben keinen Internetanschluss! Teufelszeug!) bis 10 (Wir möchten unsere Körper zurücklassen und unsere Gehirne ins Internet hochladen!) wo liegt ihr ungefähr?
Der Vater nur noch bei etwa sieben, die Mutter bei sechs, Sohn I eher bei neun, Sohn II auch bei nur sechs, Tendenz bei allen im Moment nicht weiter steigend. Wir haben da so ein Gartenprojekt, das ist ziemlich offline. Allerdings sind wir beruflich online, sehr weit nach unten können wir also auf der Skala gar nicht.
Was sind eure Lieblingscomputerspiele, die beliebtesten Apps, beliebtesten YouTube-Kanäle, liebsten Streamingdienst-Serien und warum?
Das lasse ich die Söhne komplett selbst beantworten –
Sohn II: „Bei den Apps die, die auch mein Bruder mag. Auf Youtube gucke ich aber auch Gartenfreund-TV und Selbstversorger Rigotti, das sind Gartenkanäle, da lernt man was. Serien gucken mein Bruder und ich auch zusammen.“
Wie handhabt ihr das mit der Medienzeit in eurer Familie?
Beide Kinder haben etwa eine halbe Stunde pro Tag, das wird selbstverständlich oft mehr, schon weil aus inhaltlichen Gründen eine halbe Stunde manchmal nicht reicht. Man kann eben schlecht aufhören, wenn man mitten in einem Level ist, das ist auch nicht sinnvoll. Der Donnerstag ist komplett medienfrei, aber nicht aus pädagogischen Gründen, das geht wegen zu vieler Termine einfach nicht anders. Lern-Apps können die Söhne stets auch länger benutzen (die App “Lernerfolg Grundschule” finde ich gut, die hat sich hier absolut bewährt und harmoniert gut mit dem Lehrplan), länger dürfen sie auch alles, was unter kreative Beschäftigung fällt. Wenn sie also mit dem Tablet einen Film drehen wollen oder Fotos machen, dann dürfen sie das meinetwegen stundenlang – das machen sie aber selten. Im Grunde ist diese ganze Begrenzung fürchterlich lästig und nervtötend, allerdings geht es auch nicht ganz ohne.
Das Interesse an digitalen Medien unterscheidet sich dabei übrigens gar nicht von meinem Interesse am Fernseher in dem Alter.
Wie kommt ihr zu Regeln, was die Mediennutzung angeht?
Wir halten ab und zu am Wochenende feierlichen Familienrat und diskutieren unendlich mühsam die Regeln aus, über die wir in den nächsten Wochen nicht mehr reden wollen. Wir legen sie sehr klar fest, wir schreiben sie sogar in Schönschrift auf und hängen sie manchmal irgendwo hin, wo alle dauernd dran vorbeilaufen. Aus Elternsicht gilt diese hochoffizielle Vereinbarung dann auch eine ganze Weile, sprich Wochen, aus Kindersicht gilt sie ein paar Stunden, bzw. bis zur nächsten neuen Serie in einem Streamingdienst. Es ist kompliziert.
Wir haben außerdem – auf ausdrücklichen Kinderwunsch! – eine Art Punktesystem. Die Söhne bekommen pro Tag für bestimmte eingehaltene Regeln Punkte, bei einer gewissen Punktezahl können sie in eine Schatzkiste greifen, in der Dinge von geringem Wert aber mit hohem Freufaktor sind, also Kaugummi etc. Das System haben sie anderswo gesehen und wollten das dann unbedingt auch haben, seitdem gibt es hier u.a. einen täglichen Punkt für “Medienfrieden”. Medienfrieden heißt, wir müssen nicht jede Spielzeitbeendigung länger diskutieren, als die eigentliche Spielzeit war, etwas überspitzt ausgedrückt. Das klappt ganz gut, erstaunlich gut eigentlich. Und beweist wieder, dass Eltern nicht immer Recht haben müssen, denn ich mag solche Systeme eher nicht, weil sie so einen merkantilen Charakter haben, alles ein einziges Wenn-Dann-Geflecht, alles Deals, also ich hätte so etwas hier nicht eingeführt. Aber wenn die Söhne das quasi spielen wollen – bitte sehr. Und zack, es funktioniert besser als alles vorher. Wie isses nun bloß möglich!
Schließlich lesen wir ab und zu über neue Erkenntnisse in schlauen Büchern oder auch von den Erfahrungen anderer Eltern in Elternblogs, und dann probieren wir wieder andere Verfahren aus. Das ist hier alles nicht starr.
Die meisten Eltern kennen das bestimmt: Es gibt Dinge, welche die Kinder total begeistern und man selbst möchte sich die Augen auskratzen. Fallen Dir da Beispiele ein? Wie gehst Du damit um?
Ich finde fast alles furchtbar, was Sohn I auf Youtube guckt, ich kann es aber auch nicht exakt benennen, was er da guckt, da ich mir die Namen nicht merken kann oder möchte. Junge Youtuberinnen eben. Das beruht aber auf Gegenseitigkeit, er findet auch befremdlich was ich gucke, alte Säcke eben, viele davon sogar schon tot. Wir lassen uns dabei aber in Ruhe, denn er ist ja er und ich bin ich. Ab und zu zeigen wir uns gegenseitig Filmchen unserer Playlists und wundern uns dann etwas, gucken uns aber bemüht verständnisvoll an und denken beide: “Nun, er ist schon seltsam. Aber sonst ganz nett.”
Die Medienmomente sollen sich ja auf den wirklich gelebten Alltag beziehen. Mal ehrlich, macht ihr Ausnahmen oder gibt es Zeiten in denen alles entgleitet? Wenn ja, wie sieht das aus und warum gibt es solche Situationen?
Es entgleitet permanent, es gibt viel Streit um das richtige Maß und es wird auch dauernd alles neu verhandelt. Alle Teile des Arrangements sind zudem erstaunlich beweglich, denn die Söhne verändern sich, schnell sogar, die Medien verändern sich, unsere Elternmeinungen und unser Wissensstand ändern sich ebenfalls. Sogar die Jahreszeiten ändern sich, und die spielen auch eine gar nicht so kleine Rolle bei dem Thema, das ist jetzt gar kein Scherz. Die dunkle Jahreszeit ist eben die Medienjahreszeit.
Es gibt darüber hinaus ein typisch elterliches Ambitionswellenreiten. Man ist also eine ganze Weile nachlässig und entspannt, viel zu entspannt, bis man entsetzt bemerkt, dass es so nicht weitergeht und alles bei uns ganz anders werden muss, besser, schöner und sinnvoller! Das ist dann die Phase, in der Kinder vermutlich denken: “Oh mein Gott, sie haben schon wieder ein Konzept.” Denn die Kinder sind ja nicht doof, also nicht nur unsere nicht, Kinder generell nicht.
Ich sehe außerdem ein, dass das hier ein Bloggerhaushalt ist, in dem die Eltern oft online sind und also auch etwas vorleben. Ich würde es verrückt finden, das zu ignorieren. Und auch wenn weder die Herzdame noch ich jemals online spielen – wir haben da in diesem digitalen Raum schon Spaß, sogar bei dem, was wir Arbeit nennen, und das merken die Kinder auch. Das spielt also alles eine Rolle, auch in den familiären Diskussionen.
In welchen Bereichen stellt ihr manchmal fest, dass eure Kinder schon Experten sind und ihr hinterherhängt?
Bei neuen Spielen sind die Söhne definitiv viel schneller als ich, sie verstehen alle Menüs sofort. Ich dagegen werden den Drang nicht los, erst einmal alles genau nachzulesen. Ich bin definitiv old Europe.
Was ist durch die digitalen Medien im Leben von Familien besser geworden?
Mir fällt nichts ein, was ich nicht selbst leicht widerlegen könnte. Außer: Es gibt weit und breit keine Dia-Abende mehr, da alle Fotos anders teilen. Das immerhin ist sehr schön, die Älteren verstehen das sicher.
Welche Aspekte von digitalen Medien machen das Leben manchmal anstrengender als früher™ und warum?
Die digitalen Medien an sich machen noch gar nichts anstrengender. Dass sie allerdings überall verfügbar sind, ist natürlich Fluch und Segen zugleich, deswegen sieht man z.B. so viele Kinder, die in Restaurants mit Handys ruhiggestellt werden. Das finde ich ebenso nachvollziehbar wie schrecklich, ich bin aber auch dabei nicht in der Lage, den ersten Stein zu werfen. Ich verstehe die Eltern, die so etwas machen, ich verstehe auch vollkommen, was dagegenspricht. Man laviert sich so durch. Stets bemüht!
Welche Frage habe ich vergessen? Was wolltest du im Kontext digitale Medien und Kinder gerne noch loswerden?
Ich wundere mich oft über ein merkwürdiges Zusammentreffen. Viele Eltern, die ihren Kindern sehr wenig Mediennutzung an Tablet etc. erlauben, weil das ja alles böse und finster ist, lassen es gleichzeitig zu, dass die Kinder viel zu früh Filme gucken, die nicht zu ihrem Alter passen. Ich habe nie verstanden, warum das so ist. Warum sind viele bei Filmen so überaus lässig, bei Apps aber nicht?
Welche Frage sollte ich den anderen Interviewpartnern unbedingt stellen, weil Du Dich da gerne mal abgleichen würdest?
Wie nutzen Eure Kinder die digitalen Medien kreativ? Das ist hier nämlich noch eher schwach ausgeprägt, da geht viel mehr.
Hast Du über das Thema digitale Medien selbst schon geschrieben? Wenn ja, welche Artikel aus deinem Blog sollte ich unbedingt gelesen haben?
Jo.
Keinen mehr dazu, es ist alles schon länger her, also mehrere Monate. Das ist schon wieder in zu vielen Aspekten ganz anders, da sehe ich von Eigenwerbung einmal ab.
Wer noch mehr von Maximilian lesen möchte, besorgt sich eines seiner Bücher: Marmelade im Zonenrandgebiet; Es ist alles nur eine Phase; Es fehlt mir nicht, am Meer zu sein oder Zwei, drei, vier: Wie ich eine Familie wurde.
Vielen Dank Maximilian, für Deine bestechend ehrlichen Antworten, in denen ich mich sehr gut wiederfinden konnte.
Liebe Leserinnen und Leser, mich interessiert auch euer Medienalltag. Kommentiert einfach hier, teilt eure Medienmomente auf Instagram, bloggt selbst darüber, twittert oder schreibt auf Facebook. Wenn ihr eure Beiträge mit dem Hashtag #medienmomente markiert, können sie später unabhängig von der Plattform, wo ihr sie veröffentlicht im Social Hub von SCHAU HIN! eingesammelt und geteilt werden.
Weiterführende Links auf SCHAU HIN! zu diesem Interview:
Gemeinsam mit SCHAU HIN! habe ich eine kleine Serie zum Thema Kinder und digitale Medien gestartet. Die Serie kam hervorragend an und es wurde schnell klar: es gibt viel Rede- und Informationsbedarf.
Ich freue mich deswegen, dass es 2018 weitergeht – allerdings in modifizierter Form. Nachdem ich in der ersten Runde v.a. allgemein über Nutzung und Plattformen gesprochen habe, soll es jetzt konkreter werden. Wie sieht Medienalltag bei anderen aus? Hierzu hat SCHAU HIN! bereits das Hashtag #Medienmomente etabliert.
#Medienmomente kann und soll von allen auf allen Plattformen benutzt werden, um ein Guckloch in ihre eigene Welt zu bieten. Wie gehen Familien mit digitalen Medien um? Was wird wann erlaubt? Was wird konsumiert etc.? Gesammelt findet ihr alles zu #Medienmomente auf dem Social Media Hub „Medien erleben“.
Genau diesen und einigen anderen Fragen wird sich die Fortsetzung meiner Kooperation mit SCHAU HIN! zuwenden. An dieser Stelle nochmal zur Transparenz: Meine Kooperation mit SCHAU HIN! ist bezahlt, jedoch werden mir keine inhaltlichen Vorgaben gemacht. Es wird nichts beworben. Mir ist eine Kennzeichnung in Abgrenzung zu meinen privaten Posts dennoch wichtig. Deswegen steht über der Let’s talk Serie [Anzeige].
Freut euch also auf die kommenden Beiträge. Es werden weiterhin die Vorteile, die (neue) Medien mit sich bringen, im Vordergrund stehen, weil Risiken und Gefahren durch Kulturpessimisten aller Ausrichtungen zu genüge beklagt werden.
Letzte Woche beschäftigte sich die sehr hörenswerte Sendung Breitband u.a. mit dem Thema „Das überwachte Kind„. Einige Tage später las ich aufgrund des Blogbeitrags von Heiko Bielinski von der Schutzranzen-App. Ab und an werde ich auch von irgendwelchen Kinderüberwachungs-GPS-Tracking-Anbietern gefragt, ob ich nicht mal einen Produkttest machen möchte. Die Varianten sind vielfältig. Von der einfachen Ortung, über die Festlegung erlaubter Aufenthaltsbereiche inkl. eines Alarms sofern diese verlassen werden bishin zur Möglichkeit das Mikrofon des Kinderhandys anzuzapfen.
Ich muss ja öfter in mich gehen, ob ich einen Test machen will oder nicht. Bei Anfragen dieser Art ist meine Haltung jedoch eindeutig: Nein, ich möchte einen solchen Test nicht machen, denn ich bin gegen die Überwachung von Kindern.
Natürlich habe ich mit meinen Kindern schon Situationen erlebt, in denen ich gerne auf einen Knopf hätte drücken wollen, der mir sagt: Da ist das Kind, alles in Ordnung.
Erst neulich war eines der Kinder sage und schreibe drei Stunden später Zuhause als verabredet. Nach 30 Minuten wurde ich nervös. Nach einer Stunde habe ich andere Eltern angerufen, dann die Schule und dann den letzten Aufenthaltsort (die Kinder hatten eine Exkursion gemacht). Ich war kurz davor die Polizei zu alarmieren, als das Kind sorglos mit drei Freundinnen durch die Tür schritt: „Achso. Ich wusste nicht, dass Du wartest. Wir waren noch unterwegs.“
Ich hab mich bemüht mit ruhiger Stimme zu sagen, dass ich in großer Sorge war, worauf die Freundinnen ihre Handys zückten (natürlich hatten alle Kinder Handys, natürlich hatte ich diverse Nummern angerufen, natürlich war keines der Kinder rangegangen, ja, ja diese Jugend. Von wegen schaut immer aufs Telefon!) und sagten: „Apropos. Wir rufen mal kurz zu Hause an.“
Wie gesagt, ähnliche Situationen gab es vorher in Varianten aller Art. Dennoch würde ich mein Kind nie mit einem GPS-Tracker ausstatten.
Natürlich wäre so ein Ding im absoluten Worst Case [1] eine Hilfe – aber die Wahrscheinlichkeit, dass selbiger eintritt ist, so hoffe ich, so verschwindend gering, dass ich diese nicht gegen das Recht auf Privatsphäre [2], die das Kind eben auch hat, eintauschen würde.
Ich bin ja selten gegen Technik, aber an dieser Stelle kommt der Kulturpessimist in mir hervor.
Nicht nur in Bezug darauf welche tatsächlichen Auswirkungen eine entsprechende Überwachung haben könnte (die aktuelle Staffel Black Mirror – Arkangel illustriert das ganz gut), sondern auch, weil ich glaube, dass die Kinder eine Reihe von Kompetenzen nicht erwerben, wenn sie sich auf GPS-Ortung verlassen.
Wir üben z.B. Orientierung. Bewusst wahrnehmen, wo man aussteigt, sich umschauen, welche Orientierungspunkte es gibt und sich Marker aussuchen. Hier geradeaus, da kommt man an einem Hochhaus vorbei, hier bei der S-Bahn-Brücke links abbiegen etc.. Auch mal umdrehen und die Gegend vom Rückweg her anschauen. Sich merken, welche U-Bahn-Stationen in der Nähe sind. Auf Schilder achten.
Telefonnummern auswendig lernen. Uhrzeit lesen lernen und Zeit im Blick behalten. Besprechen, wie man im Notfall welche Leute anspricht. Besprechen, wie man reagiert, wenn andere einen ansprechen. Immer einen Notgroschen dabei haben.
Ganz am Ende geht es für mich außerdem um die Vertrauensbeziehung. Ich möchte gerne, dass meine Kinder sich frei bewegen können, dass sie mir aber offen und ehrlich sagen, wo sie hingehen wollen. Für mich ist es gar nicht schlimm, wenn man mal was falsch macht, eine fragwürdige Entscheidung trifft oder sich ausprobiert. Mir ist es aber sehr, sehr wichtig, dass man ehrlich ist.
Das spielt für mich alles in das Thema Kinderüberwachung rein.
Es sind also diese beiden wesentlichen Aspekte für mich: Das Kind aufklären, es kompetent machen, ihm möglichst viel Situationen und deren Lösung schildern oder Konsequenzen bestimmter Verhaltensweisen erläutern und auf der anderen Seite schnöde: Vertrauen schenken und hoffen, dass dieses nicht missbraucht wird.
(Und am Ende hoffe ich v.a. dass ich entspannt bin und nicht leichtsinnig.)
P.S. Kleiner Exkurs: Das gilt übrigens auch in Bezug auf die Online-Welt. Ich bin immer völlig entgeistert, wenn ich höre mit welcher Selbstverständlichkeit z.B. Browserverläufe bei Kindern kontrolliert werden. Auch hier setze ich auf eine Mischung aus Aufklärung und Vertrauen.
P.P.S. Die Schutzranzen-App finde ich nicht nur doof, sondern sogar gefährlich, weil sie die Verantwortung verschiebt. Es gibt schließlich Ampeln und Autofahrer haben Augen. Das ist völlig ausreichend. Lieber die Ampeln mit einer Art CAR-B-Gone (analog zum TV-B-Gone) ausstatten, die sicherstellt, dass Autos nicht fahren können, solange die Fußgängerampel grün ist. Dann müssen sie eben geduldig sein.
[1] Der Breitband-Beitrag spricht von in den letzten 10 Jahren konstant gebliebenen 2.000 Kindesentziehungen pro Jahr in Deutschland, wovon aber ein Großteil durch das eigene Umfeld erfolgt.
[2] 16% aller Teenager werden in den USA per GPS überwacht
Hallo, mein Name ist Patricia und ich bin „Lichterguckerin“.
So nennen bestimmte Hardcoreoberchecker Menschen wie mich, die nix hacken können, aber auf den Chaos Communication Congress gehen und sich daran erfreuen.
Ich bin technisch interessiert, aber wenn es zu sehr in die Details geht, dann verstehe ich kein Wort. Macht mir aber nichts aus, denn im Grunde ist das wie am Anfang meiner Physiologie-Lesungen. Im ersten Semester habe ich so gut wie nichts verstanden: Telencephalon, Diencephalon, Metencephalon und Myelencephalon. Hä? Mitte des Semesters geht es dann und drei Semester später gehören diese Worte in den aktiven Wortschatz.
Tatsächlich muss man für den 34c3 nicht mal technisch interessiert sein, gesellschaftlich oder politisch interessiert sein, genügt völlig. Wie Marietta Slomka richtig festgestellt hat: die digitale Revolution hat bereits stattgefunden und die Digitalisierung/das Internet hat unser aller Leben grundlegend verändert.
Viele machen diese Entwicklungen mit, ohne sich allzu große Gedanken über die Auswirkungen zu machen. Ein bißchen mehr Überwachung hier, ein bisschen mehr Überwachung da, man hat ja nichts zu verbergen etc. pp.
So holt man sich fröhlich Alexa (Amazon Echo) und Google Home in die eigenen vier Wände – denn – es ist ja bequem.
Ist es auch. Ich kann mich da schön an die eigene Nase fassen. Benutze ich immer noch alle möglichen Google-Produkte, Facebook und Co.
Jedenfalls hilft es dann doch einmal im Jahr einen Kongress zu besuchen, der sich mit all diesen Themen rund um das Internet auseinandersetzt. Das Themenspektrum des Kongresses ist, wie an den einzelnen Tracks zu sehen, sehr breit gefächert:
Art & Culture
CCC
Entertainment
Ethics, Society & Politics
Hardware & Making
Resilience
Science
Security
Am Ende kann man sogar zu einer Marc-Uwe Kling „Qualityland“-Lesung gehen und so halb über diese Zukunftsdystopielachen, weil man tagsüber leider mitbekommen hat, dass ca. 3/4 der Dinge, die er dort beschreibt, schon Realität sind. (Black-Mirror lässt ebenfalls grüßen).
Im Übrigen kann man auch zum Kongress gehen und sich gar keine Vorträge anschauen sondern sich an der Atmosphäre und der Kunst erfreuen – eben ein paar Lichter gucken gehen.
Ich werde auch oft gefragt, ob man mit Kindern auf den Kongress kann. Meine kurze Antwort lautet: ja.
Wir haben es schon einige Male getan. Wie schon in den Vorjahren lief das so ab: Um 11 Uhr tauchten wir dort auf, um 22 Uhr jammerten die Kinder, dass wir schon nach Hause wollen.
Was genau machen die Kinder auf dem Kongress?
Zum einen gibt es den Kidsspace, der dieses Jahr in der neuen Location gefühlt dreimal so groß war, wie die Vorjahre. Dort haben die Kinder drei Tage damit verbracht die drei Tonnen Lego Duplo und die noch größeren Bausteine zu verbauen – und zwar alle. Für Vorträge waren sie dieses Jahr nicht zu motivieren. (Ich glaube, eines der Kinder haben wir im Bällebad vergessen).
In der 15.000 Quadratmeter großen Assembly-Halle gibt es außerdem unfassbar viel zu bestaunen (für Eltern z.B. wichtig: Furby-Hacking) und v.a. sehr erklärbereite Menschen. Bei vielen Dingen darf man auch mitmachen (Klassiker sind Lockpicking und einfache Lötarbeiten – dieses Jahr waren Wäscheklammern mit LEDs sehr beliebt).
Ich habe aus den Vorjahren allerdings einige Dinge dazu gelernt:
Bringt DECT Telefone mit und meldet sie vor Ort an. Dann sind die Kinder erreichbar ohne dass man sich Gedanken machen muss, dass ein technisches Endgerät gehackt wird (von WLAN ohne VPN rate ich dringend ab). Dafür muss man sich auf eventphone.de einmalig registrieren, sich eine freie Telefonnummer suchen und sich ein Wartezettelchen in der DECT-Schlange sichern.
Nehmt Essen und Trinken für die Kinder mit. Es gibt vor Ort zwar (stark überteuerte) Möglichkeiten (Crepes, Pommes, Chinanudeln etc.) – aber das hat man nach einem Tag satt.
Meldet euch rechtzeitig zum Junghackertag an, dann können die Kinder sogar selbst löten und andere tolle Sachen machen. Ich habs dieses Jahr erst zwei Tage vorher gemacht und da waren leider alle Plätze in den geschlossenen Veranstaltungen vergeben.
Schaut auf die Zettelchen, die im Laufe der vier Tage überall erscheinen. So verpasst man nicht, wenn es T-Shirt-Druck, Fidget Spinner Workshops oder Laser Cutter Kurse gibt.
Bringt Tretroller, Bobbycars und Bollerwagen mit, um die großen Distanzen zu überwinden. Und Wanderschuhe.
Das Angebot des Junghackertags war dieses Jahr großartig. Von Cryptoparty, über Alienbotschaften entschlüsseln bis Wissenschaftsschnitzeljagd war neben Programmieren und Löten alles dabei.
Ich kann wirklich sehr empfehlen sich ein Kind zu schnappen und am Junghackertag teilzunehmen. Wenn man selbst interessiert, aber ein bisschen ängstlich ist, nicht genug zu wissen und dann doof dazustehen, kann man immer noch das Kind als Alibi nehmen und so wirklich sehr viel lernen.
Die Kinder selbst haben in der Regel keinerlei Berührungsängste.
Ein Großteil der Vorträge wird außerdem übersetzt und gestreamt. Man muss also nicht (permanent) physisch anwesend sein. Man kann sich so auch Pausen in der Ferienwohnung oder im Hotel gönnen und trotzdem Input aufnehmen.
Für mich ist der Chaos Communication Congress der kinderfreundlichste Kongress, den ich bislang kennengelernt habe.
Ein großes Danke an die Organisatoren und die 3.500 freiwilligen Helferinnen und Helfer (Engel werden sie genannt).
*Quelle:
Jedes Schild hat eine Geschichte. Gesendet vom #34c3, dem grossen Tretroller Kongress in Leipzig. pic.twitter.com/gugGY0Vsod
Gemeinsam mit SCHAU HIN! habe ich eine kleine Serie zum Thema Kinder und digitale Medien gestartet.
Im Zentrum meiner Serie sollen die Chancen, die (neue) Medien mit sich bringen, stehen und ich will beschreiben, wie wir als Familie im Alltag damit umgehen und gerne auch von Euch hören, wie ihr den Alltag mit Kindern und digitalen Medien gestaltet.
Risiken und Gefahren werden durch Kulturpessimisten aller Ausrichtungen zu genüge beklagt. Viele Eltern reagieren mit Unsicherheit und statt sich mit den einzelnen Themen auseinanderzusetzen, wird schnell mal ein Verbot verhängt.
Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass Verbote in Sachen Medienkonsum nichts bringen. Deswegen versuche ich mit meinen Kindern im Gespräch zu bleiben und Lösungen zu erarbeiten, die für uns beide alle passen. Das ist auch der Grund warum ich die Serie Let’s talk nenne.
Im neunten Teil geht es um: Mitbestimmung beim Medienkonsum
Kinder den Medienkonsum selbst bestimmen lassen. Geht das?
Auch generell bin ich eher sorglos was den Medienkonsum angeht.
Für mich ist wichtig, dass die Kinder ihre alltäglichen Pflichten erledigen. Das umfasst kleine Dinge wie Brotdose nach der Schule in die Spüle stellen bis hin zur Erledigung der Hausaufgaben.
Sind diese Themen abgehakt, findet Freizeit statt. Ähnlich wie beim Taschengeld, gilt für mich hier die Regel der Selbstbestimmung.
Beim Taschengeld bestimme ich nicht mit für was es ausgegeben wird. Wenn sich die Kinder vom Taschengeld ausschließlich zuckertriefenden Quatsch kaufen, halte ich meine Aber-die-gesunde-Ernährung-Monologe-Einself ausschließlich im Stillen.
Für die Freizeit gilt grob dasselbe.
Grob – weil es natürlich einen Rahmen gibt. Die Kinder sollten sich altersgerechte Beschäftigungen suchen zum Beispiel. Wenn aber der Rahmen stimmt, möchte ich eigentlich nicht reinreden und werten. Exzessives (Computer)spielen in den Ferien halte ich zum Beispiel nicht für bedenklich.
Ich bin ganz ehrlich, ich bin in der kommenden Weihnachtszeit ohne weitere Verpflichtungen (und auch ohne Kinder) – meine Freizeit stelle ich mir deswegen höchst unpädagogisch wie folgt vor: ich sitze in Jogginghose vor dem Fernseher und ziehe mir an einem einzigen Tag die neue Staffel Black Mirror rein. Wahrscheinlich bestelle ich mir Pizza und wenn es richtig krass kommt, trinke ich COLA!
Es ist für mich deswegen völlig verständlich, wenn (m)ein Kind eine ähnliche Vorstellung von Ferien hat.
Wenn es von früh bis spät das neue Zelda spielen wöllte – was sollte ich dagegen sagen?
Selbständige Kinder – Mama’s Traum
Generell schätze ich selbständige Kinder sehr.
Wenn ich meine Kinder frage: „Was mag die Mama am liebsten???“ (wenn man Mutter wird, dann wird man leicht verrückt und spricht von sich selbst in der 3. Person…) antworten sie mit rollenden Augen im Kanon: „Selbständige Kinder!“
Deswegen ist es mir wichtig, dass Kinder eigene Entscheidungen treffen und wir gemeinsam Rahmen und Regeln besprechen. Das gilt für den Medienkonsum genauso wie für andere Themen. Ich möchte deswegen nicht festlegen: Du darfst pro Tag 20 min Computerspielen/fernsehen/am Handy daddeln.
Vielmehr möchte ich, dass wir vereinbaren, wann die richtige Zeit ist diesen Tätigkeiten nachzugehen und wann nicht.
Starre Regeln finde ich unpassend. Das gilt im übrigen nicht nur für den Konsum digitaler Medien. Mein Bücherwurm-Kind muss den Umgang mit dem Lesedrang auch lernen. Es muss lernen, dass es unter der Woche im Lichte der Schulpflicht nicht OK ist, bis 22 Uhr zu lesen. Es soll aber auch wissen, dass es in den Ferien lesen kann bis die Augen zufallen. Es soll verstehen, dass es gefährlich ist während des Laufens auf dem Weg in die Schule zu lesen, dass die Risiken sich beim U-Bahn-Lesen jedoch in Grenzen halten.
Es wird also diskutiert und ausprobiert und ggf. wird der Rahmen nochmal angepasst. Zum Beispiel weil das Kind älter geworden ist, weil es eine begründete Ausnahme gibt oder weil ein lang erwartetes Spiel rausgekommen ist, das unbedingt ausprobiert werden muss.
Ich bin der festen Überzeugung, dass Kinder Entscheidungen, die sie selbst treffen können, viel besser tragen als Entscheidungen, die man ihnen einfach vorsetzt (was nicht sooo verwunderlich ist, denn Kinder sind Menschen und ich glaube, diese Aussage trifft generell auf Menschen zu – egal welches Alter sie haben).
Was wenn die Kinder sich nicht an die Vereinbarungen halten?
Klingt alles super, oder?
Klappt das immer?
…
…
…
…
Leider nein.
Haben meine Kinder schonmal nach 21 Uhr gelesen obwohl Schlafenszeit ist? Ja!
Haben meine Kinder schonmal nicht altersgemäße Computerspiele gespielt, obwohl wir die Vereinbarung hatten, dass die USK Altersvorgaben gelten? Ja.
Haben meine Kinder schonmal Handyspiele gespielt bevor sie Hausaufgaben gemacht haben? Ja.
War ich schonmal genervt, weil ein Kind aufgrund hohen Spielkonsums Kacklaune hatte? Ja.
Folgt daraus, dass ich einschränke und verbiete?
In der Regel nicht.
Meistens bekommen die Kinder dann einen ermüdenden Vortrag über unsere Vereinbarungen. Dieser Vortrag enthält mindestens die Punkte
Pflichten und Rechte – das eine nicht ohne das andere – und wir versuchen wieder zu einer Auffrischung der Vereinbarung zu kommen.
Ich glaube, es ist für die Kinder elementar wichtig zu sehen, dass es Ausnahmesituationen gibt, in denen der Konsum hochgefahren werden kann, wenn es gerade Spaß macht, weil es ihnen dann leichter fällt, sich dann zu zügeln, wenn es eben nötig ist. Im übrigen gilt auch hier: An die eigene Nase packen. Fragt mal eure Kinder wie sie euren Medienkonsum finden.
Warum sich manche nicht erinnern können, dass die eigenen Eltern und Großeltern vom Kultur- und Sittenverfall predigten, wenn sie in ihrer Kindheit bestimmte Dinge taten, die es in der Generation davor noch gar nicht gab, ist mir schleierhaft. Ich kann und mag deswegen an bestimmten Diskussionen mit anderen Eltern nicht mehr teilnehmen.
Ewiges Thema ist ab einem gewissen Alter der Handykonsum der Kinder.
Plakativ gesprochen, echauffieren sich Eltern, die ihren Kindern Handys komplett verbieten, gerne über den Handykonsum anderer Kinder. Um ihre Kinder weiterhin vom Handy fernzuhalten, sprechen sie sich für generelle Handyverbote aus. In meiner Wahrnehmung können sich Kinder, denen sehr lange Handykonsum generell verboten wird, sehr schlecht regulieren und sind dann, wenn sie mal ein Handy zur Verfügung haben, wirklich kaum ansprechbar und wie hypnotisiert.
Ähnliches Verhalten kenne ich von meinen Kindern wirklich kaum.
Natürlich spielen sie gerne mal extensiv irgendwelche Spiele oder schauen drei Folgen Dino-Dana am Stück – viel häufiger kommt jedoch vor, dass sie anfangen sich zu langweilen und dann lieber mit mir oder ihren Freundinnen und Freunden spielen wollen.
Eine Frage des Alters…
Tatsächlich hängt sehr viel im Umgang mit den Medien vom Alter der Kinder ab. Meine Kinder sind schon lange Schulkinder und da sieht es natürlich anders aus als bei Kindergartenkindern. Kindergartenkinder würde (und hab ich) immer im Medienkonsum begleiten. Grundschulkinder können gerne alleine bestimmte Dinge ausprobieren, aber da würde ich den Computer z.B. ins Wohnzimmer und nicht ins Kinderzimmer stellen. Wichtig ist für mich das Teilen hinterher. Wenn mein Kind z.B. zwei Stunden am Stück einen Film schaut oder Minecraft spielt, ist die mündliche Zusammenfassung am Ende ungefähr genauso lang. Kinder brauchen diesen Dialog jedoch, um das Gesehene zu verarbeiten und mir als Mutter hilft es, zu verstehen, was an der jeweiligen Beschäftigung so aufregend ist.
Älteren Kindern erlaube ich auf jeden Fall digitale Medien ohne meine Aufsicht zu benutzen. Bis es soweit ist, hat sich hoffentlich entsprechendes Verständnis und Vertrauen aufgebaut.
Toleranz und Offenheit schützt die Kinder
Was ich außerdem über die Maßen schätze, ist die Offenheit meiner Kinder. Ich glaube, weil es in Mediensachen keine Verbote gibt, teilen sie mit mir alles. Sie erzählen mir, was sie spielen oder schauen – auch wenn es etwas ist, von dem sie wissen, dass sie es eigentlich nicht machen sollen.
Die Versuchung in einer Peergroup ist manchmal einfach zu groß.
Ich erinnere mich, dass ich als Kind z.B. mal die Gremlins geschaut habe, obwohl ich wusste, dass ich das nicht darf und obwohl ich auch wußte, dass ich mich gruseln würde. Tatsächlich konnte ich volle zwei Wochen danach kaum schlafen, weil ich Angst hatte, dass in meinem Zimmer irgendwo Krümel rumliegen, die ein zufällig vorbei kommender Mogwei nach Mitternacht essen könnte.
Hätte ich zu meinen Eltern ein gutes Verhältnis gehabt, das nicht hauptsächlich durch Verbote geprägt war, hätte ich mich trösten und beschützen lassen können.
Das ist jedenfalls was ich meinen Kindern bieten möchte: Ich möchte immer Ansprechpartnerin sein – auch wenn sie mal was tun, was sie eigentlich nicht sollen. Wie soll ich sonst mit Ängsten umgehen oder wie soll ich eingreifen, wenn sie im Internet blöde Erfahrungen machen (oder per WhatsApp Mobbing erfahren)? Diese Offenheit kann ich meiner Meinung nach nur erreichen, wenn ich Medienkonsum gemeinsam mit meinen Kindern bespreche und wir uns gemeinsam zu dem wann und was einigen.
In Erziehungsratgebern wird ja gerne die Konsequenz hochgehalten. Persönlich glaube ich zu viel Konsequenz macht Kindern zu Prinzipienreitern und Zwangsneurotikern. Mir ist die Einzelfallbetrachtung wichtiger. Es ist oft anstrengend, aber ich lasse mich durch gute Argumente meiner Kinder gerne überzeugen – auch was Menge und Art des Medienkonsums angeht.
Wie seht ihr das? Lasst ihr eure Kinder (mit)bestimmen? Macht ihr Ausnahmen? Was befürchtet ihr, wenn ihr eure Kinder in den Ferien 6 Stunden am Stück Computer spielen lasst? Besprecht ihr einen Rahmen oder trefft ihr konkrete Entscheidungen?
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[1] Mit Medienkonsum meine ich nicht nur Computerspiele und alles, was man mit dem Handy zu tun hat, sondern auch YouTube, Fernsehen und Streamingdienste und alle sozialen Plattformen. Die Computerspiele habe ich nur exemplarisch herangezogen, weil ich den Eindruck habe, dass die meisten Eltern hier besondere Ängste haben.
Der Freund, mehrere Jahrzehnte kinderfrei, nie in der Elternbubble gewesen, kam zu meinen Kindern wie sozusagen die heilige Jungfrau Maria zum Jesuskind. Rein in Gedanken, unbefleckt im Herzen, noch nie in einem keifendem Elternforum gewesen.
Deswegen weiß der natürlich ganz viel nicht. Zum Beispiel dass das alljährliche Schuhekaufen mit Kindern zu den Ereignissen zählt, die man gerne gegen rituelles Augenauskratzen tauschen würde.
Die sechs Höllen des für Kinder Schuhekaufens waren ihm völlig unbekannt.
Typische Szenarien sind ja zum Beispiel:
Die einzigen Schuhe, die irgendwie in Frage kommen, sind aus handgeklöppeltem Ziegenersatzleder und kosten leider das Weihnachtsgeld. Wenn man mehrere Kinder hat: auch noch das Urlaubsgeld im Sommer. Wenn man weder Weihnachts- noch Urlaubsgeld bekommt, bedeutet das für die Eltern: keine eigenen Stullen, ein Jahr nur Hasenbrote (vgl. Absatz [2]).
Die einzigen Schuhe, die in Frage kommen, kommen auf keinen Fall in Frage. Die Meinungen von Kind und Elter gehen deutlich auseinander. Während das Kind die knallrosa Plastikschlappen mit dem Aufdruck „Daddys little Darling“ haben will, widerstrebt es den Eltern hierfür Geld auszugeben.
Es ist nicht zu ermitteln, welche Schuhe in Frage kommen, weil die Kinder in jedem Schuhgeschäft wie kleine, ferngesteuerte Roboter auf die Fernsehecke zusteuern und dann so apathisch sind, dass man die Schuhe entweder nicht an ihre schlappen Puppenkörper bekommt oder aber sie nicht rückmelden können, ob der Schuh zusagt.
Die Schuhe, die eben noch im Laden gepasst haben, sind zuhause beim Vorführen untragbar. Sie drücken nämlich. Ja, wirklich. Ja, ganz plötzlich.
Die Schuhe, die es sein sollen, sind im achten Schuhgeschäft – egal in welcher Reihenfolge man bekannte Schuhgeschäfte besucht. Sie sind immer im letzten. Sie sind immer da, wo man mit letzter Kraft reinrobbt. Danach braucht man Urlaub.
Wie gesagt, als normale Eltern kennt man diese Probleme zu genüge. Wenn man aber aus einer anderen Filterbubble kommt, dann weiß man all das nichts.
Es lief also so ab: Auf unsere gemeinsame To Do Liste schrieb ich: „Neue Schuhe kaufen.“
Beim Abendbrot erwähnte ich das. Dabei äußerte ich Bedauern, dass ich diesen Part zeitnah vermutlich nicht übernehmen könne, weil ich immer lange arbeiten müsse. So ist das, wenn man einen wichtigen Job hat, ja, leider bin ich unersetzlich. Ausnahmsweise mal früher nach Hause gehen, sieht der Chef gar nicht gerne. Es eile zwar, aber übergangsweise könnten wir ja Schuhwerk aus Pressspanplatten aus dem Hobbykeller oder Plastiksäcken basteln.
Der Freund, sehr pflichtbewusst und an Gleichberechtigung interessiert, sagte: „Ach was. Das kann ich ja übernehmen.“
Innerlich highfivte ich mich selbst mit Anlauf und Sprung. Mein Gehirn formte lautlos ein YES!
Äußerlich kaute ich nachdenklich mein Abendbrot weiter und sagte: „Als Mutter würde ich das natürlich auch sehr gerne übernehmen *Finger fürs Lügen hinterm Rücken übereinander*, aber ja – warum nicht.“
Im Kopf Konfettikanonen, die rhythmisch nacheinander ihre Ladungen abschießen.
„Wie viel sollen die Schuhe denn kosten?“
„Och, so 30 Euro. Die wachsen ja immer so schnell raus.“
„OK.“
Zwei Tage später erhalte ich eine SMS: „Wir gehen jetzt Schuhe kaufen.“
…
…
…
…
Am Abend kam ich nach Hause. Die Kinder hüpften mir gut gelaunt entgegen: „Hier Mama, schau mal die neuen Schuhe. 25 Euro haben sie gekostet.“
Während ich mich frage: „Wie ist das möglich? Wie hat er das gemacht?“, stelle ich mich aber darauf ein, dass sich hinter den Kindern die Tür öffnet und der Freund wie ein Brett kraftlos in den Flur fällt. Ich google schnell „mitfühlende Worte zu jedem Anlass“, mache mich bereit, eben jene Worte möglichst authentisch zu formulieren, da tritt der Freund in den Flur.
„Hallo“, sagt er. Man merkt ihm augenscheinlich nichts an. Seine Haare sind nicht zerrauft, er ist nicht bleich, nicht entkräftet, nicht schlecht gelaunt. „Ich mache jetzt Abendessen.“
So war das mit dem Schuhkauf dieses Jahr.
Auf Twitter habe ich deswegen gefragt, wie ich mir nun sicher sein kann, dass der Freund kein Alien ist. Mir wurde dabei gesagt, dass man ihn das einfach fragen könne, da bekannt sei, dass Aliens niemals lügen würden.
Seine Antwort, eine sogenannte Glomar Response: „I can neither confirm nor deny.“
Das verunsichert mich – aber hey, ich habe gar nichts gegen Aliens. Solange Aliens weiterhin Schuhe mit den Kindern kaufen gehen, liebe ich Aliens sogar.